Nationales Netzwerk Frauen und Gesundheit

Frauen werden bevormundet

  • Ob die sogenannte „Pille danach“ zukünftig rezeptfrei abgegeben wird, ist nach wie vor in der Schwebe, auch wenn die WHO diese Handhabe für sicher und evidenzbasiert hält.

  • Im Januar 2014 hat der Sachverständigenrat für Verschreibungspflicht des Bundesamts für Arzneimittel (BfArM) empfohlen, die Rezeptpflicht für die Pille danach auf Levonorgestrel-Basis aufzuheben. Dies ist die zweite Prüfung durch dieses Gremium, das bereits im Jahr 2003 zu dem gleichen Ergebnis kam. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) reagiert auf die Forderungen ablehnend, dieses nach Einschätzung der WHO extrem sichere, gut und langjährig beforschte Medikament zur Notfallverhütung aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Selbst der Bundesrat hat im Juli 2013 die Bundesregierung aufgefordert, die Verschreibungspflicht von Notfallkontrazeptiva aufzuheben und im November 2013 einer entsprechenden Verordnung zugestimmt.

    Als Gründe nennt der Gesundheitsminister mögliche schwere Nebenwirkungen und eine in Deutschland angeblich stets verfügbare schnelle ärztliche Versorgung und Beratung. Aufgrund der wissenschaftlichen Datenlage, gesundheitspolitischer Erwägungen und Public Health Aspekten ist diese Ablehnung nicht nachvollziehbar. Die Begründung macht deutlich: Mädchen und Frauen wird in Deutschland nicht zugetraut, selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie die Pille danach benötigen. Dabei ist dies die Praxis in inzwischen circa 90 Ländern! In fast allen Ländern funktioniert das ohne Zwischenfälle oder Komplikationen und schon heute gehen Frauen in Deutschland, die in der Nähe zu angrenzenden Ländern wohnen, in die Apotheke im Nachbarland, wenn sie die Pille danach benötigen. Das Netzwerk Frauen und Gesundheit mahnt an, gesundheitspolitische Entscheidungen sollten evidenzbasiert getroffen werden. Eine Beibehaltung der Rezeptpflicht entspricht dagegen der systematischen Verschleppung einer lange überfälligen Änderung und konterkariert die Zielsetzung des Ministers Gröhe, Frauengesundheit und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung bestmöglich zusammenzubringen.

    (Nationales Netzwerk Frauen und Gesundheit, 12.2.2014; DHZ 4/2014)

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 24.04.2014