Prävention

Strategien für die Begleitung von Gebärenden in die Klinik

Berichte verzweifelter werdender Eltern häufen sich, die nicht gemeinsam zur Geburt in den Kreißsaal hineingelassen werden. Ziel der Maßnahme ist es, die Personenzahl und damit das Infektionspotenzial in diesem Klinikbereich zu reduzieren. Dies stellt einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen darstellt. Die DGGG hat sich bereits früh und eindeutig gegen diese Praxis ausgesprochen (DGGG 2020).

Werdende Eltern und ihr Kind sind eine besonders schützenswerte Einheit in einer extremen und einmaligen Lebenssituation. Vor allem, wenn keine Eins-zu-Eins-Betreuung möglich ist, bedeutet der erzwungene Verzicht auch eine Begleitperson unter Umständen lange Zeiten des Alleinseins in der Geburt.

Gesunde Schwangere wie Säuglinge gehören nicht zu den Hochrisikogruppen (siehe Jäger H. „Corona-Virus: Besondere Schutzmaßnahmen“ sowie Klimmer M. „SARS-CoV-2 bei Schwangeren und Müttern: Corona im Kreißsaal“). Daher sollten vor solch einschneidenden Entscheidungen alle anderen Vorsorge-Möglichkeiten geprüft werden. Bisher gibt es in der Praxis verschiedene Strategien, um das Risiko einer nosokomialen Infektion für Personal und PatientInnen zu senken.

Die Maßnahmen

Vor Eintritt in die Klinik sollte die Anamnese erfolgen, etwa am Telefon sollten die Personen per Anamnese auf Symptome einer möglichem SARS-CoV-2-Infektion befragt werden, wie nach trockenem Husten, Fieber, Schnupfen, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit, Atemnot, auch Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Konjunktivitis, Hautausschlag, Lymphknotenschwellung, Apathie und Somnolenz (RKI 23.3.2020, siehe auch Klimmer). Ein Kontakt zu infizierten Personen oder der Aufenthalt in Risikogebieten sollten ebenfalls ausgeschlossen werden (siehe DEGAM).

  • Eine Besucherkarte für den Kreißsaal, so dass nur eine namentlich eingetragene Person Zugang hat.
  • Frauen, die mit unsicherem Befund kommen, beispielsweise in der Latenzphase, betreten zunächst alleine der Kreißsaal, bis geklärt ist, ob sie zur Geburt bleiben werden.
  • Hebammen sollten ohnehin über ausreichend Schutzmasken und Schutzkleidung verfügen. Ebenso könnten werdende Väter FFP2-Gesichtsmasken tragen. Diese senken das Infektionsrisiko für die anderen Anwesenden.
  • Eine Eins-zu-eins-Betreuung und der ausschließliche Verbleib der diensthabenden Hebammen im Kreißsaalbereich senkt massiv die Zahl der Kontakte, mit der Hebammen sich infizieren könnten.
  • Im Kreißsaal die Begleitperson in die hygienische Händedesinfektion einweisen und einen festen Platz zuweisen, der ihn möglichst wenig in die Nähe von Hebammen und ÄrztInnen bringt, so dass nach Möglichkeit mindestens ein Meter Abstand eingehalten werden kann.
  • Hebammen-Teilteams bilden, die immer gemeinsam arbeiten, damit notfalls nur ein Teil der Belegschaft betroffen ist, wenn eine Infektion beim Personal um sich greift. Abstand bei den Übergaben einhalten!
  • Gebärende mit Grunderkrankungen wie koronaren Herzerkrankungen, Diabetes, Hypertonie und anderen Herzkreislauf-Erkrankungen benötigen einen besonderen Infektionsschutz und könnten möglichst von einer Hebamme betreut werden, die nicht gleichzeitig auch noch andere Frauen und Paare betreuen muss.
  • Mit den freiberuflichen Hebammen eine ambulante Nachsorge organisieren, um gesunde Frauen und Kinder postpartal nicht auf eine Station verlegen zu müssen.
  • Vor einem prinzipiellen Ausschluss gesunder werdender Väter könnte sogar über eine freiwillige Quarantäne der Familie ab etwa drei Wochen vor dem Geburtstermin nachgedacht werden.
Rubrik: Covid-19 Praxis

Erscheinungsdatum: 03.04.2020