Kinder sollen in Adoptionsrechtsstreit angehört werden
Auch wenn ein Kind nicht weiß, dass es bei Pflegeeltern aufwächst, muss es dem Bundesgerichtshof (BGH) zufolge in einem Rechtsstreit um eine Adoption nach Möglichkeit angehört werden. Davon könne bei Minderjährigen nur abgesehen werden, wenn Nachteile für die Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit befürchtet würden oder wegen des geringen Alters keine Aufklärung zu erwarten sei, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. »Ist danach eine Anhörung des Kindes insbesondere mit Rücksicht auf dessen Alter durchführbar, so darf sie nicht allein deswegen unterbleiben, weil das Kind nicht darüber informiert ist, dass es von seinen sozialen Eltern abweichende (leibliche) Eltern hat.«
Im konkreten Fall hatte eine drogenabhängige Mutter das Kind den Angaben nach Ende März 2017 in Hamburg als Frühgeburt geboren. Das Baby habe unter anderem wegen eines Entzugssyndroms intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Die Frau habe den Kontakt abgebrochen, ihr Aufenthalt sei unbekannt. Das Jugendamt nahm das Kind demnach im April in Obhut und wurde kurz darauf zum Vormund bestellt. Seit Juli 2017 lebe das Kind bei Adoptivpflegeeltern.
Die Mutter hatte den leiblichen Vater laut BGH erst später über eine Anwältin benannt. Er sei mehr als einmal straffällig und im Gefängnis gewesen, habe Drogen konsumiert und eine Suchttherapie gemacht. Er verweigerte den Angaben nach seine Einwilligung in die Adoption, woraufhin das Jugendamt als Vormund im Namen des Kindes beantragte, dass das Familiengericht die Einwilligung ersetze. Das Amtsgericht Hamburg folgte dem Antrag, das Oberlandesgericht Hamburg wies ihn auf Beschwerde des Kindsvaters zurück. Dagegen ging das Jugendamt vor.
Dem BGH zufolge kann eine Einwilligung nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen ersetzt werden. Bei der Abwägung der Kindesbelange mit dem Elternrecht des leiblichen Vaters sei auch zu beachten, dass die Adoption nicht (mehr) zwangsläufig mit einem Kontaktabbruch zwischen Vater und Kind verbunden sei, heißt es in Leitsätzen, die die obersten Zivilrichter in Karlsruhe verfassten. Nun muss sich das Oberlandesgericht nochmals mit dem Fall befassen (Az. XII ZB 485/21).
Quelle: dpa, 24.1.2024 ∙ DHZ