Deutscher Fachverbands für Hausgeburtshilfe e.V. (DFH)

Runder Tisch Geburtshilfe – Fachgespräch „Qualitätssicherung “

Am 4. Februar 2015 fand der Runde Tisch Geburtshilfe in Nordrhein-Westfalen zum Thema „Qualitätssicherung“ statt. Teilgenommen haben die Vertreterinnen und Vertreter der fachlich betroffenen Landesministerien, der Berufsverbände der Hebammen, des Netzwerkes der Geburtshäuser, des Kompetenzzentrums Frauen und Gesundheit NRW, des Landeszentrums Gesundheit NRW, der Ärztekammern und der Berufsverbände der Frauenärzte, der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, der kommunalen Spitzenverbände, der Hebammenschulen und der Hochschule für Gesundheit, der Krankenhausgesellschaft NRW, von privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen und dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft.

Astrid Losch, Landeskoordinatorin in der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG) e.V. in Nordrhein-Westfalen stellte die Arbeit des Vereins zur Qualitätssicherung in der Geburtshilfe durch Hebammen vor. Ziel von QUAG e.V. ist es, die Sicherstellung der Anforderungen des § 134 SGB V für den Deutschen Hebammenverband (DHV) zu unterstützen. Losch informierte darüber, dass die von QUAG e.V erhobenen Daten weder Qualitätsindikatoren noch die Lebensqualitätsinformationen der Mütter abbilden. Damit sind Merkmale, anhand deren Ausprägungen man zwischen guter und schlechter Qualität unterscheiden kann, nicht abgebildet. Das Pilotprojekt zum Vergleich klinischer Geburten im Bundesland Hessen mit außerklinischen Geburten in von Hebammen geleiteten Einrichtungen bundesweit, initiiert vom GKV Spitzenverband, dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschland e.V. (BfHD), dem DHV und dem Netzwerk der Geburtshäuser von 2011 erwähnte Losch als unterstützendes Dokument zur Qualitätsdiskussion. Sie sprach sich für S2- und S3-Leitlinien zur Qualitätssicherung in der Geburtshilfe durch Hebammen aus. In der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) bestand – mit Ausnahme des Deutschen Fachverbandes für Hausgeburtshilfe (DFH) – Konsens, dass die Entwicklung höherwertiger Leitlinien für die Verbesserung der Versorgungsqualität in der Geburtshilfe von besonderer Bedeutung ist.

Der DFH befürwortete in der IMAG zwar auch die Entwicklung von höherwertigen Leitlinien, widersprach aber der Einschätzung, dass die Leitlinien zur Senkung der Kaiserschnittrate beitragen könnten. Aus Sicht des DFH sind vor allem finanzielle Anreize, sowie Wissensmangel und forensische Gründe für den Anstieg der Kaiserschnittentbindungen ursächlich. Dies wurde in der letzten Sitzung des Runden Tisches Geburtshilfe NRW bestätigt.

Dr. Monika Nothacker, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V., referierte zu Themen der Qualitätssicherung in der ärztlichen Geburtshilfe und berichtete, dass die Pflege Standards zur physiologischen Geburt wünscht. Nothacker bestätigte, dass im Bereich der Geburtshilfe bisher lediglich S1-Handlungsempfehlungen vorhanden sind, eine S3-Leitlinie zur physiologischen Geburt und zum Kaiserschnitt ist in Arbeit. Die Bereitschaft der AWMF ist vorhanden, weitere höherwertige interdisziplinäre Leitlinien zur Geburtshilfe zu erstellen. Als mögliche Stolpersteine benannte sie die hohen Kosten, die bei S2- und S3-Leitlinien schnell bis in den sechsstelligen Bereich gelangen, sowie die Tatsache, dass es für viele Fragen zum Thema schlechte oder keine Evidenz gibt. Der GKV-Spitzenverband lehnte bereits in der IMAG eine Verantwortlichkeit für die Leitlinienfinanzierung aufgrund fehlender gesetzlicher Regelung und Ressourcen ab, ebenso erklärte das Bundesministerium für Gesundheit, dass keine gesonderten Mittel zur Finanzierung der Leitlinienentwicklung zur Verfügung stünden.

