Naturkatastrophen: Wie lässt sich die Säuglingsernährung fördern?
Der Klimawandel sorgt weltweit für eine Zunahme an Naturkatastrophen: Weitsicht und Umsicht ist dabei gefragt, wie diese strategisch und sinnvoll gemanagt werden können. Hierbei werden besonders vulnerable Gruppen wie Säuglinge im Katastrophenmanagement leicht übersehen und können unter den Folgen einer Naturkatastrophe besonders leiden. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Die Ernährungs- und Hygiene kann stark beeinträchtigt oder unterbrochen sein, so dass sich Infektionen oder Mangelernährung entwickeln. Fehlt beispielsweise sauberes Wasser, kann künstliche Säuglingsnahrung nicht hygienisch zubereitet werden. Beeinflusst die Naturkatastrophe die Psyche der Mutter, kann dies Auswirkungen auf die Milchbildung und damit auf die Ernährung gestillter Säuglinge haben.
Bedürfnisse und unterstützende Strategien
Welche Bedürfnisse haben Säuglinge im Fall von Naturkatastrophen? Welche unterstützenden Strategien existieren für sie?
Durchgeführt wurde hierzu kürzlich eine systematische Literaturrcherche durch ein australisches Forscherinnenteam. 13 Studien unterschiedlichen Designs wurden eingeschlossen, die bis 2021 publiziert wurden (mixed-method n=4, Ethnographie n=1, quasi-experimentell n=2, deskriptiv n=4, qualitativ n=1 und evidence-gap-Analyse n=1). Die Studien untersuchten die Fragestellung sowohl für Länder mit hohem, mittlerem und niedrigem Einkommen. Die Ergebnisse der Studien wurden thematisch durch das Forscherinnenteam analysiert.
Erleichternde und herausfordernde Faktoren
Drei Themen wurden hinsichtlich der Ernährung eines Säuglings bei Naturkatastrophen identifiziert: Erleichternde Faktoren für das Stillen, herausfordernde Faktoren dafür sowie die Gabe künstlich hergestellter Säuglingsnahrung.
Erleichternd auf das Stillen eines Säuglings bei Naturkatastrophen wirken sich vier Faktoren aus: Privatsphäre, Unterstützung durch das Umfeld und die Familie, Unterstützung beim Stillen durch lokale Strukturen und eine bereits vorhandene Stillerfahrung.
Die Herausforderungen beim Stillen eines Säuglings bei Naturkatastrophen umfassen neben einer verminderten Selbstwirksamkeit fehlendes Wissen und fehlende Ressourcen. Ein Problem bei der Gabe künstlich hergestellter Säuglingsnahrung besteht in der daraus resultierenden übermäßigen Abhängigkeit.
Sechs Empfehlungen für die Praxis
Die Autorinnen leiten daraus sechs Empfehlungen für den praktischen Umgang bei Naturkatastrophen ab:
- Privatsphäre beim Stillen: Ermögliche Frauen das Stillen in Privatsphäre und ermögliche ihr hierzu einen sicheren Raum. Ist das nicht möglich, schirme sie ab. Respektiere ihre kulturellen und religiösen Überzeugungen in Bezug auf das Stillen.
- Professionelle Unterstützung beim Stillen: Pass die Unterstützung beim Stillen den kulturellen und religiösen Überzeugungen der Frau an und achte diese.
- Unterstützung durch die Familie: Fördere die Hilfestellung durch die eigene Familie, beispielsweise die Großmutter oder den Vater des Säuglings. Ermutige die Mutter gemeinsam mit der Familie zum Stillen des Säuglings.
- Verminderte Selbstwirksamkeit des Stillens: Erkläre den Einfluss von Stress auf die Milchbildung und setze Maßnahmen zur Steigerung der Milchproduktion um. Versichere der stillenden Frau, dass sie die Fähigkeit hat, genug Milch für ihren Säugling zu produzieren. Initiiere Stillgruppen.
- Mangel an Wissen und/oder Ressourcen: Verbessere das Wissen rund um das Thema Stillen. Lege Wert auf eine qualitativ hochwertige Ernährung der stillenden Frau.
- Ernährung durch künstlich hergestellte Säuglingsnahrung: Stelle notwendige Utensilien und evidenzbasierten Empfehlungen zur Ernährung mit künstlich hergestellter Säuglingsnahrung bereit. Erkläre die hygienisch korrekte Zubereitung und Sterilisation des Equipments. Erleichternd kann ein Baby-Zelt errichtet werden, um hierbei effektiv zu unterstützen und Ressourcen zu bündeln.
Resümee
Die Autorinnen schlussfolgern, dass ihre Ergebnisse die Komplexität des Themas Säuglingsernährung im Kontext von Naturkatastrophen zum Ausdruck bringen. Sie empfehlen im Fall von Naturkatastrophen, kultursensibel effektive Maßnahmen umzusetzen um die Ernährung von Säuglingen zu fördern.
Quelle: Ratnayake Mudiyanselage, S., Davis, D., Kurz, E., & Atchan, M. (2022). Infant and young child feeding during natural disasters: A systematic integrative literature review. Women and birth : journal of the Australian College of Midwives, 35(6), 524–531. https://doi.org/10.1016/j.wombi.2021.12.006 ∙ Beate Ramsayer/DHZ