Vereinigtes Königreich

Steigende Zahl von Transgenderpersonen

  • Die Zahl der Transgenderpersonen im Vereinten Königreich ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Die Forschenden geben dabei zu bedenken, dass die Kodierung zur Transgender-Identität in klinischen Aufzeichnungen allgemeinmedizinischer Praxen lange Zeit nicht genau oder gar nicht dokumentiert wurde.

  • Zwischen den Jahren 2000 und 2018 ist die Zahl von Transpersonen im Vereinigten Königreich um das Fünffache gestiegen. Das geht aus der Analyse von mehr als 7 Millionen allgemeinmedizinischen Patient:innenakten im Vereinigten Königreich (UK) hervor.

    Am deutlichsten war der Anstieg in der Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen sowie bei Personen aus Regionen mit sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung. Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg wurden allerdings nur 0,03 % der Personen im Abrechnungssystem als Transgender kodiert, das entspricht 2.462 Personen. 2010 lag die Zahl neu kodierter Transgender-Identitäten bei 1,45 pro 100.000 (95-%-Konfidenzintervall/KI: 0,96-2,10) und 2018 bei 7,81 pro 100.000 (95-%-KI: 6,57-9,22).

    Der Anteil der Transpersonen war im Untersuchungszeitraum von 2010 bis 2018 bei den 16- bis 17-Jährigen mit 24,51/ 100.000 (95-%-KI: 10,24-14,57) am höchsten. Auch bei den 18 bis 29-Jährigen lag der Anteil mit 8,36 pro 100.000 (95-%-KI: 7,54 -9,25) vergleichsweise hoch. Zusätzlich war bei Personen aus benachteiligten Gebieten die Wahrscheinlichkeit, dass eine Transgender-Identität codiert wurde, um 59 % höher als bei Personen in den am wenigsten benachteiligten Gebieten (adjustierte Rate Ratio/RR 1,59; 95-%-KI: 1,31 - 1,92).

    Aufgrund mangelnder Informationen konnten die Forschenden den geschlechtsspezifischen Übergang nur für 54 % abschätzen. Dem Großteil dieser Personen (n = 923) wurde bei Geburt das männliche Geschlecht zugeschrieben, in 417 Fällen wurde bei der Geburt das weibliche Geschlecht notiert.

    Die Forschenden geben zu bedenken, dass die Kodierung zur Transgender-Identität in klinischen Aufzeichnungen allgemeinmedizinischer Praxen lange Zeit nicht immer genau oder gar nicht dokumentiert wurde. Die Erfassungsraten der Transgender-Identität in der Allgemeinmedizin könnten sich mittlerweile durchaus verändert haben, vermuten die Studienautor:innen.

    Die zunehmende Häufigkeit von Transgender-Codes in den Aufzeichnungen kann den Forschenden zufolge darauf hindeuten, dass immer mehr Menschen mit geschlechtsbezogenen Anliegen in die Sprechstunde kommen.

    Gründe könnten eine erhöhte Verfügbarkeit von Informationen, unterstützende Ressourcen sowie ein erhöhtes gesellschaftliches Bewusstsein und Akzeptanz sein, die alle zu einer teilweisen Entstigmatisierung der Transgender-Identität geführt hätten und es für Einzelpersonen möglicherweise einfacher machten, sich als Transgender zu outen, erklären die Autor:innen.

    Was den beobachteten Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status und Transgender-Identität anbelangt, geben die Forschenden an, dass dieser schwieriger zu ergründen sei und noch weiter erforscht werden müsse.

    Auch in Deutschland zeigt sich ein Anstieg der Transgeschlechtlichkeit. Ein Indikator dafür können beispielsweise Daten zur Hormonbehandlung sein, wobei nicht alle Transpersonen auch eine Hormonbehandlung beginnen. Davon berichtete der Kinder- und Jugendpsychiater von der Uniklinik Freiburg Georg Romer kürzlich bei einem Fachgespräch der Grünen im Deutschen Bundestag. So hätten nach einer Auswertung der Barmer-Ersatzkasse 2014 deutschlandweit 330 Jugendliche unter 18 Jahren eine Hormonbehandlung aufgrund einer Geschlechtsdysphorie begonnen, während es 2019 1.060 Jugendliche gewesen seien. Allerdings sei der Anstieg über alle Altersstufen hinweg zu beobachten, sagte Romer. So sei der Anstieg der Hormonbehandlungen bei den Jugendlichen 3,2 % gewesen, während er bei den 18- bis 30-Jährigen bei 3,5 % gelegen hätte.

    Quelle: aerzteblatt.de, 28.12.2023 ∙ DHZ

    Rubrik: Politik & Gesellschaft

    Erscheinungsdatum: 04.01.2024