Kohortenstudie aus Bern

Hebammengeleitete Geburt bewährt

  • Frauen, die sich für eine hebammengeleitete Geburt entscheiden, erleben in der Regel weniger Interventionen und beim Neugeborenen treten kaum Komplikationen auf.

  • Geburten, die in einer Klinik unter der Leitung einer Hebamme durchgeführt werden, können eine sichere Alternative sein, da im Fall einer Komplikation alle modernen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Erfahrungen aus der Schweiz und Deutschland zeigen, dass die Hebammen in jedem zweiten Fall auf eine ärztliche Unterstützung zurückgreifen.

    Die »Midwife-Led-Units« wurden zunächst im angelsächsischen Raum, später auch in Dänemark und Schweden eingeführt, um Schwangeren mit einem niedrigem Komplikationsrisiko eine Geburt in einer »natürlichen« Umgebung ohne den Stress und die Hektik eines Kreißsaales zu bieten. Die Frauenklinik des Inselspitals Bern bietet die hebammengeleiteten Geburten seit 2006 für Frauen mit einem unkomplizierten Verlauf der Schwangerschaft an, wenn eine Ultraschalluntersuchung um die 34. Woche keine Hinweise auf mögliche Probleme ergeben hat.

    Die Nachfrage scheint in der Schweizer Bevölkerung, die bei einem Anteil von 97 % an ärztlich geleitete Klinikgeburten gewöhnt ist, zwar gering zu sein. Von den 20.720 Geburten, die bis 2019 am Inselspital Bern durchgeführt wurden, erfolgten nur 532 (2,6 %) im Hebammenkreißsaal. Der Anteil ist seit 2006 sogar von 5,1 % auf zuletzt (2019) 1,6 % gesunken.

    Doch die Erfahrungen, über die Ann-Katrin Morr und Kolleg:innen kürzlich in BMC Pregnancy Childbirth berichteten, sind positiv. Bei 302 Frauen (57 %) führten die Hebammen ohne ärztliche Unterstützung eine vaginale Entbindung durch. In den übrigen 230 Fällen wurde ein Arzt oder eine Ärztin hinzugezogen. Die Gründe waren laut Morr ein ungewöhnlicher Geburtsverlauf, eine Beeinträchtigung des Zustandes des ungeborenen Kindes, ein Wunsch der Kreißenden nach einer Periduralanästhesie zur Schmerzlinderung oder auch die Notwendigkeit einer medikamentösen Geburtseinleitung. Die Geburt erfolgte dann zu 62 % vaginal, bei 25 % mit instrumenteller Unterstützung und zu 13 % als Kaiserschnitt. In der Gesamtgruppe lag die Kaiserschnitthäufigkeit nur bei 5,6 %.

    Die häufigste Komplikation auf Seiten der Mutter war eine postpartale Hämorrhagie (5,6 %) und eine Verletzung des analen Sphinkters (3,6 %). Eine Episiotomie wurde bei 15,4 % aller Schwangeren durchgeführt. Komplikationen beim Kind waren selten: Bei zwei Neugeborenen war der 5-Minuten Apgar unter 7, bei 17 Kindern lag der pH-Wert unter 7,1 und sieben Neugeborene wurden auf die Intensivstation überwiesen.

    Quelle: Morr AK, Malah N, Messer AM et al.: Obstetrician involvement in planned midwife-led births: a cohort study in an obstetric department of a University Hospital in Switzerland. BMC Pregnancy Childbirth 2021. 21, 728. https://doi.org/10.1186/s12884-021-04209-2 ∙ aerzteblatt.de, 29.12.2021 ∙ DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 04.01.2022