Mother Hood e.V.

Die Mutter als frei verfügbarer Container?

In der Septemberausgabe der Zeitschrift „Der Gynäkologe” stellt der Bonner Rechtsanwalt für Medizinrecht Dr. Roland Uphoff das Selbstbestimmungsrecht von (werdenden) Müttern in Frage. Er begründet dies mit dem Interesse der Gesellschaft an gesunden Kindern. Uphoff schreibt: „Aus medizinischer Sicht ist eindeutig in der Gesundheit und dem Wohlergehen der künftigen Generationen in diesem Sinne ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zu sehen, so dass der Wille der Eltern (...) hinter dem überragenden Gemeinschaftsinteresse an der Gesundheit der kommenden Generationen zurücktreten muss.”

„Als Bundeselterninitiative, die sich für die Rechte von Frauen und Kindern während Schwangerschaft, Geburt und dem 1. Lebensjahr des Kindes einsetzt, treten wir der Auffassung von Uphoff entschieden entgegen!”, sagt Katharina Desery, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Mother Hood e.V. „Die Entscheidung, wo Frauen ihre Kinder gebären möchten, liegt ausschließlich bei den Frauen selbst”. Das Grundrecht der Frauen, eine selbstbestimmte Entscheidung treffen zu können, basiere auf dem Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit. Grundlegend für Uphoffs Argumentation sei ein einfaches Schema: Er behaupte, das ungeborene Leben würde durch die außerklinische Geburtshilfe in Gefahr gebracht und einem „vermeidbaren Risiko” ausgesetzt. Ergebnisse aus Studien und Qualitätsberichten gebe er ungenügend wider.

„Dabei gilt die außerklinische Geburtshilfe unter den in Deutschland festgeschriebenen Voraussetzungen auch aus wissenschaftlicher Sicht als sicher”, so Desery. Auf die bestehenden Probleme in der klinischen Geburtshilfe verweise Uphoff offenbar bewusst nicht. Er negiere sie sogar („vermeintliche Nachteile”).

Uphoff degradiere die Mutter zur Hülle, zu einem Container, über den eine Gesellschaft frei verfügen könne. Er ignoriere, dass es die Eltern selbst sind, die das allergrößte Interesse an ihren Kindern und deren Gesundheit hätten, so Desery weiter. Seinem frauen- und damit kinderfeindlichen Bild läge die Ansicht zugrunde, dass Mütter nicht in der Lage seien, die für sich selbst und ihr (ungeborenes) Kind richtigen Entscheidungen zu treffen.

Außer Frage steht, dass eine schwangere Frau über die Vor- und Nachteile aller Geburtsorte unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgeklärt werden sollte. Dabei kommen dem Arzt und der Ärztin eine besondere Rolle zu. Das gilt ebenso für Hebammen, die die Frauen beispielsweise im Rahmen der Schwangerenvorsorge bei der Wahl des Geburtsortes unterstützen sollten. Und das gilt auch für Rechtsanwälte, die sich zur Geburtshilfe äußern.

Uphoffs Aussagen lenkten den Fokus weg von den tatsächlichen Problemen, mit denen sich Frauen tagtäglich in den Kliniken konfrontiert sähen, so Desery. Die Liste dieser Probleme reiche von dem Risiko langer Anfahrtswege durch geschlossene Geburtsstationen, über Abweisungen am Kreißsaal, Stress und unzureichender Betreuung wegen Personalmangels bis hin zu traumatischen Erfahrungen. Bei fast allen Geburten von Low-Risk-Schwangeren fänden in der Klinik nicht evidenzbasierte und damit fragwürdige Interventionen statt. Auch die bundesweite Kaiserschnittrate von rund 30 Prozent sei immer noch mehr als doppelt so hoch, als laut WHO medizinisch notwendig wäre, um Mortalitäts- und Morbiditätsraten für Kind und Mutter weiter zu senken.

„Alle Professionen sollten gemeinsam mit den Eltern für eine bessere Versorgung in allen möglichen Geburtssettings eintreten. Der Gesundheit und Sicherheit von Kindern und Müttern wäre damit am allermeisten gedient”, resümiert Desery. Der von Mother Hood e. V. entwickelte 10-Punkte-Plan mit Lösungsansätzen zur Verbesserung der geburtshilflichen Versorgung bilde für einen weiteren Austausch eine geeignete Grundlage, heißt es aus dem Vorstand von Mother Hood e.V.

Quelle: Mother Hood e.V., 12.10.2018

Rubrik: Politik & Gesellschaft

Erscheinungsdatum: 15.10.2018