Risikofaktoren für eine kindliche Hypoxie unter der Geburt
Eine hypoxisch-ischämische Enzephalopathie des Neugeborenen (HIE) betrifft ungefähr 1,5 bis 2,5 Neugeborene pro 1.000 Lebendgeburten. Eine HIE zählt zu den schweren geburtshilflichen Komplikationen, die vermieden werden sollte, weil langfristige negative Folgen für das Kind zu erwarten sind: Man nimmt an, dass unter den Neugeborenen mit moderaten bis schweren HIE postpartal 30 % sterben und 30 % schwere neurologische Beeinträchtigungen entwickeln.
Das Ziel einer französischen retrospektiven Fall-Kontrollstudie lag darin, geburtshilfliche Risikofaktoren für das Auftreten einer HIE bei Säuglingen zum Zeitpunkt der Geburt zu identifizieren. Eine HIE wurde über einen Nabel-pH-Wert 12 mmol/l zum Zeitpunkt der Geburt definiert. Eingeschlossen wurden Neugeborene, die in verschiedenen Pariser Krankenhäuser zwischen 2014 und 2018 mit einem pH-Wert von </= 7,0 geboren wurden.
Die Outcome-Parameter der Kinder mit HIE wurden mit denjenigen von Neugeborenen ohne HIE verglichen. Untersucht wurden mütterliche, gestationsbedingte, intrapartale, geburtsbezogene und neonatale Merkmale. Durchgeführt wurde eine multivariable Analyse, um die mütterlichen, geburtshilflichen und neonatalen Faktoren zu untersuchen, die unabhängig voneinander mit mittelschwerem oder schwerem HIE assoziiert sind.
Neugeborene der Studiengruppe mit mittelschwerem oder schwerem HIE (n=41) hatten im Vergleich zu Neugeborenen der Kontrollgruppe (n=98) durchschnittlich einen niedrigeren 5-Minuten-Apgar-Score, einen niedrigeren pH-Wert der Nabelarterie und höhere Nabelschnur-Laktatwerte zum Zeitpunkt der Geburt sowie 60 Minuten nach der Geburt. Bei den Mütter von Neugeborenen mit mittelschwerem oder schwerem HIE trat häufiger Fieber unter der Geburt (über 38 Grad Celsius) und dick-grünes Fruchtwasser während der Geburt auf.
Es zeigten sich keine Unterschiede zwischen den beiden Studiengruppen hinsichtlich der kindlichen Herztonmuster, wobei der Großteil der CTG-Muster der Studiengruppe als pathologisch eingestuft wurde. Die Autor:innen diskutieren, dass schlechte kindliche Herztonmuster eine geringe Aussagekraft hinsichtlich des Auftretens eines HIE haben, weil diese auch bei vielen postpartal neurologisch unauffälligen Kindern auftreten.
Sie schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass eine HIE zum Zeitpunkt der Geburt mit einem niedrigeren Apgar-Wert nach fünf Minuten und einem schlechteren Zustand des Neugeborenen nach 60 Minuten assoziiert ist. Während der Geburt treten akute geburtshilfliche Ereignisse wie mütterliches Fieber und dick-grünes Fruchtwasser häufiger bei Gebärenden auf, deren Kinder mit HIE geboren werden als bei Gebärenden der Kontrollgruppe. Sie empfehlen, diese geburtshilflichen Ereignisse aus pädiatrischer Sicht bei der Betreuung des Neugeborenen weiter zu berücksichtigen.
Quelle: Lorain, P., et al. (2022). Risk factors for hypoxic-ischemic encephalopathy in cases of severe acidosis: A case-control study. Acta Obstet Gynecol Scand, 101, 471–478. https://doi.org/10.1111/aogs.14326 ∙ DHZ