Ungewollte Schwangerschaft

ELSA-Projekt stellt erste Ergebnisse vor

  • Die ELSA-Studie untersucht verschiedene Facetten des Themas ungewollte Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbrüche. Einbezogen werden sowohl betroffene Frauen als auch Ärzt:innen und Fachkräfte in Beratungsstellen.

  • Hinter der sogenannten ELSA-Studie steht ein multidisziplinärer Forschungsverbund mit über 30 Wissenschaftler:innen von sechs Hochschulen und Universitäten. Dieses hat in den vergangenen 3,5 Jahren die Lebenslagen und Bedürfnisse ungewollt Schwangerer, ihre Unterstützungs- und Versorgungsbedarfe sowie die Versorgungsstrukturen in Deutschland untersucht.

    Die Perspektive von Frauen, die ungewollt eingetretene Schwangerschaften abbrechen oder austragen, die Perspektive von Ärzt:innen sowie die Perspektive von Fach- und Leitungskräften aus Beratungsstellen werden mit Analysen zum aktuellen Stand der psychosozialen und medizinischen Unterstützungs- und Versorgungsangebote in ihrer regionalen Unterschiedlichkeit verknüpft. Im Herbst soll der Gesamtbericht einschließlich Handlungsempfehlungen vorliegen. Aufgrund der hohen Relevanz stellt das Projekt bereits jetzt ausgewählte Ergebnisse zur Verfügung.

    Die zentrale Datengrundlage der Studie bildet eine standardisierte Online-Befragung von über 5.000 Frauen mit ungewollten oder gewollten Schwangerschaften. Diese Befragung umfasst zum einen eine repräsentative Erhebung bei 4.429 Frauen, die eine ungewollte oder gewollte Schwangerschaft ausgetragen haben. Hierfür wurden über Einwohnermeldeamtsregister zufällig Frauen mit Kind unter sechs Jahren ausgewählt. Zum anderen wurde eine – im statistischen Sinn nicht repräsentative – Stichprobe von 662 Frauen mit Schwangerschaftsabbruch befragt, die unter anderem über ärztliche Praxen, Beratungsstellen oder Social Media zu der Befragung eingeladen worden waren. Nach jetzigem Stand der Auswertung zeigen die Daten:

    • Frauen mit ungewollten Schwangerschaften befinden sich häufiger als gewollt Schwangere in für eine Familiengründung oder -erweiterung unpassenden bzw. schwierigen Lebenslagen.
    • Der Zugang zur medizinischen Versorgung unterscheidet sich regional und reicht von umfassender Bedarfsdeckung bis hin zu unterversorgten Regionen.
    • Die Anforderungen an die personelle Ausstattung der psychosozialen Versorgung werden bundesweit umgesetzt.
    • Frauen stoßen bei einem Schwangerschaftsabbruch auf Barrieren, zum Beispiel beim Zugang zu Informationen, bei den Kosten für den Schwangerschaftsabbruch oder beim Zugang zum Versorgungsangebot.
    • Vulnerable Gruppen haben spezifische Anforderungen an psychosoziale und medizinische Versorgung, denen die Angebote derzeit nicht gerecht werden.
    • 65 % der Ärzt:innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, haben deswegen Stigmatisierung im privaten, beruflichen oder öffentlichen Umfeld erlebt.
    • Ärzt:innen, die Schwangerschaftsabbrüche in der Facharztweiterbildung praktisch erlernt haben, führen später auch häufiger Schwangerschaftsabbrüche durch.

    »Die gewonnenen Erkenntnisse […] können dafür genutzt werden, um diese Unterstützungs- und Versorgungsleistungen passfähiger auf die Bedarfe der Frauen hin zu entwickeln und dafür gegebenenfalls die adäquaten gesundheits- und fachpolitischen Entscheidungen zu treffen«, erläutert Daphne Hahn, Projektleiterin und Professorin für Gesundheitswissenschaften und empirische Sozialforschung an der Hochschule Fulda. Dies könne beispielsweise die Verbesserung der Informationszugänge und -qualität der Frauen und den Abbau von Stigmatisierungserfahrungen ebenso betreffen wie den Ausbau von Ressourcen oder Strukturen der medizinischen Versorgung, die Qualifizierung der Fachkräfte und den Ausbau von Kooperationen und Schnittstellen zwischen Beratungsangeboten und Versorgungsleistungen.

    Quelle: ELSA. (2024). https://elsa-studie.de/ ∙ Informationsdienst Wissenschaft, 10.4.2024 ∙ DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 11.04.2024