Inspiration aus Australien

Aktualisierte Leitlinie zur Schwangerenbetreuung

  • Die australische Leitlinie zur Betreuung schwangerer Frauen bietet einen Blick über den Tellerrand, wie eine evidenzbasierte Betreuung während der Schwangerschaft praktisch umgesetzt werden kann.

  • Die australische Leitlinie zur Betreuung schwangerer Frauen wurde aktualisiert: Seit dem 22. März 2024 ist die aktuelle Version verfügbar. Sie enthält aktuelle Evidenzen, um eine frauenzentrierte Betreuung während der Schwangerschaft zu optimieren.

    Zentrale Themen sind die evidenzbasierte Betreuung in der Schwangerschaft, Vorsorgeuntersuchungen sowie eine vielfältige und umfassende Vorbereitung auf Herausforderungen und Fragen während der Schwangerschaft, Geburt und Elternzeit sowie zum Stillen.

     

    Lebensstil

     

    Unter »Lebensstil« werden Empfehlungen zur Ernährung und Bewegung für Schwangere aufgeführt, wobei Tabakrauchen, Alkohol- und Medikamentenkonsum besonders berücksichtigt werden. Zudem werden Drogen, Mundgesundheit, Sexualität und Reisen angesprochen.

    Interessanterweise wird auf Studien verwiesen, nach denen ein höherer Milchkonsum der schwangeren Mutter bei Neugeborenen mit einem geringeren Exanthem-Risiko sowie mit weniger Neuralrohrdefekten und einem geringeren Risiko einhergeht, im späteren Lebensalter an einer Kuhmilchallergie zu erkranken. Schwangere mit höherem Milchkonsum hatten seltener depressive Schwankungen als Frauen mit geringerem Milchkonsum.

    Während der Schwangerschaft wird zu maximal 200 mg Koffein pro Tag geraten, wobei die verschiedenen Koffeinquellen beachtet werden sollten. Gleichzeitig wird auf Beobachtungsstudien hingewiesen, die auf ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko bei einer täglichen Zufuhr über 100 mg Koffein hinweisen sowie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung kindlicher Hirntumore vermuten lassen.

     

    Klinische Untersuchungen

     

    Die empfohlenen klinischen Untersuchungen umfassen die Gewichtsentwicklung und den Body-Mass-Index (BMI) der Mutter, das Gestationsalter, die zeitgerechte Entwicklung und Anatomie des Kindes, Frühgeburtlichkeit, Blutdruck, Proteinurie und Risiko einer Präeklampsie. Ein Fokus wird auf die psychosoziale Entwicklung während der Schwangerschaft gelegt. Dies umfasst ein Screening auf Depressionen, das Thematisieren möglicher Ängste sowie familiärer Gewalt.

     

    Routineuntersuchungen in der Spätschwangerschaft

     

    Die Routineuntersuchungen während der Schwangerschaft umfassen unter anderem Blutuntersuchungen zum Hämoglobinwert, zu möglichen Krankheiten im Zusammenhang zum Hämoglobinwert, Hypoglykämie, HIV, Hepatitis B und Hepatitis C sowie Untersuchungen auf Syphilis, Rubella, asymptomatische Bakteriurie und Streptokokken der Gruppe B. Für Risikogruppen werden Empfehlungen zu erweiterten Untersuchungen ausgesprochen, beispielsweise zu Chlamydien, Gonorrhoe, Toxoplasmose. Die Diagnose fetaler Anomalien wird thematisiert.

    Die klinischen Untersuchungen während der Spätschwangerschaft umfassen die Bestimmung der kindlichen Lage und Einstellung sowie Empfehlungen zum Umgang bei Überschreitung des errechneten Geburtstermins.

     

    Beschwerden in der Schwangerschaft

     

    Der Umgang mit häufigen Beschwerden während der Schwangerschaft umfasst in der Leitlinie die Themen Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung, Sodbrennen, Hämorrhoiden, Varikosis, Symphysenschmerzen sowie das Karpaltunnelsyndrom. Es gibt umfassende Empfehlungen zu nichtpharmakologischen Maßnahmen. Beispielsweise wird bei Übelkeit und Erbrechen auf die Einnahme von Ingwer verwiesen, wobei eine Dosierung von bis zu viermal 250 mg als sicher erachtet wird. Es wird zudem empfohlen, bei Übelkeit und Erbrechen auf Nahrungsergänzungsmittel zu verzichten, die Eisen enthalten. Hierbei sollte sichergestellt werden, dass die Zufuhr von Folsäure und Jod weiter ausreichend erfolgt.

     

    Fazit

     

    Die australische Leitlinie zur Betreuung schwangerer Frauen umfasst viele evidenzbasierte Empfehlungen. Neben der NICE-Guideline bietet sie einen Blick über den Tellerrand, wie eine evidenzbasierte Betreuung während der Schwangerschaft praktisch umgesetzt werden kann. Sie könnte bei der Erstellung der AWMF-S3-Leitlinie »Schwangerenvorsorgeuntersuchungen bei gesunden Schwangeren« berücksichtigt werden, die seit Dezember 2023 bei der AWMF angemeldet ist (Registriernummer 180-001). Die australische Leitlinie verweist auch auf aktuelle und spannende Studien, die einen Mehrwert für die Praxis bieten.

    Quelle: Australian Living Evidence Collaboration. (2024). Australian Pregnancy Care Guidelines. https://app.magicapp.org/?language=en#/guideline/jm83RE ∙ Beate Ramsayer/DHZ

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 05.04.2024