Cochrane Review

Vaginal untersuchen?

  • Wie effektiv sind vaginale Untersuchungen zur Einschätzung des Geburtsverlaufs?

  • Die Gebärende während der Geburt vaginal zu untersuchen, zählt zu den wichtigsten Untersuchungen während des Geburtsverlaufs: Physiologische Geburtsverläufe können bestätigt und überwacht, pathologische Geburtsverläufe erkannt werden. Hierzu könnten jedoch auch andere Methoden verwendet werden: Ultraschalluntersuchungen, rektale Untersuchungen oder die Beobachtung und Einschätzung des Verhaltens der Frau.

    Obwohl Gebärende die vaginale Untersuchung als einen schmerzhaften und unangenehmen Eingriff erleben können, gehört sie zur täglichen Routine in der Geburtshilfe. Aber ist sie wirklich immer sinnvoll? Wie effektiv ist die vaginale Untersuchung zur Einschätzung des Geburtsverlaufs, je nachdem, ob sie beispielsweise in längeren oder kürzeren Intervallen durchgeführt wird?

    Zu dieser Fragestellung wurde eine systematische Übersichtsarbeit zur Evidenzlage der vaginalen Untersuchung während der Geburt im Vergleich zu anderen Methoden durchgeführt. Dazu wurden vier randomisiert-kontrollierte Studien mit Daten zu 744 Frauen und deren Neugeborenen eingeschlossen. Es war nicht möglich, eine Meta-Analyse zu erstellen, da zu jedem Kriterium nur eine zugrundeliegende Studie vorlag. Alle eingeschlossenen Studien zeigten ein hohes Risiko einer möglichen Verzerrung der Studienergebnisse – ihre Evidenzlevel wurden als gering oder sehr gering eingestuft. Im Folgenden werden die Ergebnisse der ausgewählten Studien beleuchtet.

    In einer türkischen Studie (n=83) wurde die Durchführung einer routinemäßigen vaginalen Untersuchung mit einer Ultraschalluntersuchung verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass Gebärende die routinemäßige vaginale Untersuchung als etwas schmerzhafter, als die Durchführung der routinemäßigen Ultraschalluntersuchung erlebten.

    In einer irländischen Studie (n=307) wurde die Durchführung einer routinemäßigen vaginalen mit einer routinemäßigen rektalen Untersuchung verglichen. Die Ergebnisse umfassten, dass die Durchführung einer vaginalen Untersuchung keinen oder nur einen geringen Effekt auf folgende Outcome-Parameter hatte: positive Geburtserfahrung, Chorioamnionitis, Schmerzen der Mutter.

    Eine Studie aus Großbritannien (n=150) untersuchte bei Erstgebärenden die Auswirkungen eines routinemäßigen zwei- oder vierstündigen Intervalls zwischen zwei vaginalen Untersuchungen. Eine routinemäßig durchgeführte vaginale Untersuchung im Vier-Stunden-Rhythmus zeigte im Vergleich zu einem zweistündigen Intervall keine signifikanten Vor- oder Nachteile.

    Eine malaysische Studie betrachtete Erstgebärende nach einer Geburtseinleitung (n = 204). Hier zeigte sich beim Vergleich einer routinemäßig durchgeführten vaginalen Untersuchung im vierstündigen Zeitabstand mit einem Zeitintervall zwischen den Untersuchungen nach Indikation, dass beim Vierstunden-Intervall die Anzahl der Frauen mit Wehenunterstützung leicht erhöht war. Es konnten keine oder geringe Auswirkungen auf die Rate spontaner Geburtsverläufe, Chorioamnionitis, neonatale Infektionsrate und Häufigkeit der Aufnahme auf die neonatale Intensivstation aufgezeigt werden.

    Die Autor:innen resümieren aus ihren Ergebnissen, dass anhand der Evidenzlage unklar bleibe, welche Untersuchungsmethode zur Evaluation des Geburtsfortschrittes für die werdende Mutter am effektivsten ist. Weitere Untersuchungen seien erforderlich, um die Evidenzlage der vaginalen Untersuchung während der Geburt darzulegen und Aussagen zum Geburtsverlauf und zum Geburtserlebnis der Gebärenden treffen zu können.

    Quelle: Moncrieff, G., Gyte, G. M., Dahlen, H. G., Thomson, G., Singata-Madliki, M., Clegg, A. & Downe, S. (2022). Routine vaginal examinations compared to other methods for assessing progress of labour to improve outcomes for women and babies at term. Cochrane Database Syst Rev, 3, CD010088. DOI: 10.1002/14651858.CD010088.pub3. ∙ DHZ

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 30.05.2022