Neonatale Hypoglykämien

Unterzuckern Kinder nach der Geburt, ist dies schnell lebensbedrohlich. Anders als bei Erwachsenen sind die Symptome oft weniger spezifisch und sollten daher unbedingt richtig gelesen werden. Warum stürzen Kinder in eine Hypoglykämie und wie wird sie bestmöglich behandelt? Susann Empting, Prof. Dr. med. Klaus Mohnike
  • Bei einer zu niedrigen Plasmaglukose ist das Gehirn unzureichend versorgt – insbesondere beim jungen Säugling ist diese Gefährdung jedoch nicht immer leicht erkennbar.

Während unmittelbar nach der Geburt häufig niedrige Glukosewerte von minimal 50 mg/dl (2,8 mmol/l) (Thornton et al., 2015) auch bei normalgewichtigen, gesunden Reifgeborenen auftreten können, ist später, nach den ersten 48 Lebensstunden ein Wert der Plasmaglukose (PG) von etwa 3,9 bis 6,7 mmol/l (entspricht 70–120 mg/dl) zu erwarten (Gandhi, 2017; Thornton et al., 2015). Die PG ist in allen Altersstufen Ergebnis von Nahrungsaufnahme, Glukoseproduktion und -verbrauch und unterliegt einer hormonellen Steuerung. Bei einer PG unter 2,8 mmol/l (=50 mg/dl) ist das Gehirn unabhängig von der Ursache unzureichend versorgt, jedoch ist insbesondere beim jungen Säugling diese Gefährdung nicht immer leicht erkennbar. Diese Situation wird als Neuroglykopenie bezeichnet und ruft Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Verwirrtheitszustände oder sogar Koma und Krampfanfälle hervor (Thornton et al., 2015).

Bei jungen Säuglingen können diese Hypoglykämien unter unspezifischen Zeichen wie Fütterungsschwierigkeiten, Muskelhypotonie, Zyanose, Tachypnoe oder Hypothermie verborgen sein (Thornton et al., 2015). Mit der Manifestation unter dem Bild eines plötzlichen Krampfanfalls muss jedoch vor allem im Neugeborenen- und frühen Säuglingsalter gerechnet werden. Schwitzen, Blässe, Zittern und Tachykardie sind zwar typische klinische Zeichen, können aber fehlen. Sie sind lediglich Zeichen einer hormonellen Gegenregulation, insbesondere einer vermehrten Katecholaminausschüttung.

Bei den genannten unspezifischen Symptomen ist eine Bestimmung der PG notwendig. Wird eine PG unter 2,8 mmol/l (=50 mg/dl) gemessen, sollte zusätzlich ß-Hydroxybutyrat (ßOHB, Blutteststreifen Ketostix) bestimmt werden. ßOHB-Werte < 0,6 mmol/l während der Hypoglykämie sprechen für einen hypoketotischen Hyperinsulinismus (HI) als eine der bedrohlichsten Formen einer Hypoglykämie (Thornton et al., 2015). Charakteristisch für den HI sind wiederkehrende Hypoglykämien bei gleichzeitig verminderten Ketonen und freien Fettsäuren (Thornton et al., 2015).

 

Genetisch oder vorübergehend?

 

Nur etwa 30 % der Neugeborenen mit HI haben tatsächlich ein für das Gestationsalter zu hohes Gewicht (large for gestational age, LGA)(Pasquini et al., 2022). Eine vergleichsweise häufige Sonderform (1:1.500 Neugeborene) ist der transitorische, vorübergehend auftretende Hyperinsulinismus (Stanley et al., 2015; Yau & Stanley, 2019).

Ursächlich ist eine in der Fetalzeit physiologisch niedrigere Glukoseschwelle für die Insulinfreisetzung zu vermuten, die für die fetale Insulinwirkung auf das Wachstum auch in Hungerphasen der Mutter von Bedeutung wäre. Der höhere Glukoseverbrauch bei schwierigen Geburtsumständen (stressinduzierter Hyperinsulinismus) ist laborchemisch kaum vom genetisch bedingten, permanenten (congenitalen) Hyperinsulinismus zu differenzieren. Bei dieser Form des transitorischen und nicht-ketotischen HI können Hypoglykämien über Wochen und Monate bestehen bleiben, dann aber spontan ausheilen. Demgegenüber ist der Hyperinsulinismus infolge diabetischer Stoffwechsellage der Mutter nur für wenige Tage manifest.

