Frauen erleben eine vaginale Untersuchung während der Geburt häufig als belastend, tolerieren sie jedoch meist, da sie diese als unvermeidbar einschätzen.

Die vaginale Untersuchung während der Geburt wird kontrovers diskutiert: Einerseits gilt die vaginale Untersuchung als wesentliches Beurteilungsinstrument und routinemäßig häufig durchgeführter Eingriff im Geburtsverlauf. Das Ergebnis soll die Weite und Konsistenz des Muttermundes sowie die Einstellung des vorangehenden Teils beschreiben. Die Ergebnisse der vaginalen Untersuchung können auf einem Partogramms grafisch dargestellt werden und haben Einfluss auf Folgeentscheidungen.

Andererseits existieren Berichte von Frauen, die eine vaginale Untersuchung als Eingriff erleben. Dieser kann erhebliche Belastungen verursachen, als peinlich erfahren werden und Schmerzen hervorrufen. Am Beispiel der vaginalen Untersuchung prallen eine »medizinische Sichtweise« unter dem Aspekt der Notwendigkeit, »etwas zu tun« auf die zugrundeliegende Philosophie einer »wachsamen Aufmerksamkeit« (de Jonge et al., 2021).

Ein Forscher:innenteam aus Schottland hinterfragte aus diesen Gedanken heraus kürzlich die Durchführung der vaginalen Untersuchung während der Geburt: Wie schätzen Frauen die vaginale Untersuchung während der Geburt ein?

Erfahrungen von Frauen

Durchgeführt wurde eine meta-ethnografische Synthese auf der Grundlage von Noblit und Hare (France et al., 2019). Eingeschlossen wurden sechs qualitative und Mixed-methods-Studien aus vier Ländern,  publiziert zwischen 2000 und 2023, zum Themenkomplex der Erfahrungen von Frauen mit der vaginalen Untersuchung während der Geburt.

Die Ergebnisse bringen zum Ausdruck, dass Frauen eine vaginale Untersuchung häufig als schmerzhaft und belastend empfinden, die Untersuchung selbst jedoch meist tolerieren, da diese als notwendig und unvermeidbar eingeschätzt wird. Dies spiegelt einen inneren Konflikt wider, den Gebärende erleben. Er wird beispielsweise mit folgender Aussage zum Ausdruck gebracht: »Ich kann es tolerieren ... es gibt einfach keinen anderen Weg. Gebären ist einfach so ...«.

Dabei wird der Kontext, in dem eine vaginale Untersuchung stattfindet, von Frauen als entscheidend auf das Erleben der vaginalen Untersuchung eingeschätzt: So wirken sich das Wahren der Privatsphäre und eine kontinuierliche Betreuung durch eine Hebamme positiv auf das Erleben der vaginalen Untersuchung aus.

Resümee

Die Autor:innen schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass die vaginale Untersuchung in der Praxis als Anhaltspunkt zur Sichtbarmachung des Prozesses des Gebärens dient, dies jedoch einer frauenzentrierten Sichtweise widersprechen kann. Daher empfehlen sie, die Sichtweise gebärender Frauen selbst umfassender zu erforschen und als Hebamme eine kritische Haltung gegenüber routinemäßig durchgeführten vaginalen Untersuchung einzunehmen.

Sie empfehlen einen Fokus auf die Gebärende und nicht auf ihre Zervix während des Geburtsprozesses und raten zu weiterer Forschung unter dem Fokus der Förderung physiologischer Prozesse: Weniger invasive intrapartale Beurteilungsinstrumente sollten demnach als Alternative zur Durchführung der vaginalen Untersuchung etabliert und evaluiert werden.

Quellen:

de Jonge, A., Dahlen, H., & Downe, S. (2021). 'Watchful attendance' during labour and birth. Sexual & reproductive healthcare : official journal of the Swedish Association of Midwives, 28, 100617. https://doi.org/10.1016/j.srhc.2021.100617

France, E. F., Cunningham, M., Ring, N., Uny, I., Duncan, E. A., Jepson, R. G., Maxwell, M., Roberts, R. J., Turley, R. L., Booth, A., Britten, N., Flemming, K., Gallagher, I., Garside, R., Hannes, K., Lewin, S., Noblit, G. W., Pope, C., Thomas, J., Vanstone, M., … Noyes, J. (2019). Improving reporting of meta-ethnography: The eMERGe reporting guidance. Journal of advanced nursing, 75(5), 1126–1139. https://doi.org/10.1111/jan.13809

Jenkins, H., Jessiman, W. C., Hubbard, G., & O'Malley, C. (2023). Exploring women's experiences, views and understanding of vaginal examinations during intrapartum care: A meta-ethnographic synthesis. Midwifery, 124, 103746. Advance online publication. https://doi.org/10.1016/j.midw.2023.103746

Beate Ramsayer/DHZ