Frühgeborene profitieren bei persistierendem Ductus arteriosus nicht von Ibuprofen
In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben die Überlebenschancen von extrem frühgeborenen Säuglingen zugenommen, bei gleichzeitiger bescheidener Reduktion der neonatalen Morbidität. Doch auch die Inzidenz der bronchopulmonalen Dysplasie hat zugenommen. »Ein großer PDA [persistierender Ductus arteriosus, Anm. der Redaktion] mit einem Durchmesser ≥ 1,5 mm, der auch drei Tage nach der Geburt noch besteht, geht mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität sowie einem höheren Risiko für bronchopulmonale Dysplasie als bei Säuglingen ohne PDA einher«, schreiben Samir Gupta von der Division of Neonatology, Sidra Medicine, und seine Kolleg:innen.
Prophylaktische medikamentöse Maßnahmen wurden lange Zeit wenig untersucht, da sich der persistierende Ductus arteriosus bei vielen Kindern spontan verschließt und sie dann unnötigerweise behandelt worden wären. Aber mittlerweile kann am Bett des Säuglings ein funktionelles EKG durchgeführt werden, mit dem sich große PDA identifizieren lassen, bei denen ein spontaner Verschluss unwahrscheinlich ist.
In einer randomisierten placebokontrollierten Studie untersuchten die Forschenden, ob eine frühzeitige Behandlung mit Ibuprofen in solchen Fällen die Mortalität reduzieren und das Risiko für bronchopulmonale Dysplasie reduzieren kann.
Eingeschlossen wurden extreme Frühgeborene, die bereits im postmenstruellen Alter von 23 Wochen + 0 Tagen bis 28 Wochen + 6 Tagen zur Welt gekommen waren. Sie alle hatten einen großen PDA mit einem Durchmesser ≥ 1,5 mm mit pulsatilem Blutfluss. Sie erhielten innerhalb von 72 Stunden nach der Geburt entweder Ibuprofen (n=326) oder ein Placebo (n=327).
Ausgewertet werden konnten die Daten von 324 Säuglingen in der Ibuprofen- und 322 Säuglingen in der Placebogruppe. In der Ibuprofen-Gruppe kam es bei 220 von 318 Säuglingen (69,2 %) zu einem primären Endpunktereignis, in der Placebogruppe war dies bei 202 von 318 Säuglingen (63,5 %) der Fall. In der Ibuprofen-Gruppe verstarben bis zu einem postmenstruellen Alter von 36 Wochen 44 von 323 Säuglingen (13,6 %), in der Placebogruppe 33 von 321 Säuglingen.
Von den Kindern, die bis zu einem postmenstruellen Alter von 36 Wochen überlebten, entwickelten 176 von 274 (64,2 %) in der Ibuprofen-Gruppe und 169 von 285 (59,3 %) in der Placebogruppe eine moderate bis schwere bronchopulmonale Dysplasie.
Es kam zu zwei unvorhersehbaren schweren Komplikationen, die möglicherweise mit Ibuprofen in Zusammenhang standen. Beide Säuglinge verstarben. Sowohl in der Ibuprofen- als auch in der Placebogruppe kam es zu insgesamt sechs weiteren schweren Komplikationen, die als nicht mit dem jeweiligen Studienmedikament in Zusammenhang stehend eingestuft wurden.
Die Autor:innen schlussfolgern, dass das Risiko, bis zu einem postmenstruellen Alter von 36 Wochen zu versterben oder eine moderate bis schwere bronchopulmonale Dysplasie zu entwickeln, nicht signifikant niedriger ist, wenn Säuglinge frühzeitig mit Ibuprofen behandelt werden.«
Quelle: Gupta, S., Subhedar, N. V., Bell, J. L., Field, D., Bowler, U., Hutchison, E., Johnson, S., Kelsall, W., Pepperell, J., Roberts, T., Sinha, S., Stanbury, K., Wyllie, J., Hardy, P., Juszczak, E., & Baby-OSCAR Collaborative Group (2024). Trial of Selective Early Treatment of Patent Ductus Arteriosus with Ibuprofen. The New England journal of medicine, 390(4), 314–325. https://doi.org/10.1056/NEJMoa2305582 ∙ aerzteblatt.de, 6.2.2024 ∙ DHZ