Unabhängig von diesen Ursachen haben alle Neugeborenen und Säuglinge mit Hyperinsulinismus ein hohes Risiko für permanente Hirnschäden, da neben dem Glukosemangel auch alternative Energiequellen aus dem Fettsäureabbau (Ketone) fehlen (Lord et al., 2015; Ludwig et al., 2018).

Daher muss diese nicht-ketotische Form der Hypoglykämie bereits unmittelbar in der Neugeborenenperiode abgeklärt werden (Thornton et al., 2015). Aussagekräftig ist ein Glukagontest (0,1 mg/kg KG). Ein Glukoseanstieg um mehr als 30 mg/dl (> 1,7 mmol/l) ist charakteristisch für einen Hyperinsulinismus, da er mit einer verstärkten Leberglykogenspeicherung einhergeht. Jedoch sind erhöhte periphere Insulinkonzentrationen nicht immer nachweisbar, da innerhalb von 3–5 Minuten etwa 50–80 % des zirkulierenden Insulins durch die Clearance in der Leber abgebaut wird (Tokarz et al., 2018).

 

Diagnostik

 

Bereits die Körpermaße tragen zur rationalen Klärung der Hypoglykämieursachen bei. Während bei Mangelgeborenen (SGA) mit einer Unreife der glukoneogenetischen Enzyme typischerweise ein zarter Körperbau mit wenig prominenter Muskelmasse besteht, weisen Neugeborene von unzureichend in der Schwangerschaft behandelter diabetischer Mütter oder Kinder mit Wiedemann-Beckwith-Syndrom (WBS) bereits ein für das Gestationsalter zu hohes Geburtsgewicht auf (Zenker et al., 2023b). Bei Kardiomegalie im Neugeborenenalter sollte immer nach Hypoglykämien gefahndet werden (Banerjee et al., 2012).

 

 

 

Abbildung: Lokalisationsdiagnostik mittels F18-DOPA-PET/CT bei einem Säugling mit rezidivierenden Hypoglykämien. Vom gesunden Vater wurde eine Mutation im ABCC8-Gen vererbt. Im Pankreaskopf ist die verstärkte Anreicherung des Tracers F18-DOPA durch die deutliche Anfärbung und durch CT-Kontrastmittel die Lokalisation des Fokus in Bezug zu den Blutgefäßen erkennbar.
Aufnahme: © Prof. W. Mohnike, DTZ Berlin

Für die Diagnose gibt die Dauer der Nüchterntoleranz bereits einen Hinweis auf Ursachen der gestörten Glukosehomöostase. Situationen mit gesteigertem Glukoseverbrauch, beispielsweise beim angeborenen Hyperinsulinismus, haben eine nur geringe Nüchterntoleranz.

Demgegenüber sind Störungen der Glukosebereitstellung, beispielsweise aus den Glykogenspeichern der Leber, erst nach 2 bis 3 Stunden bemerkbar, wenn die Glykogenvorräte zum Erhalt der Glukosehomöostase herangezogen werden müssen(Weinstein et al., 2018).

Ein typisches Beispiel sind die Glykogenosen: Nachdem die Glykogenvorräte aufgebraucht sind, wird die Blutzuckerkonzentration vor allem über die Glukoneogenese stabilisiert und somit erst nach einer fortgeschrittenen Nüchternphase klinisch auffällig.

In den folgenden Lebenswochen sind weitere Störungen der Energiebereitstellung, beispielsweise Enzymdefekte der Fettsäureoxidation oder der Glukoneogenese sowie ein Mangel an Gegenspielern des Insulins, Kortisol und Wachstumshormon, mögliche Ursachen, die sich sowohl mit als auch ohne ßOHB (<0,6 mmol/l) in der Hypoglykämie manifestieren (Maiorana et al., 2022).

