Systematisches Review und Meta-Analyse

Sind Wassergeburten sicher?

  • Gebären im Wasser scheint weder mütterliche noch kindliche Risiken zu erhöhen. Nach sorgfältigen Überlegungen stellt sie eine sinnvolle Wahlmöglichkeit für Mütter und Neugeborene dar.

  • Gebären im Wasser wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Befürworter:innen argumentieren mit effektiver Schmerzerleichterung bis hin zur Schmerzfreiheit aufgrund des umgebenden Wassers, mit einem Durchbrechen des Angst-Spannung-Schmerz Kreislaufes sowie besseren kindlichen und mütterlichen Outcome-Parametern und einem positiven Geburtserlebnis der Gebärenden. Kritiker:innen benennen ein erhöhtes kindliches Infektionsrisiko sowie schwere Zugänglichkeit der Gebärenden aufgrund der Position in der Wanne und ein damit einhergehendes erschwertes Risikomanagement.

    Gebären im Wasser lässt sich dabei nicht nur auf ein Phänomen und Thema unserer Zeit reduzieren: Berichte aus dem alten Griechenland und der römischen Kultur zeigen auf, dass bereits damals von Gebärenden Kinder bewusst im Wasser zur Welt gebracht wurden. Gebären im Wasser zählt auch zum Erfahrungsschatz verschiedener indigener Völker, die im Pazifik ihre Kinder zur Welt brachten und zur Welt bringen.

    Aufgrund der kontroversen Diskussion wurde eine Vielzahl verschiedener Studien zu den Vor- und Nachteilen von Gebären an Land und im Wasser durchgeführt. Wie jedoch kann die aktuelle Evidenzlage eingeschätzt werden? Die Datenlage zu den Vor- und Nachteilen einer Wassergeburt wurde kürzlich in einer systematischen Übersichtsarbeit neu bewertet. Ergänzend wurde eine Meta-Analyse durchgeführt.

    Eingeschlossen wurden 52 Publikationen aus initial 20.642 möglichen Artikeln, die aus PubMed, EMBASE und CINAHL bis Februar 2023 zum Thema Gebären im Wasser ausgewählt wurden. Die Ergebnisse zeigen auf:

     

    Infektionsrisiko der Mutter nicht erhöht

     

    Das Infektionsrisiko der Mutter war bei Gebärenden im Wasser im Vergleich zu Gebärenden an Land nicht erhöht (OR 0,93, 95% Konfidenzintervall/KI: 0,76-1,14). Dies wurde aus zehn Publikationen (n=113.395 Schwangerschaften) errechnet.

     

    Geringeres Risiko postpartaler Blutungen

     

    Gebärende hatten nach einer Wassergeburt eine niedrigere Wahrscheinlichkeit für eine postpartale Blutung (OR 0,80, 95% KI: 0,68-0,94). Dies wurde aus 21 Publikationen (n=149.732 Schwangerschaften) errechnet.

     

    Erhöhtes Risiko für Verletzungen/Risse der Nabelschnur

     

    Neugeborene hatten nach einer Wassergeburt ein erhöhtes Risiko für Verletzungen/Risse der Nabelschnur (OR 1,75, 95% KI: 1,38-2,24). Dies wurde aus zehn Publikationen (n=91.504 Schwangerschaften) errechnet.

     

    Geringeres Risiko für niedrige APGAR-Werte

     

    Neugeborene hatten nach einer Wassergeburt seltener geringe APGAR-Werte (OR 0,69, 95% KI: 0,58-0,82). Dies wurde aus 21 Publikationen (n=165.917 Schwangerschaften) errechnet.

     

    Geringeres Risiko für neonatale Infektionen

     

    Neugeborene hatten nach einer Wassergeburt seltener neonatale Infektionen (OR 0,64, 95% KI: 0,42-0,97). Dies wurde aus 15 Publikationen (n=53.635 Schwangerschaften) errechnet.

     

    Geringeres Risiko für behandlungsbedürftige neonatale Aspirationen

     

    Neugeborene hatten nach einer Wassergeburt seltener behandlungsbedürftige neonatale Aspirationen (OR 0,6, 95% KI: 0,43-0,84). Dies wurde aus 19 Publikationen (n=181.001 Schwangerschaften) errechnet.

     

    Geringeres Risiko für die Aufnahme des Neugeborenen auf die Kinderintensivstation

     

    Neugeborene wurden nach einer Wassergeburt seltener auf die Kinderintensivstation aufgenommen (OR 0,56, 95% KI: 0,45-0,70). Dies wurde aus 30 Publikationen (n=287.698 Schwangerschaften) errechnet.

    Die Autor:innen fassen zusammen: Gebären im Wasser scheint weder mütterliche noch kindliche Risiken zu erhöhen. Die Entscheidung für eine Wassergeburt erfordere jedoch individuelle Überlegungen und Planungen. Nach sorgfältigen Überlegungen stelle diese jedoch eine sinnvolle Wahlmöglichkeit für Mütter und Neugeborene dar.

    Quelle: McKinney, J. A., Vilchez, G., Jowers, A., Atchoo, A., Lin, L., Kaunitz, A. M., Lewis, K. E. and Sanchez-Ramos, L. (2024). Water birth: a systematic review and meta-analysis of maternal and neonatal outcomes.  American Journal of Obstetrics and Gynecology. https://www.ajog.org/article/S0002-9378(23)00604-X/fulltext ∙ Beate Ramsayer/DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 22.01.2024