Steigende Raten in Europa
Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control, ECDC) stellt eine steigende Rate von sexuell übertragbaren Infektionen (Sexually Transmitted Infections, STI) in ganz Europa fest. Dieser Trend sei insbesondere bei Infektionen mit Chlamydien sowie bei den Geschlechtskrankheiten Gonorrhoe, Lymphogranuloma venereum (LGV) und Syphilis besorgniserregend.
So sei die Zahl der gemeldeten Gonorrhoefälle seit der Covid-19-Pandemie weiter angestiegen. Allein im Jahr 2021 gab es 46.728 bestätigte Fälle von Gonorrhoe in Europa, die das Niveau zum Zeitpunkt vor der Pandemie damit übertrafen. Mehr als die Hälfte der Fälle wurde auf gleichgeschlechtliche Sexualkontakte zwischen Männern (MSM) zurückgeführt.
Diese Entwicklung sei auch vor dem Hintergrund der steigenden Resistenzen gegen Antibiotika, wie Azithromycin und Ciprofloxacin bedenklich und erfordere eine konsequente Überwachung und Strategien zur Prävention.
Chlamydieninfektionen stiegen zwischen 2012 bis 2019 ebenfalls an. Dieser Trend wurde nur im Pandemiejahr 2020 kurz unterbrochen, was im Jahr 2021 wieder aufgeholt wurde. Am häufigsten wären junge erwachsene heterosexuelle Frauen betroffen.
Die ECDC weist besonders auf einen besorgniserregenden Anstieg der gemeldeten LGV-Fälle hin. Die durch Chlamydia trachomatis verursachte Erkrankung stelle aufgrund ihrer potenziellen langanhaltenden Komplikationen eine besondere Herausforderung dar, betonte die ECDC. Hier wären Präventionsmaßnahmen ganz besonders angebracht, insbesondere in der MSM-Population.
Als eine Kohorte, die unter besonderer Beobachtung stehen sollte, wären Personen, die eine HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) erhalten oder dafür infrage kommen. Die Dunkelziffer an LGV könnte laut Einschätzung der ECDC beträchtlich sein, da in vielen Ländern keine nationalen Überwachungssysteme für LGV vorhanden wären und eine Infektionsbestätigung durch molekulare Diagnostik nicht überall verfügbar wäre.
Im Jahr 2021 wurden in 28 Ländern der Europäischen Union beziehungsweise des Europäischen Wirtschaftsraums (EU/EWR) 25.270 bestätigte Syphilisfälle gemeldet, was einem Anstieg gegenüber 2020 entspricht, als die Fälle zum ersten Mal seit acht Jahren zurückgegangen waren. 77 % der Fälle wurden in Folge von MSM identifiziert.
Insgesamt sei die Lage im Kampf gegen STIs in Europa als äußerst kritisch zu bewerten, hob die ECDC hervor. Es wären verstärkte Anstrengungen zwischen Gesundheitsbehörden, Gesundheitsdienstleistern sowie Gemeinschaften erforderlich, um die Ausbreitung dieser Infektionen einzudämmen und ihre Auswirkungen auf Einzelpersonen und öffentliche Gesundheitssysteme abzumildern, appellierte die ECDC.
Quelle: aerzteblatt.de, 12.12.2023 ∙ DHZ