 

Besondere Krankheitsbilder

 

Angeborener Hyperinsulinismus (HI):

Diese Erkrankung beruht auf einer Störung der glukosekontrollierten Insulinsekretion mit einer Inzidenz von etwa 1:25–50.000 Geburten (Pasquini et al., 2022). Es ist eine heterogene Krankheitsgruppe, denen eine Entkopplung zwischen Signal (Plasmaglukose) und Hormonsekretion (Insulin) zugrunde liegt (Empting et al., 2021; Pasquini et al., 2022).

Verschiedene genetische Ursachen führen zu histologisch unterscheidbaren diffusen, fokalen und atypischen Formen des Congenitalen Hyperinsulinismus (CHI) (Adzick et al., 2019; Mohnike et al., 2014; Stanley, 2016; Yau & Stanley, 2019; Zenker, Mohnike, & Palm, 2023a). Biallelisch (wenn beide Allele eines Gens betroffen sind), rezessiv vererbte und heterozygot dominante Varianten dieser Gene (ABCC8 oder KCKJ11) verursachen eine diffuse Form des CHI (Elsheikh & Shyng, 2023). Bei dieser Form sind alle Zellen des Pankreas betroffen. Im Kindesalter aber auch vielfach lebenslang ist eine medikamentöse Behandlung notwendig. In der Vergangenheit wurde häufig als ultima ratio die ganze Bauchspeicheldrüse entfernt (Adzick et al., 2019).

Im Gegensatz dazu kann auch ein umschriebener Abschnitt, ein so genannter Fokus des Pankreasgewebes einen ausgeprägten Hyperinsulinismus verursachen, wenn die mütterlichen Gene nicht exprimiert werden, aber die vom gesunden Vater vererbte pathologische Variante zusätzlich eine verstärkte Proliferation aufweist (Banerjee et al., 2013; Banerjee et al., 2011; Wieland et al., 2022).

Bei etwa 30–50 % der HI-Patient:innen tritt diese Besonderheit auf (Banerjee et al., 2013; De Leon & Stanley, 2007; Thornton et al., 2015). Dabei verursacht der kleine Fokus, häufig nicht größer als 5 mm im Durchmesser, schwere Hypoglykämien (siehe Abbildung).

Klinische Symptome wie die Makrosomie oder Laborbefunde sind nicht von der diffusen Form zu unterscheiden. Therapie der Wahl für diese Formen ist die gezielte Fokusresektion mit dem Ziel einer lebenslangen stabilen Euglykämie. Wesentlich für den Erfolg ist eine multidisziplinäre Zusammenarbeit von Pädiatrischen Endokrinolog:innen, Nuklearmediziner:innen, Neonatolog:innen, Intensivmediziner:innen, Operationsteam und histologisch erfahrenem Pathologen (Barthlen et al., 2016; Mohnike et al., 2014; Palladino & Stanley, 2011; Thornton et al., 2015; Vossschulte et al., 2022).

Proteinsensitiver Hyperinsulinismus

Bereits 1954 wurde eine dominant vererbte, nahrungsvermittelte Form des Hyperinsulinismus als Leucin-sensitive Hypoglykämie beschrieben – Leucin ist eine Aminosäure (Drash & Wolff, 1964; Magge et al., 2004; Thornton et al., 2022). Der proteinsensitive HI bei Hyperinsulinismus-Hyperammonämie-Syndrom (HI-HA) und eine weitere über die Enzymaktivität der Glutamat-Dehydrogenase (GDH) vermittelte Störung im Stoffwechsel der kurzkettigen Fettsäuren (SCHAD/Short-Chain-3-Hydroxy-Acyl-CoA-Dehydrogenase). Die Glutamat-Dehydrogenase (GDH) ist ein mitochondriales Enzym in Leber, Niere und Gehirn, dass den Abbau von Glutamat zu α-Ketoglutarat und Ammoniak reguliert (Mannisto et al., 2020; Stanley, 2009).

Missense-Mutationen im kodierenden Gen GLUD1 verstärken die Insulinsekretion, insbesondere nach leucin- oder proteinreicher Nahrung, und führen zu leichten Erhöhungen des Ammoniakspiegels, die jedoch toleriert werden und nicht mit den schwerwiegenden Formen einer Harnstoffzyklusstörung vergleichbar sind.

