Schwangerschaft beschleunigt Alterungsprozess vorübergehend
Methylgruppen an der DNA bestimmen, ob ein Gen abgelesen werden kann oder nicht. Das Muster der DNA-Methylierung entlang der DNA verändert sich im Alter. Dies bildet die Grundlage für eine Reihe von epigenetischen Uhren, mit denen sich Alterungsvorgänge genauer beschreiben lassen als mit dem chronologischen Alter. Sie gelten deshalb als ein Maßstab für das biologische Alter.
Stresstest Schwangerschaft
Mittlerweile wurden mehrere epigenetische Uhren veröffentlicht, mit denen sich das biologische Alter eines Menschen in einer einfachen Blutprobe bestimmen lässt. Im letzten Jahr hatte ein Team um Vadim Gladyshev von der Harvard Medical School in Boston an Mäusen beobachtet, dass verschiedene Stressereignisse die epigenetische Uhr beschleunigen, also zu einer vorzeitigen Alterung führen. Dazu gehörte neben großen Operationen und einer schweren Erkrankung an Covid-19 auch eine Schwangerschaft.
Dieser Befund ist nicht überraschend. Schwangerschaften sind ein bekannter Stresstest für den Organismus. Bei vielen Frauen kommt es in der Schwangerschaft zu einem Diabetes und/oder zu einer Hypertonie. Nach der Schwangerschaft normalisieren sich Blutzucker und Blutdruck zunächst wieder. Die Frauen haben aber im späteren Leben ein erhöhtes Risiko auf einen Typ-2-Diabetes und/oder eine Hypertonie.
Ein Team um Kieran O’Donnell von der Yale Universität in New Haven/Connecticut hat die DNA-Methylierung von 199 Frauen untersucht, die im Rahmen einer anderen Studie Blutproben in der frühen, mittleren und späten Schwangerschaft abgegeben hatten. Bei 68 Frauen war drei Monate nach der Entbindung eine vierte Blutprobe entnommen worden.
Vorübergehende Altersbeschleunigung
Obwohl nur 18 Wochen zwischen dem ersten Bluttest und der Geburt lagen, stieg in dieser Zeit das biologische Alter je nach der verwendeten epigenetischen Uhr im Durchschnitt um 2,39 Jahre (PCPhenoAge), 1,19 Jahre (PCGrimAge) oder 2,52 Jahre (GrimAge2). Wenige Monate nach der Entbindung hatten sich die Frauen wieder um mehrere Jahre verjüngt. Das biologische Alter war jetzt sogar niedriger als bei der ersten Untersuchung. O’Donnell vermutet allerdings, dass die Alterungsvorgänge bereits in der Frühschwangerschaft vor der ersten Untersuchung eingesetzt hatten und die Bilanz am Ende ausgeglichen ist.
Die Untersuchung zeigt weiter, dass eine Adipositas die Alterungsvorgänge in der Schwangerschaft weiter beschleunigt um 1,0 Jahre in PCHorvath1, um 1,42 Jahre in PCPhenoAge, um 0,66 Jahre in PCGrimAge und um 1,2 Jahre in GrimAge2. Dies bestätigt die klinische Beobachtung, nach der adipöse Frauen in der Schwangerschaft häufiger an Diabetes und Hypertonie erkranken. Und da die Adipositas nach der Schwangerschaft weiter besteht, erkranken sie auch im Anschluss an eine Schwangerschaft häufiger an einem Typ-2-Diabetes und den anderen Komponenten des metabolischen Syndroms.
Quelle: O’Donnell, K. et al. (2024). The effects of pregnancy, its progression, and its cessation on human (maternal) biological aging. Science Direct. Elsevier. doi: https://doi.org/10.1016/j.cmet.2024.02.016 ∙ DHZ