Randomisierte klinische Studie aus Neuseeland

Kein Schutz vor Zerebralparese durch Magnesium in SSW 30–34

  • Die Forscher:innen einer randomisierten Studie aus Neuseeland berichten, dass sich die Häufigkeit von Tod und Zerebralparese in den ersten beiden Lebensjahren der Kinder nicht signifikant zwischen Magnesium- und Placebogruppe unterschieden hätten.

  • Bei einer Frühgeburt in der 3034 Schwangerschaftswoche reduziert die intravenöse Applikation von Magnesiumsulfat weder das Sterberisiko des Kindes noch das Risiko für die Entwicklung einer Zerebralparese. Zu diesem Ergebnis kommt eine randomisierte klinische Studie aus Australien und Neuseeland, die kürzlich in JAMA veröffentlicht wurde.

    Frühgeburtlichkeit ist weltweit eine der führenden Ursachen für neonatale Mortalität und Morbidität. Im Vergleich zu reifen Neugeborenen haben zu früh geborene Kinder ein höheres Risiko für eine Zerebralparese. Klinische Studien haben gezeigt, dass Magnesiumsulfat das sich entwickelnde Gehirn des Fetus vor einer Schädigung schützen kann und die Chancen des Kindes erhöht, ohne Zerebralparese zu überleben. Auf der ganzen Welt, auch in Deutschland, empfehlen Leitlinien den Einsatz von Magnesiumsulfat für die fetale Neuroprotektion.

    »Allerdings herrscht Uneinigkeit darüber, in welchem Gestationsalter das Magnesiumsulfat optimalerweise verabreicht werden sollte«, schreiben Erstautorin Caroline A. Crowther vom Liggins Institute der University of Auckland in Auckland, Neuseeland, und ihre Kolleg:innen. »Einige Fachgesellschaften empfehlen den Einsatz nur vor SSW 30, andere vor SSW 32 oder SSW 34, einige wenige auch zwischen SSW 30 und 34.« Laut deutscher Leitlinie soll die intravenöse Applikation zur fetalen Neuroprotektion bei einer Frühgeburt vor SSW 32 erwogen werden.

     

    Effekte der späten Applikation

     

    Crowther und ihre Kolleg:innen untersuchten, welchen Effekt die Gabe von Magnesiumsulfat zwischen SSW 30 und 34 hat. An der klinischen Studie nahmen an 24 australischen und neuseeländischen Krankenhäusern Schwangere teil, bei denen eine Frühgeburt in SSW 3034 erwartet wurde. Sie erhielten randomisiert entweder 4 g Magnesiumsulfat i.v. oder ein Placebo.

    Der primäre Endpunkt der Studie war eine Kombination aus Tod und Zerebralparese innerhalb der ersten beiden Lebensjahre. Von 1.433 Schwangeren und ihren 1.679 Neugeborenen konnten 1.365 (81 %) – 691 in der Magnesiumgruppe und 674 in der Placebogruppe – in die Primäranalyse aufgenommen werden.

    Die Forschenden um Crowther berichten, dass sich die Häufigkeit von Tod und Zerebralparese in den ersten beiden Lebensjahren der Kinder nicht signifikant zwischen Magnesium- und Placebogruppe unterschieden habe.

    In der Magnesiumgruppe trat der primäre Endpunkt bei 3,3 % der Kinder und in der Placebogruppe bei 2,7 % der Kinder ein. Das adjustierte relative Risiko (aRR) betrug 1,19 (95-%-KI; 0,65-2,18). Auch die beiden Komponenten des primären Endpunkts – Tod oder Zerebralparese – zeigten für sich genommen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

     

    Unterschiede bei sekundären Endpunkten

     

    In der Magnesiumgruppe trat während des Krankenhausaufenthaltes seltener ein Atemnotsyndrom des Neugeborenen (34 vs. 41 %; aRR 0,85; 95-%-KI 0,76-0,96) oder eine chronische Lungenerkrankung (5,6 vs. 8,2 %; aRR 0,69; 95-%-KI 0,48-0,99) auf. Schwere Nebenwirkungen gab es nicht. Aber Nebenwirkungen waren bei den Schwangeren, die das Magnesiumsulfat erhalten hatten, häufiger als in der Placebogruppe (77 vs. 20 %; aRR 3,76; 95-%-KI 3,22-4,39).

    In der Magnesiumgruppe hatten weniger Schwangere eine Kaiserschnittentbindung als in der Placebogruppe (65 vs. 61 %, aRR 0,91; 95-%-KI 0,84-0,99), aber mehr Frauen eine schwere postpartale Blutung (3,4 vs. 1,7 %; aRR 1,98; 95-%-KI 1,01-3,91).

    »Schwangeren im Vorfeld einer Frühgeburt in SSW 30–34 intravenös Magnesiumsulfat zu verabreichen, verbessert weder das Überleben des Kindes noch reduziert es das Risiko für eine Zerebralparese in den ersten beiden Lebensjahres des Kindes«, fassen Crowther und ihre Kolleg:innen zusammen. Sie weisen aber darauf hin, dass die Studie nicht über ausreichend statistische Kraft verfügt habe, um kleine Unterschiede zwischen den Gruppen nachweisen zu können.

    Quelle: Crowther, C. A., Ashwood, P., Middleton, P. F., McPhee, A., Tran, T., Harding, J. E., & MAGENTA Study Group (2023). Prenatal Intravenous Magnesium at 30-34 Weeks' Gestation and Neurodevelopmental Outcomes in Offspring: The MAGENTA Randomized Clinical Trial. JAMA, 330(7), 603–614. https://doi.org/10.1001/jama.2023.12357 · aerzteblatt.de, 30.8.23 · DHZ

     

    Rubrik: Schwangerschaft

    Erscheinungsdatum: 12.09.2023