Mixed-Methods Studie aus der Türkei

Kangaroo-Care nach Kaiserschnitt stärkt Vater und Neugeborenes

  • Erfolgt nach einer Sectio das Bonding durch den Vater durch Kangaroo-Care, passt sich das Neugeborene schneller und besser an die neue Umgebung an und der Vater erlebt seine neue Rolle positiver.

  • Das erste Bonding sollte so früh wie möglich erfolgen. Bei einer Sectio erfolgt das erste Bonding zwischen der Mutter und ihrem Neugeborenen jedoch häufig aufgrund der Operation verzögert. Die Sectiorate in der Türkei schwankt zwischen 48 und 52 %, somit sind ungefähr die Hälfte aller Gebärenden und Neugeborenen mit der Realität einer Schnittentbindung konfrontiert: Macht es Sinn, den Vater stärker in den Bonding-Prozess nach einer Sectio einzubinden?

    In der Türkei wurde hierzu eine Mixed-Methods Studie zwischen Juli 2015 und Januar 2016 durchgeführt. Eingeschlossen wurden 60 Väter und deren Kinder, deren Partnerin einen geplanten Kaiserschnitt hatte. Die Einschlusskriterien für den Vater umfassten, dass er gesund war und keine ansteckenden Hautkrankheiten hatte. Bei den eingeschlossenen Neugeborenen lag der APGAR über 7, es waren keine Anomalien vorhanden, die Sauerstoffsättigung lag über 95 % und das Geburtsgewicht befand sich zwischen 2.500 und 4.000 g.

    In der Studiengruppe (n=30) wurde direkt nach der Geburt Kangaroo-Care durch den Vater durchgeführt, in der Kontrollgruppe darauf verzichtet. Erhoben wurden Interaktionen zwischen dem Vater und dem Neugeborenen anhand von Videoaufzeichnungen sowie Messwerte des Kindes in Form von Herzfrequenz, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung und Körpertemperatur. Mit jedem Vater wurde ein semi-strukturiertes Interview eine Stunde nach der Kangaroo-Care durchgeführt.

    Neugeborene der Studiengruppe lächelten signifikant häufiger und verhielten sich signifikant ruhiger als Neugeborene der Kontrollgruppe. Die Herzfrequenz unterschied sich nicht signifikant zwischen den Neugeborenen der beiden Gruppen. Jedoch befanden sich sowohl die Werte der Atemfrequenz, der Sauerstoffsättigung und der Körpertemperatur bei Neugeborenen der Studiengruppe signifikant häufiger im Normbereich als bei Neugeborenen der Kontrollgruppe.

    Die Väter der Studiengruppe teilten verschiedene Erfahrungen mit der Kangoo-Care: »In diesem Moment berührt das Baby deinen Körper. Du fühlst die Wärme des Kindes…« (EG4) »Der Haut-zu-Haut Kontakt ist die erste Interaktion und der Kontakt mit dem Kind als Vater ist so anders als der Kontakt zu anderen Menschen: Im täglichen Leben berührt man andere Personen durch Händeschütteln aber Kangaroo-Care geht mit einer tiefen Bedeutung und Emotionen einher, die besonders für den Vater sehr bedeutungsvoll sind.« (EG) Ein Vater der Kontrollgruppe beschrieb: »Es war wie eine Erfahrung zwischen Realität und virtueller Welt: Wir haben unsere Freunde nach deren Geburt besucht, aber dieses Kind war das von mir und meiner Frau, unser Kind - das war ein anderes Gefühl...« (CG11)

    Die Autor:innen zeigen mit ihren Beobachtungen und Daten auf, dass verschiedene Vorteile mit einer stärkeren Einbindung des Vaters in den Bondingprozess einherzugehen scheinen. Erfolgt Bonding durch den Vater durch Kangaroo-Care, passt sich das Neugeborene schneller und besser an die neue Umgebung an und der Vater erlebt seine neue Rolle positiver als Väter der Vergleichsgruppe. Die Autor:innen empfehlen nach einer Sectio, den Vater in der frühen Nachgeburtsperiode bewusst in den Bondingprozess einbinden.

    Quelle: Toprak, F. Ü. & Erenell, A. Ş. (2022). The effect of kangaroo care practice after caesarean section on paternal-newborn interaction: A mixed-methods study in Turkey. Midwifery. DOI: https://doi.org/10.1016/j.midw.2022.103489 ∙ DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 21.09.2022