Retrospektive Studie aus den USA zur Pandemie

Höhere Müttersterblichkeit – mehr Schwangerschaftskomplikationen

  • Maternale Risiken sind in Zeiten der Pandemie in den USA deutlich gestiegen, so das Resümee einer retrospektiven Studie aus Boston.

  • In der Coronapandemie ist in den USA offenbar die Müttersterblichkeit bei der Geburt sowie das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen gestiegen. Dies zeigt eine retrospektive Studie, die mehr als 1,6 Millionen Schwangere vor und nach der Pandemie verglichen hat.

    »In einer nationalen Stichprobe an 463 Krankenhäusern fanden wir einen kleine, aber signifikante Zunahme der Sterblichkeit bei den Müttern während des Krankenhausaufenthaltes sowie eine Zunahme an hypertensiven Erkrankungen und Blutungen«, berichten Rose Molina vom Department of Obstetrics and Gynecology am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, USA, und ihre Coautor:innen.

    Verglichen wurden Schwangerschaftsverläufe, Komplikationen und Dauer des Krankenhausaufenthaltes zwischen einer Phase in der COVID-19-Pandemie (März-April 2021) und einer Phase vor der Pandemie (Januar-Februar 2020).

    In der Pandemie wurden die Daten von 849.544 Schwangere analysiert, in der präpandemischen Phase waren es 805.324 Schwangere. Die Patientinnencharakteristika wie Alter, Ethnizität, Versicherungsform und Begleiterkrankungen hätten sich zwischen den beiden Phasen nicht unterschieden, schreiben die Autor:innen.

    Die Rate an maternalen Todesfällen bei der Geburt stieg in der Pandemiephase von 5,17 auf 8,69 pro 100.000 Schwangeren (OR 1,75). Bei Fehl- und Todgeburten gab es dagegen keine Unterschiede zwischen den beiden Phasen.

    Molina und ihre Kolleg:innen berichten außerdem, dass die Häufigkeit verschiedener Schwangerschaftskomplikationen zugenommen habe. In der Pandemiephase hatten mehr Frauen einen Schwangerschaftshochdruck (OR 1,08), Blutungen (OR 1,07), Präeklampsie (OR 1,04;) und eine vorbestehende chronische Hypertonie (OR 1,06).

    Eine Assoziation zwischen COVID-19-Pandemie und Entbindungsmethode gab es dagegen nicht, die Veränderungen waren minimal (vaginale Entbindung: OR 1,01; primäre Sectio: OR 1,02; vaginale Entbindung nach Sectio: OR 0,98; mehrfache Sectio: OR 0,96).

    Im Schnitt blieben die Frauen in der Pandemie weniger lange im Krankenhaus als vor der Pandemie, die Aufenthaltsdauer reduzierte sich um 7 % (RR 0,931).

    Die beobachtete Reduktion der Rate an Lebendgeburten um 5,2 % sei konsistent mit den Zensusdaten. Allerdings sei die Abnahme vor allem zwischen März und Dezember 2020 zu verzeichnen gewesen, es handelte sich also um Schwangerschaften, die vor der COVID-19-Pandemi begannen.

    »Die Entscheidung, ein Kind zu bekommen, hängt stark mit dem sozialen Kontext zusammen«, schreiben Molina und ihr Team. »Möglicherweise führte die Pandemie dazu, dass weniger Menschen ihre Familie vergrößern wollten.«

    Die Autor:innen merken an, dass in ihrer Stichprobe die Zahl der SARS-CoV-2-Infektionen relativ gering gewesen sei. »Unsere Arbeit zeigt die Assoziation zwischen den allgemeinen Einschränkungen in der COVID-19-Pandemie und der Gesundheit von Schwangeren«, betonen sie.

    Die Zunahme an maternalen Todesfällen sowie Schwangerschaftskomplikationen sei »alarmierend«. Es müsse sichergestellt werden, dass potenziell mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehende Risiken nicht bestehen blieben.

    Quelle: Molina, R.L., et al. (2022). Comparison of Pregnancy and Birth Outcomes Before vs During the COVID-19 Pandemic. JAMA Netw Open, 5(8):e2226531. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2022.26531 ∙ aerzteblatt.de, 15.8.2022 ∙ DHZ

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 22.08.2022