Medizinischer Fortschritt

Überlebenschancen von extremen Frühgeburten gestiegen

  • Bei einer optimalen neonatologischen Betreuung überleben heute drei von vier extremen Frühgeborenen.

  • Die Überlebenschancen von extremen Frühgeburten sind in den letzten Jahren weiter gestiegen. Eine prospektive US-Studie im New England Journal of Medicine ermittelt seit 2000 einen Rückgang der Mortalität um fast zehn Prozent.

    Als extreme Frühgeburten gelten Kinder, die vor dem Ende der 28. Gestationswoche geboren wurden. Ohne medizinische Hilfe haben diese Kinder, die meistens weniger als 1.000 Gramm wiegen, kaum eine Überlebenschance. Bei einer optimalen neonatologischen Betreuung überleben heute drei von vier Kindern. Im Patientenregister des Neonatal Research Network, das von den US-National Institutes of Health eingerichtet wurde, und seit 2000 die Daten von 22.248 Kindern registriert hat, starben zuletzt (Zeitraum 2008 bis 2011) 25,8 Prozent der Kinder. Das ist fast ein Zehntel (relativ 9,6 Prozent) weniger als im Untersuchungszeitraum 2000 bis 2003, als 27,5 Prozent der Kinder starben. 

    Die Mortalitätsrate nahm erwartungsgemäß mit zunehmendem Gestationsalter ab: Von den in der 22. Woche geborenen Kindern starben 94,9 Prozent in den ersten 28 Tagen. Die Todesursache war in den meisten Fällen eine allgemeine Unreife. Bei den Kindern, die in der 28. Woche geboren wurden, betrug die Mortalitätsrate nur 7,8 Prozent. Mit zunehmendem Gestationsalter bei der Geburt konnte die Todesursache auf verschiedene Organsysteme zurückgeführt werden. Anfangs stand das Atemnotsyndrom des Frühgeborenen im Vordergrund, später waren Todesfälle häufiger auf eine nekrotisierende Enterokolitis und gegen die 28. Woche hin häufig auf eine bronchopulmonale Dysplasie zurückzuführen.

    Der Anstieg der Überlebenschancen erklärt sich laut Ravi Mangal Patel von der Emory University School of Medicine in Atlanta und Mitarbeitern zu 53 Prozent auf einen Rückgang der Todesfälle an den beiden Lungenerkrankungen (Atemnotsyndrom und bronchopulmonale Dysplasie). Auch die Zahl der Todesfälle durch allgemeine Unreife ging zurück. Keine Fortschritte wurden bei der nekrotisierenden Enterokolitis gemacht. Hier kam es zuletzt sogar zu einem Anstieg. Patel führt ihn auf die erhöhte Zahl von extremen Frühgeborenen zurück, die dank der verbesserten Behandlung trotz Unreife überlebten, dann aber die Darmkomplikation nicht überstanden. 

    Die Autoren nennen mehrere Faktoren, die für den Rückgang der Mortalität verantwortlich sein können. Dazu gehört ein steigender Anteil von Frauen, die an Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen, der häufigere Einsatz von pränatalen Glukokortikoiden, eine Zunahme der Kaiserschnittentbindungen sowie ein Rückgang im Prozentsatz der Frauen, die pränatale Antibiotika erhalten hatten. Bei den Kindern, die in der 22. und 23. Woche geboren wurden, würden die Ärzte heute häufiger eine Hochfrequenzbeatmung einsetzen, die für die Lungen schonender ist. Auch der Anteil der Mütter, die mit einer niedrigen Körpertemperatur in der Klinik aufgenommen wurden, sei gesunken.

    (Ravi, M. et al.: Causes and Timing of Death in Extremely Premature Infants from 2000 through 2011. N Engl J Med 2015; 372:331-340. January 22, 2015DOI: 10.1056/NEJMoa1403489; aerzteblatt.de, 22.1.2015)

     

     

    Rubrik: Medizin & Wissenschaft

    Erscheinungsdatum: 29.01.2015