DHV

Freie Wahl des Geburtsortes soll künftig massiv eingeschränkt sein

Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) fordern in den aktuellen Verhandlungen mit den Hebammenverbänden Ausschlusskriterien für Hausgeburten und verweigern Frauen die Bezahlung der Hausgeburt, sobald diese vorliegen. Diese Ausschlusskriterien sind bisher wissenschaftlich nicht belegt. Zudem sollen Vorgespräche von Hebammen mit Schwangeren zur Geburt und der Wahl des Geburtsortes nicht ausreichend finanziert werden. Die Kassen fordern, beispielsweise auch die Überschreitung des errechneten Geburtstermins als Ausschlusskriterium für eine Hausgeburt zu definieren – davon ist allein schon die Hälfte aller Schwangeren betroffen. So wird faktisch ein Großteil der Hausgeburten künftig als private Leistung definiert. Das schränkt die freie Wahl des Geburtsortes für Frauen und ihr Selbstbestimmungsrecht massiv ein. Der Deutsche Hebammenverband e.V. (DHV) hat deshalb die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband zu diesem Punkt unterbrochen. Er fordert von den Krankenkassen, die Entscheidungsfreiheit von Frauen bei der Wahl des Geburtsortes als Vertragsgrundlage anzuerkennen und auch künftig zu erhalten. Frauen darf weder das Recht noch die Kompetenz zur Mitsprache abgesprochen werden.

Die Forderung nach einem mündigen Patienten, der informierte Entscheidungen selbst trifft, gilt damit bei der Wahl des Geburtsortes nicht mehr. Den Frauen wird von den Kassen unterstellt, nicht selbst die beste Wahl für sich und ihr Kind treffen zu können. Martina Klenk, Präsidentin des DHV meint dazu: „Seit wann bestimmen Krankenkassen über Frauen und ihre Kinder? Das ist anmaßend. Die Kassen überschreiten ihre Kompetenzen.“

Die Verträge zur Einführung eines Qualitätsmanagements können damit nicht abgeschlossen werden. Für die Hebammen bedeutet dies, dass sie vorerst auf eine dringend notwendige fünfprozentige Vergütungssteigerung verzichten müssen. Katharina Jeschke, Präsidiumsmitglied im DHV und Verhandlungsführerin meint dazu: „Wir Hebammen lassen uns von den Krankenkassen nicht erpressen. Wir verkaufen unsere Frauen nicht.“ Auch die Einführung des Sicherstellungszuschlags im Juli ist damit offen, da davor ein Qualitätsmanagementsystem vertraglich vereinbart sein muss. Der Wille des Gesetzgebers, die flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe zu erhalten, die freie Wahl des Geburtsortes zu gewährleisten und die Hausgeburten besonders zu schützen wird damit von den Krankenkassen unterlaufen.

Der DHV protestiert gegen dieses Vorgehen zusammen mit Frauen, Eltern und weiteren Unterstützern unter www.unsere-hebammen.de/meine-entscheidung unter dem Motto #MeineGeburtMeineEntscheidung. Zahlreiche Eltern schreiben die gesetzlichen Krankenkassen unter dem Stichwort #meineGeburtmeineEntscheidung an, um für dieses Recht auf die freie Wahl des Geburtsortes zu protestieren. Der Deutsche Hebammenverband ruft dazu auf, den Protest für die Selbstbestimmung von Frauen weiter zu führen. Die von den UnterstützerInnen angeschriebenen gesetzlichen Krankenkassen haben auf ihren Facebookseiten erste Erklärungen abgegeben. Diese erläutern jedoch nicht, warum die Möglichkeit der selbstbestimmten Entscheidung von Frauen über den Ort, an dem sie ihr Kind zur Welt bringen wollen, abgeschafft werden soll.

(DHV, 20.2.2015, 6.3.2015)

Rubrik: Politik & Gesellschaft

Erscheinungsdatum: 18.03.2015