Übersichtsarbeit aus den Niederlanden

Welche Rolle spielt der Geburtsplan?

  • Nicht der Geburtsplan selbst, sondern der Umgang damit scheint entscheidend für das Erleben der Geburt zu sein.

  • Ein Geburtsplan wird durch die Schwangere während der Schwangerschaft erstellt und bringt ihre Wünsche und Bedürfnisse für die Geburt zum Ausdruck. Ein solcher Plan zählt beispielsweise in den Niederlanden zu den empfohlenen Betreuungsmaßnahmen, weil »shared decision-making« als gemeinsame Entscheidungsfindung während der Geburt dadurch erleichtert werden kann.

    Das Ziel eines Scoping-Review bestand darin, aktuelle Erkenntnisse zusammenzufassen, welche Rolle einem Geburtsplan in der Praxis tatsächlich zukommt. Durchgeführt wurde eine Scoping-Überprüfung unter Verwendung einer dreistufigen Suchstrategie. Eingeschlossen wurden 21 Publikationen. Fünf Themen wurden identifiziert: der Geburtsplan als Instrument der gemeinsamen Entscheidungsfindung, Autonomie, Kontrollgefühl, Professionalität der Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen und Vertrauen.

    Der wichtigste Aspekt für den Einsatz eines Geburtsplans besteht in der Erleichterung und Unterstützung der Entscheidungsfindung einer Gebärenden rund um die Geburt. Hierbei spielen die Themenfelder Bildung/Ausbildung und Kommunikation eine zentrale Rolle.

    Verschiedene Studien heben die Autonomie während Schwangerschaft und Geburt hervor, die in Zusammenhang zum Geburtsplan von Gebärenden erlebt wurde, weil Frauen in Entscheidungsprozesse einbezogen wurden. Jedoch wird auch aufgezeigt, dass nicht allein der Geburtsplan selbst hierzu beiträgt, sondern das Erstellen schon dazu beitragen kann, existierende Ängste vor der Geburt zu minimieren, weil darüber gesprochen wird.

    Eine bessere Kommunikation von Bedürfnissen, Ängsten und Wünschen der Gebärenden geht in verschiedenen Studien mit einem geringeren Auftreten von Kontrollverlust beim Gebären einher. Gleichzeitig wird dieser Aspekt auch kritisch diskutiert, da Gebärende mit sehr strikten Vorstellungen und detailliertem Geburtsplan auf mögliche unvorhergesehene Geburtsverläufe sehr enttäuscht reagieren können, was mit schlechten geburtshilflichen Outcome-Parametern einhergehen kann.

    Professionalität der Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen wurde von Gebärenden erlebt, wenn diese Werte, Würde und Integrität der Gebärenden achteten. Dies zeigte sich im Respekt vor den im Geburtsplan ausgedrückten Wünschen. Es wurde zudem aufgezeigt, dass eine Wechselwirkung zwischen verschiedenen Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen besteht und die Einstellung der Gebärenden, der Art und Weise des Umgang mit ihrem Geburtsplan und der Einstellung der verschiedenen Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen die gemeinsame Entscheidungsfindung beeinflussen.

    Die Autor:innen resümieren, dass ein Geburtsplan die gemeinsame Entscheidungsfindung sowie die Autonomie der Gebärenden fördern kann. Jedoch scheint nicht der Geburtsplan selbst, sondern der Umgang damit entscheidend für das Erleben der Geburt zu sein: Relevant scheint die Art und Weise zu sein, wie Gebärende und verschiedene Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen den Geburtsplan nutzen, um miteinander zu kommunizieren und während des Gebärens selbst gemeinsame Entscheidungen zu treffen.

    Quelle: Shareef N, Scholten N, Nieuwenhuijze M, Stramrood C, de Vries M, van Dillen J. The role of birth plans for shared decision-making around birth choices of pregnant women in maternity care: A scoping review. Women Birth. 2023 Jul;36(4):327-333. doi: 10.1016/j.wombi.2022.11.008. Epub 2022 Dec 1. PMID: 36464597. ∙ Beate Ramsayer/DHZ

     

    Rubrik: Geburt

    Erscheinungsdatum: 06.07.2023