Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF)

Kontroverse Debatte um Eizellspende und Leihmutterschaft

  • Kritische Haltungen zur Machbarkeit in der Reproduktionsmedizin wurden auf der Fachtagung zum 30-jährigen Bestehen des AKF in Berlin deutlich. Die derzeitige Debatte um Änderungen im Embryonenschutzgesetz bot Anlass für gemeinsame Reflexionen.

  • Der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft (AKF) sieht derzeitige Bestrebungen kritisch, die Eizellspende und altruistische Leihmutterschaft in Deutschland zu legalisieren. Dies wurde auf seiner Jubiläums-Fachtagung zum 30-jährigen Bestehen vom 3. bis 5. November in Berlin deutlich. Sehr kontrovers diskutierte der Zusammenschluss von unabhängigen Frauengesundheitsorganisationen in Berlin verschiedene Aspekte der reproduktiven Selbstbestimmung und eine eventuelle Änderung des derzeit geltenden Embryonenschutzgesetzes. Hintergrund für die Debatte sind die derzeit laufenden Beratungen der durch die Bundesregierung berufenen »Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin«, die momentan die Möglichkeiten zur Legalisierung prüft.

    Gynäkologin Silke Koppermann, AFK-Mitglied und Mitglied der Kommission Repromedizin der Ärztekammer Hamburg, sieht die Gefahr einer Ausweitung der Nachfrage bei bestehendem Angebot. Reproduktive Selbstbestimmung ende da, wo kommerzielle Aspekte vorherrschten und Dritte benutzt würden. Auch Kinderwünsche queerer Menschen könnten anders erfüllt werden.

    Für Monika Knoche, früher Bundestagsabgeordnete für die Grünen und die Linke, sind Eizellspende und Leihmutterschaft keine Zeichen für Emanzipation und Gleichstellung. Die Zuschreibung von Weiblichkeit und »weiblichen Diensten« werde noch verfestigt, wenn Frauen, die auf Geld angewiesen seien, als Eizellgeberinnen und Leihmütter benutzt würden, sagte sie.

    Monika Bals-Pratsch, Reproduktionsmedizinerin und langjährige Sprecherin der Ärztinnen in der Reproduktionsmedizin (ÄRE) sowie Mitglied im Deutschen Ärztinnenbund (DÄB), wies auf die Notwendigkeit einer Gesetzesreform hin. Die Ärzt:innen  in der Reproduktionsmedizin benötigten Rechtssicherheit und den Paaren in Deutschland müsse eine legale Alternative zu kommerziellen Eizellspenden im Ausland ermöglicht werden.

    Eine andere Perspektive eröffnete Angelika Linckh, Frauenärztin und Mitglied der Gynäkologinnen im AKF. Sie wies eindrücklich auf die Risiken für die Eizellgeberin bei einer Eizellspende hin. Die notwendige hormonelle Behandlung führe häufig zu wechseljahrähnlichen Beschwerden, zu Übelkeit, Stimmungsschwankungen, selten auch zu schweren krankenhauspflichtigen Überstimulationen mit Wasseransammlung in Bauch und Lunge, Luftnot und/oder mit Beeinträchtigungen der Leber- und Nierenfunktion. Zudem könne die invasive Abpunktion der Eizellen zu Blutungen führen, die eine Beeinträchtigung der eigenen Fruchtbarkeit der Geberin zur Folge haben könnten.

    Aber auch für die Eizellnehmerin gebe es Risiken, sagte Linckh. Eine Schwangerschaft nach künstlicher Befruchtung mit fremden Eizellen habe im Vergleich zu einer IVF-Behandlung mit eigenen Eizellen besondere Risiken durch die erhöhte Fremdantigenität des Embryos. Dies könne zu verstärkten entzündlichen Gegenreaktionen im Körper der Schwangeren führen. Außerdem würden häufiger Gestationsdiabetes sowie prä- und postpartale Blutungen auftreten.

    Dorothee Kleinschmidt, Ärztin und Systemische Familientherapeutin im Beratungsnetzwerk Kinderwunsch Deutschland und pro familia, setzte sich vor allem für eine gerechtere Fortpflanzungsmedizin ein. Unabdingbar seien vor allem eine gerechte Finanzierung der Behandlung, die Durchsetzung eines reformierten Abstammungsrechtes, die flächendeckende Etablierung des Single-Embryo-Transfers und eine Legalisierung der Eizellabgabe unter strengen Auflagen. Eine Leihmutterschaft lehnt Kleinschmidt dagegen ab, da die Selbstbestimmung der Frau dabei nicht mehr gegeben sei. »Das ist eine ganz andere Kategorie als Eizellspende«, sagte sie.

    Quelle: aerzteblatt.de, 3.11.23 · DHZ

     

     

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 08.11.2023