Retrospektive Kohortenstudie aus Großbritannien

Sollten Neugeborene während therapeutischer Unterkühlung mit Milch ernährt werden?

  • Laut einer britischen Studie ist eine enterale Ernährung für Neugeborene sicher, die in Form einer therapeutischen Hypothermie behandelt werden.

  • Eine hypoxisch-ischämische Neugeborenen-Enzephalopathie beschreibt eine schwere Schädigung des kindlichen Gehirns, welche durch Sauerstoffmangel während der Geburt verursacht werden kann. Die evidenzbasierte Versorgung Neugeborener mit Anzeichen einer hypoxisch-ischämischen Enzephalopathie umfasst in vielen westlichen Länder eine therapeutische Unterkühlung. Während der Behandlung stellt sich die Frage, ob Kinder mehr davon profitieren, wenn sie zusätzlich enteral ernährt werden. Die Datenlage umfasst neben Vorteilen einer enteralen Ernährung für das hypoxische Neugeborene die Nachteile aufgrund eines erhöhten Risikos für eine nekrotisierende Enterokolitis.

    In Großbritannien wurde eine landesweite retrospektive Kohortenstudie durchgeführt. Evaluiert wurde Datenmaterial der UK National Neonatal Research Database. Eingeschlossen in die Auswertung wurden alle Neugeboren, die zwischen Januar 2008 und Dezember 2017 nach der 36+0 Schwangerschaftswoche geboren wurden und entweder eine therapeutische Hypothermie für mindestens drei Tage erhielten oder in diesem Zeitraum starben, während sie in Form einer therapeutischen Hypothermie behandelt wurden. Aus den Daten wurden matched-pairs gebildet, um darüber Outcome-Parameter der Kinder mit ergänzender enteraler Ernährung für mindestens einen Tag mit denen ohne ergänzende enterale Ernährung zu vergleichen. Das wichtigste Kriterium war, ob eine nekrotisierende Enterokolitis entwickelt wurde oder nicht.

    Insgesamt erhielten 6.030 Neugeborene eine therapeutische Hypothermie. Davon wurden knapp ein Drittel (31,1 %) enteral ernährt. Gebildet wurden 1.618 matched-pairs. Das Auftreten einer nekrotisierenden Enterokolitis war in beiden Gruppen gering. Es lag in der Gruppe der ernährten Neugeborenen bei 0,5 % im Vergleich zu 1,1 % in der Gruppe ohne Ernährung. Enteral ernährte Neugeborene hatten im Vergleich zur Kontrollgruppe eine um 11,6 % seltenere Late-onset-Infektion, eine 5,2 % höhere Überlebenswahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Entlassung, sie wurden zu 8 % häufiger gestillt und hatten einen durchschnittlich um 2,2 Lebenstage verkürzten Aufenthalt auf der Kinderintensivstation.

    Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass eine enterale Ernährung sicher für Neugeborene ist, die in Form einer therapeutischen Hypothermie behandelt werden. Eine enterale Ernährung geht zudem mit verschiedenen weiteren Vorteilen für das Neugeborene einher. Sie empfehlen die ergänzende enterale Ernährung eines Neugeborenen mit Milchnahrung, wenn eine therapeutische Hypothermie durchgeführt wird.

    Quelle: Gale C, Longfort NT, Jeyakumaran D, Ougham K, Battersby C, Ojha S, Dorling J: Feeding during neonatal therapeutic hypothermia, assessed using routinely collected National Neonatal Research Database data: a retrospective, UK population-based cohort study. The Lancet Child & Adolescent Health 2021. 5, 408-416.  https://www.thelancet.com/pdfs/journals/lanchi/PIIS2352-4642(21)00026-2.pdf  DHZ

    Rubrik: 1. Lebensjahr

    Erscheinungsdatum: 21.05.2021