Baden-Württemberg

Fälle von Ringelröteln häufen sich – Gefahr für Schwangere

Die Zahl der gemeldeten Fälle von Ringelröteln ist in Deutschland und mehreren anderen EU-Staaten seit Anfang des Jahres deutlich gestiegen. Obwohl Infektionen mit dem Parvovirus B19 (B19V) normalerweise erst im Frühjahr und Frühsommer gehäuft auftreten, habe es hierzulande bereits zwischen Januar und März einen deutlichen Anstieg der Inzidenz gegeben, sagt Martin Enders vom Konsiliarlabor für Parvoviren in Stuttgart.  Besonders für Schwangere stelle eine Infektion ein Risiko dar.

Infolge der sehr hohen Inzidenz würden vermehrt B19V-bedingte fetale Komplikationen in der Schwangerschaft wie Fehlgeburten (Aborte) und Flüssigkeitsansammlungen (Hydrops) gemeldet, sagt Enders. Ringelröteln sind sehr ansteckend. Zur Ansteckung kommt es durch erregerhaltige Tröpfchen, die durch Husten, Niesen oder verunreinigte Hände verteilt werden. Auch über Schmierinfektionen – gegebenenfalls sogar über Türklinken – können sich die Viren verbreiten. Bei den meisten Erwachsenen und Kindern zeigen sich Grippesymptome wie leichtes Fieber mit einer Schwellung der Lymphknoten. Nicht immer entwickelt sich der typische Hautausschlag.

Ansteckungsgefahr besteht für Menschen, die noch nicht an Ringelröteln erkrankt sind. Wer die Infektion überstanden hat, ist ein Leben lang geschützt und erkrankt nicht noch einmal. Schwangere stecken sich nach Auskunft von Enders am häufigsten bei Kindern an, meist im eigenen Haushalt oder durch berufliche Exposition.

Schwangere Frauen geben die Ringelröteln-Erreger an ihr ungeborenes Kind weiter, auch wenn die Infektion unbemerkt verläuft. Die Viren gelangen über die Plazenta in den Blutkreislauf des Kindes und befallen blutbildende Zellen – die Folge kann eine Blutarmut beim ungeborenen Kind sein. Im schlimmsten Fall droht eine Fehl- oder Frühgeburt, besonders in den ersten Schwangerschaftsmonaten.

Auch Karl Oliver Kagan, Leiter der Pränatalen Medizin an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen, spricht von derzeit vielen Schwangeren, die sich mit den Parvovirus B19 ansteckten und zu Behandlung oder Kontrolle in die Klinik kommen. Wie viele Personen tatsächlich infiziert seien, könne aber nicht gesagt werden, weil nicht alle Betroffenen Symptome entwickelten. Wer als Schwangere wissen wolle, ob sie in der Vergangenheit schon mal an Ringelröteln erkrankt und möglicherweise immun sei, könne sich testen lassen, etwa wenn Kontakt mit einer infizierten Person bestanden habe. Bei diesem Test werde nach Antikörpern gegen die Paroviren B19 und gegebenenfalls nach Virus-Erbgut im Blut geschaut.

Bei einer Ringelröteln-Infektion der Mutter geht man laut Kagan davon aus, dass sich etwa 10 % der Ungeborenen infizieren. Bei Schwangeren, die sich in der ersten Hälfe der Schwangerschaft angesteckt haben, sollte abgeklärt werden, ob die Infektion eine kindliche Blutarmut verursacht. »Im Falle einer Blutarmut benötigt das Ungeborene eine Blutkonserve, die von außen über die Nabelschnur verabreicht werden kann. Angesichts des geringen Durchmessers der Nabelschnur ist diese Therapie herausfordernd und eigentlich erst ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich«, sagt Kagan. Nachdem in den vergangenen Jahren kaum Transfusionen aufgrund von Ringelröteln-Infektionen in der Tübinger Frauenklinik durchgeführt werden mussten, seien es jetzt etwa zwei pro Woche.

In den ersten Schwangerschaftswochen gebe es keine Möglichkeit, eine Infektion beziehungsweise die Blutarmut des Embryos nachzuweisen. In manchen Fällen könne im Ersttrimester-Screening in der zwölften oder dreizehnten Schwangerschaftswoche eine Blutarmut erkannt werden, für eine Bluttransfusion sei es aber dann noch zu früh. »Eine Infektion im letzten Drittel der Schwangerschaft stellt für Ungeborene in der Regel keine lebensbedrohliche Gefahr dar«, erklärt Kagan.

Quelle: dpa, 17.5.2024 · DHZ

Rubrik: Schwangerschaft

Erscheinungsdatum: 23.05.2024