ExpertInnengespräch im Bundestag

Konzept gegen fetales Alkoholsyndrom (FAS) gefordert

  • In Deutschland werden jedes Jahr im Schnitt 2.000 Kinder geboren, die alle Anzeichen eines Fetalen Alkohlsyndroms (FAS) zeigen.

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    Das Ausmaß schwerer Schädigungen von Kindern durch den Alkoholkonsum von Frauen während der Schwangerschaft wird offenbar noch stark unterschätzt. Bei einem ExpertInnengespräch am 14. Januar 2015 im Gesundheitsausschuss des Bundestages forderten die Sachverständigen aus Medizin und Praxis die Abgeordneten dazu auf, dieses gravierende Problem mit geeigneter Vorbeugung, Aufklärung, Diagnose und Behandlung systematisch anzugehen.
    Nach Auskunft der ExpertInnen wurde das sogenannte fetale Alkoholsyndrom (FAS) erstmals 1973 in den USA diagnostiziert und ist seither auch in Deutschland bekannt, allerdings zumeist nur in Fachkreisen, obwohl es mit geschätzt 200.000 Betroffenen hierzulande kein Randphänomen ist. In Deutschland werden jedes Jahr im Schnitt 2.000 Kinder geboren, die alle Anzeichen eines FAS zeigen und schätzungsweise rund 10.000 Kinder, die einzelne Anzeichen von FAS aufweisen.
    Die zahlreichen Formen dieser Schädigung sind nach Angaben der Experten ausgesprochen schwer zu diagnostizieren, weshalb auffällige Kinder oft zu einer ganz anderen Krankheit oder Störung zugeordnet werden.
    Viele ÄrztInnen wollten eine solche Diagnose wegen der zahlreichen Unsicherheiten auch nicht stellen. Nur etwa ein Fünftel der Fälle werde überhaupt sofort erkannt, der Rest nicht oder erst mit Verzögerung. Die ExpertInnen sprachen von einem „absolut kritischen Zukunftsthema“, weshalb Einrichtungen geschaffen werden sollten, wo Diagnose-Spezialisten ausgebildet und Behandlungen konzipiert werden könnten.

    Das FAS-Syndrom ist nach Aussage der ExpertInnen keineswegs auf einschlägige Milieus beschränkt. So sei das Trinkverhalten von Frauen mit einem hohen sozialen Status, guten Jobs und breiter Bildung oft ebenso problematisch wie das von Frauen aus sozial niedrigen Schichten. Hinzu komme erschwerend die breite gesellschaftliche Akzeptanz von Alkohol in quasi allen Lebenslagen und die Unkenntnis darüber, dass auch eine geringe Menge Alkohol den Fötus schon schwer schädigen kann.
    Nötig ist nach Ansicht der ExpertInnen eine besonders sensible Beratung der Frauen, die keinesfalls stigmatisiert werden dürfen. Das Problem gehe aber nicht nur die Frauen an, sondern ebenso die Männer, die mit ihrem Trinkverhalten das ihrer Partnerinnen maßgeblich mit beeinflussten. Die Männer müssten somit „auch in die Pflicht genommen werden“.
    Die ExpertInnen forderten neben spezialisierten Einrichtungen auch geeignete Initiativen, um das Problem in der Bevölkerung bekannt zu machen und auf die Gefahren konkret hinzuweisen. Denkbar wären Warnbotschaften wie bei Zigaretten, Werbekampagnen oder verpflichtende Hinweise von ÄrztInnen und Hebammen zu Beginn einer Schwangerschaft.
     

    (heute im bundestag vom 14.1.2015; Newsletter der Deutschen Liga fuer das Kind Nr. 555, 16.1.2015)

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 16.01.2015