Bevölkerungsbezogene Kohortenstudie aus Schweden

Je länger die Wege zur Klinik, desto mehr ungeplante Geburten

In Schweden werden jährlich ungefähr 115.000 bis 120.000 Kinder geboren. Hierfür stehen 45 geburtshilfliche, jedoch keine hebammengeleiteten Einrichtungen zur Verfügung. 99 % aller Geburten finden in Kliniken statt. Seit dem Jahr 2000 wurden in Schweden acht geburtshilfliche Abteilungen geschlossen, wodurch sich der Anfahrtsweg zum Geburtsort für viele Gebärende verlängert hat. Das Ziel einer bevölkerungsbezogenen Kohortenstudie bestand darin, zusammenhängende negative Faktoren dieser Entwicklung zu evaluieren. Hierzu wurden die schwedischen Perinataldaten der Jahre 2014 bis 2017 ausgewertet. Untersucht wurden Daten von 365.604 Frauen.

Im Untersuchungszeitraum hatten 2.159 Frauen (0,6 %) eine ungeplante Geburt außerhalb des Krankenhauses. Hierbei wurde ein Zusammenhang zwischen der Anfahrtszeit und dem Auftreten einer ungeplanten Geburt außerhalb des Krankenhauses aufgezeigt. So betrug die Anfahrtszeit bei 65 % der Frauen (n=1.652) weniger als 30 Minuten. Eine Anfahrtszeit zwischen 31 und 60 Minuten ging mit dem doppelten Risiko einer ungeplanten Geburt außerhalb des Krankenhauses einher. Bei einer Anfahrtszeit von mehr als einer Stunde verdreifachte sich dieses Risiko im Vergleich zu Frauen mit einer Anfahrtszeit unter 30 Minuten.

Obwohl ungeplante Geburten außerhalb des Krankenhauses bei mehrgebärenden Frauen häufiger als bei erstgebärenden Frauen auftraten, wurde hierbei kein Zusammenhang zur assoziierten Anfahrtszeit festgestellt. Zudem zeigte sich kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten ungeplanter Geburten außerhalb des Krankenhauses und dem Auftreten einer schwerer Säuglingsmorbidität. Obwohl die Neugeborenensterblichkeit insgesamt bei 2,3/1.000 Lebendgeburten sehr gering lag (n=5), war das Risiko für Totgeburten und neonatale Mortalität signifikant erhöht, wenn eine ungeplante Geburt außerhalb des Krankenhauses stattfand. So kam es zu 6,5 Totgeburten/1.000 Lebendgeburten (n=14), 7,4 peripartalen Säuglingssterbefällen (n=16) und einer perinatalen Mortalität von 8,3 Todesfällen/1.000 Lebendgeburten (n=18).

Die AutorInnen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass die Länge des Anfahrtsweges zum Geburtsort das Risiko einer ungeplanten Geburt außerhalb der Klinik erhöht. Dadurch könnte sich möglicherweise auch das Risiko der Neugeborenensterblichkeit erhöhen. Der Großteil der ungeplanten Geburten außerhalb des Krankenhauses trat jedoch in der Gruppe der Frauen auf, deren Anfahrtswege weniger als 30 Minuten betrug.

Ortqvist AK et al.: Association between travel time to delivery unit and unplanned out-of-hospital birth, infant morbidity and mortality: A population-based cohort study. Acta Obstet Gynecol Scand 2021. https://doi.org/10.1111/aogs.14156 ∙ DHZ

Rubrik: Geburt

Erscheinungsdatum: 24.06.2021