Der DFH gab erneut zu bedenken, dass der zeitliche Aufwand sowie die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen von den Hebammenverbänden ohne Unterstützung nicht leistbar sind. Die anwesenden Vertreterinnen des DHV und des Netzwerkes der Geburtshäuser sahen das völlig anders und sprachen sich, ungeachtet dieser Fakten, vollumfänglich für die höherwertige Leitlinienerstellung und ihre aktive Mitarbeit dabei aus.

In der knappen sich anschließenden Diskussion blieb wenig Platz für konkrete Inhalte. Dennoch konnte der DFH seine Bedenken zu der Tatsache zu äußern, dass GynäkologInnen mit Hebammen weder auf Augenhöhe kommunizieren noch arbeiten. Stattdessen würden sie sich immer mehr in das originäre Tätigkeitsfeld der Hebamme drängen, was sich inzwischen schon in der Hebammenberufsordnung NRW deutlich zeige. Hier hat sich die Beistandspflicht der Hebamme schon zum Arzt verschoben.

Damit aber interdisziplinäre und interprofessionelle Leitlinienerstellung in der Geburtshilfe erfolgreich geschehen kann, ist die Anerkennung, dass die regelrechten Verläufe in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett allein dem Hebammenberuf zuzuordnen sind, für dessen Erhalt sich auch die Eltern in ihren Protesten beständig stark machen, Voraussetzung.

Der DFH sieht in der Praxis die Mehrzahl der Maßnahmen zur Beurteilung und Sicherung der Qualität der geburtshilflichen Versorgung mit Hebammenhilfe immer schon als prozessorientiert und – soweit möglich – auch ergebnisorientiert an. Problematisch wird es, wenn Hebammen, die nachweislich nicht über eine hohe eigene geburtshilfliche Erfahrung und selbstständige Geburtsleitungserfahrung verfügen, an Leitlinien mitarbeiten. Kann man die Versorgung qualitativ nicht beurteilen, dann hat die Qualitätssicherung keine Güte oder Wert. Den Qualitätsbegriff vorwiegend unter pragmatischen Gesichtspunkten zu definieren, ergibt keinen Aufschluss zur Qualität der Hebammenhandlungen an sich, sondern liefert nur Informationen im Hinblick auf die Ziele, die politisch erreicht werden sollen. Qualität als wertender Begriff ist abhängig von den Zielvorstellungen, die man mit Hebammenhandlungen verbindet. Alle Maßnahmen, die die Qualität positiv beeinflussen, werden unter dem Begriff Qualitätssicherung zusammengefasst. In diesem Sinne versteht der DFH Qualitätssicherung bei der Versorgung werdender und junger Mütter mit ihren Säuglingen als Zusammenfassung aller von Hebammen ergriffenen Maßnahmen, die zu deren bestmöglicher Versorgung führen. Für den DFH kann es nicht darum gehen, dass einzelne Hebammen möglichst viele Frauen versorgen, sondern nur darum, dass die erbrachten Leistungen, mit Blick auf den Erhalt der mütterlichen und kindlichen Gesundheit, sich im Ergebnis in ihrer Wirkung zeigen. Die Ausprägung der die Qualität bestimmenden Merkmale zu erkennen und zu erfassen ist die Voraussetzung von echter Qualitätssicherung und macht eine systematische Analyse von Qualitätsdefiziten überhaupt erst möglich. Daran und für den Erhalt seines Berufsstandes arbeitet der DFH seit seiner Gründung. Und so klingt das Vorhaben des runden Tisches „Qualitätssicherung“ für den DFH zum jetzigen Zeitpunkt realitätsfern und ohne Richtung. Der DFH sieht Schwangerschaft und Geburt als physiologische und soziale Prozesse an, die Hebammenbeistand benötigen und die nicht durch Leitlinien abgebildet werden können, welche systematisch entwickelte Entscheidungshilfen über eine angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen sind.  

(Eva-Maria Müller-Markfort, Präsidentin des Deutschen Fachverbands für Hausgeburtshilfe e.V., 6.2.2015)

Rubrik: Geburt

Erscheinungsdatum: 09.02.2015