Fallkontrollstudie aus China

Postpartaler Harnverhalt bei erstgebärenden Frauen

  • Risikofaktoren für einen postpartalen Harnverhalt waren, einer chinesischen Fallkontrollstudie zufolge, eine PDA, eine Episiotomie, ein Dammriss zweiten Grades, eine vaginal-operative Entbindung sowie das Auftreten eines Vulva-Ödems.

  • Ein postpartaler Harnverhalt tritt nach ungefähr 5 % aller vaginalen Geburt auf. Ursachen können Schwellungen oder Verletzungen der ableitenden Harnwege sein, welche eine Spontanmiktion verhindern. Meist handelt es sich um eine vorübergehende Komplikation, die physiologisch auftritt und sich von allein wieder normalisiert. Bleibt ein postpartaler Harnverhalt jedoch länger als 612 Stunden bestehen, kann ein Katheterisieren notwendig werden, um die Harnblase zu entleeren. Verschiedene Aspekte wie eine vorausgehende protrahierte Geburt, eine vaginal-operative Entbindung oder ein höhergradiger Dammriss werden in der Literatur in Zusammenhang mit dem Auftreten eines postpartalen Harnverhalts diskutiert.

    Im Rahmen einer retrospektiven Fall-Kontroll Studie wurden nun Prävalenz und Risikofaktoren bei erstgebärenden Frauen in einem chinesischen Krankenhaus (Shanghai) untersucht. Eingeschlossen wurden zunächst alle erstgebärenden Frauen mit einer vaginalen Geburt zwischen Juli 2017 und Juni 2019 (n=12.609). Darunter wurden die Frauen der Studiengruppe identifiziert, die einen postpartalen Harnverhalt während der ersten 12 Stunden nach der Geburt hatten (n=677), in denen eine Spontanmiktion unmöglich und mindestens eine Katheterisierung erforderlich war. Anschließend wurde zur dieser Studiengruppe eine Kontrollgruppe ohne postpartalen Harnverhalt gebildet (n=677) und die Daten der beiden Vergleichsgruppen miteinander verglichen.

    Ein postpartaler Harnverhalt trat somit in 5,7 % (n=677) aller vaginalen Geburten auf. Von den Frauen mit postpartalem Harnverhalt hatten 84,6 % (n=573) noch nach 48 Stunden und 8,1 % (n=55) noch nach 72 Stunden eine eingeschränkte Harnfunktion. Insgesamt war ein Katheterisieren nach mehr als 72 Stunden bis zu einer Woche bei 6,1 % (n=41) erforderlich. Acht Frauen hatten einen persistierenden postpartalen Harnverhalt über sieben Tage und wurden mit Katheter entlassen, der nach weiteren sieben Tagen entfernt wurde. Somit hatten alle Frauen der Studiengruppe spätestens 14 Tagen nach der Geburt ihre normale Miktion wiedererlangt. Signifikante unabhängige Risikofaktoren für das Auftreten eines postpartalen Harnverhalts waren eine Epiduralanalgesie, eine Episiotomie, ein Dammriss zweiten Grades, eine vaginal-operative Entbindung sowie das Auftreten eines Vulva-Ödems.

    Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass Frauen mit identifizierten Risikofaktoren einer Epiduralanalgesie, Episiotomie, Dammriss zweiten Grades, vaginal-operativen Entbindung oder dem Auftreten eines Vulva-Ödems nach der Geburt mit viel Aufmerksamkeit und Zeit begleitet werden sollten, um das Auftreten eines postpartalen Harnverhaltes zu reduzieren. Sie empfehlen das Durchführen weiterer Forschung, beispielsweise einer prospektiven Studie, um das Auftreten eines postpartalen Harnverhalts noch besser verstehen und zukünftig möglichst vermeiden zu können.

    Quelle: Cao D et al.: Prevalence and risk factors of overt postpartum urinary retention among primiparous women after vaginal delivery: a case-control study. BMC Pregnancy Childbirth 2022, 22, 26. https://doi.org/10.1186/s12884-021-04369-1 ∙ DHZ

     

    Rubrik: Wochenbett

    Erscheinungsdatum: 22.03.2022