Register- und Fall-Kontrollstudie aus Schweden

Perinatale Depressionen und Autoimmunerkrankungen bidirektional assoziiert

  • Ergebnisse einer Registerstudie aus Schweden deuten auf eine immunologische Komponente bei der perinatalen Depression hin.

  • Frauen mit einer Autoimmunerkrankung leiden während der Schwangerschaft und nach der Geburt häufiger an Depressionen. Umgekehrt haben Frauen mit einer perinatalen Depression in den Folgejahren ein erhöhtes Risiko, eine Autoimmunerkrankung zu entwickeln. Dies zeigt eine epidemiologische Studie in Molecular Psychiatry.

    Studien bei Patient:innen mit schweren Depressionen haben gezeigt, dass es während der akuten Depression häufig zu einem Anstieg von Entzündungsmarkern wie C-reaktivem Protein, Interleukin 6 und 12 und dem Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) kommt. Erhöhte Entzündungsparameter sind ein Kennzeichen von Autoimmunerkrankungen. Die Epidemiologin Emma Bränn vom Karolinska Institut in Stockholm und ihr Forschungsteam haben jetzt nach einer Verbindung zwischen der perinatalen Depression und Autoimmunerkrankungen auf der epidemiologischen Ebene gesucht.

    Durch den Abgleich des Geburtenregisters mit Patientinnenregistern und den Verordnungen von Antidepressiva ermittelten sie 55.299 Frauen, die in den Jahren 2001-2013 vermutlich an einer perinatalen Depression erkrankt sind.

    In einer eingebetteten Fall-Kontroll-Studie wurden jeder dieser Patientinnen zehn Frauen ohne Depressionen gegenübergestellt. Die Analyse ergab, dass die Frauen mit perinataler Depression zu 30 % häufiger zuvor schon wegen Autoimmunerkrankungen in Behandlung waren.

    Die adjustierte Odds Ratio von 1,30 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,25 bis 1,35 statistisch signifikant. Die Assoziation wurde auch in einer Analyse gefunden, in der die Kontrollen aus den Schwestern der Schwangeren bestanden (Odds Ratio 1,29; 1,15-1,45).

    In einer zweiten Studie untersuchten die Epidemiolog:innen, ob Frauen mit perinataler Depression im späteren Leben häufiger eine Autoimmunerkrankung entwickeln. Tatsächlich bestand auch hier eine Assoziation: Die Frauen, die während und nach der Geburt unter einer Depression litten, erkrankten zu 30 % häufiger an einer Autoimmunerkrankung: Adjustierte Hazard Ratio 1,30 (1,25-1,36). Vergleichbare Ergebnisse wurden in der Geschwisteranalyse gefunden mit einer adjustierten Hazard Ratio von 1,33 (1,12-1,58).

    Die stärkste bidirektionale Assoziation bestand mit der Multiplen Sklerose (MS): Diese Patientinnen erkranken nach einer Schwangerschaft fast doppelt so häufig an einer perinatalen Depression (adjustierte Odds Ratio 1,96; 1,64-2,34), und Frauen mit einer perinatalen Depression hatten in den Folgejahren ein erhöhtes Risiko, an einer MS zu erkranken (adjustierte Hazard Ratio 1,79; 1,03-3,11).

    Ein deutlich erhöhtes Risiko auf eine perinatale Depression hatten auch Patientinnen mit Morbus Addison, Myasthenia gravis, Morbus Behçet und der Polymyalgia rheumatica. Bei der autoimmunen Thyroiditis, der Psoriasis, der Colitis ulcerosa und der Zöliakie waren die Assoziationen bidirektional.

    Insgesamt deuten die Ergebnisse auf eine immunologische Komponente bei der perinatalen Depression hin, deren Hintergründe jedoch weitgehend im Dunkeln liegen.

    Quelle: Bränn, E., Chen, Y., Song, H., László, K. D., D'Onofrio, B. M., Hysaj, E., Almqvist, C., Larsson, H., Lichtenstein, P., Valdimarsdottir, U. A., & Lu, D. (2024). Bidirectional association between autoimmune disease and perinatal depression: a nationwide study with sibling comparison. Molecular psychiatry, 10.1038/s41380-023-02351-1. Advance online publication. https://doi.org/10.1038/s41380-023-02351-1 ∙ aerzteblatt.de, 23.1.2024 ∙ DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 24.01.2024