Neurologische Symptome des HI-HA werden auf einen Mangel des Neurotransmitters Glutamat zurückgeführt. Neben DZX (5-15 mg/kg/d) werden zusätzliche Kohlenhydrate zur Verhinderung einer proteininduzierten Hypoglykämie empfohlen. Das Enzym SCHAD wirkt hemmend auf die GDH-Aktivität. Mutationen im SCHAD-Gen verstärken daher die Wirkung der GDH in der Leber auf die leuzinstimulierte Insulinsekretion und führen nicht zu einer Ammoniakerhöhung.

Glucokinase (GCK) Hyperinsulinismus

Etwa 2–4 % der Patient:innen mit HI haben eine Störung des Enzyms Glucokinase, die zu einer verstärkten Glukoseverarbeitung führt (Pasquini et al., 2022; Snider et al., 2013). Dadurch wird die PG-Schwellkonzentration verändert und auch bei PG-Werten im normalen Referenzbereich Insulin vermehrt sezerniert.

Das klinische Bild ist sehr variabel im zeitlichen Verlauf, der Schwere und Therapieansprechen, vermutlich als Folge der Funktionsstörung in den Leberzellen (Leberglykogen-Stoffwechsel) und in den Glucagon-produzierenden Alpha-Zellen des Pankreas. Im Gegensatz dazu führt ein Funktionsverlust der GCK zum MODY-Diabetes (Gloyn & Ellard, 2006).

Zur Behandlung ist neben dem Vermeiden von Hungerphasen auch ein medikamentöser Therapieversuch angezeigt(Diazoxid, Octreotid) . Auch innerhalb einer Familie kann die Behandlung sehr verschieden sein. Pankreasoperationen können nur als ultima ratio angesehen werden.

Wiedemann-Beckwith-Syndrom

Eine weitere Form des HI kann durch das Wiedemann-Beckwith-Syndrom (WBS) bedingt sein. Zu den charakteristischen klinischen Merkmalen von WBS (im amerikanischen Schrifttum auch als Beckwith-Wiedemann-Syndrom, BWS bezeichnet) gehören fetale/neonatale Makrosomie, Makroglossie, die oft asymmetrisch ist, Hemihyperplasie, Omphalozele oder Nabelbruch, Viszeromegalie mit Beteiligung von Leber, Milz, Nieren, Nebennieren und/oder Bauchspeicheldrüse sowie eine Prädisposition für embryonale Tumore (Toda et al., 2017; Zenker et al., 2023a). In typischen Fällen kann die Diagnose klinisch recht einfach gestellt werden, und zwar auf der Grundlage der Kombination der oben genannten charakteristischen Symptome und anderen geringfügigen Anomalien wie Ohrläppchenfalten und/oder hinteren spiralförmigen Ohrgruben, Gesichtsanomalien, Naevus flammeus und anderen.

Das WBS stellt jedoch ein klinisches Spektrum dar, und einige betroffene Neugeborene weisen nur wenige oder sogar nur einzelne suggestive klinische Befunde auf. Die Inzidenz der neonatalen Hypoglykämie bei WBS wird mit etwa 50 % angegeben (Zenker et al., 2023a). In den meisten Fällen von WBS ist die Hypoglykämie jedoch mild und vorübergehend. Insbesondere kann der Beginn der Hypoglykämie gelegentlich um mehrere Tage oder sogar Monate verzögert sein.

Bei einer Minderheit von WBS-Kindern bleibt die Hypoglykämie jedoch bestehen. Einige Patienten sprechen auf eine medikamentöse Therapie (Diazoxid) an (Uppal et al., 2019; Zenker et al., 2023a).

Sotos-Syndrom

Dieses Syndrom ist gekennzeichnet durch Überwuchs (Makrosomie und/oder Makrozephalie) mit fortgeschrittener Knochenreifung, Entwicklungs- und neuropsychologischen Defizite sowie einem ausgeprägten Gesichtsaussehen mit vorstehender Stirn, Dolichozephalie, spärlicher frontotemporaler Behaarung, nach unten verlaufenden Lidspalten und einem langen Gesicht (Zenker et al., 2023a).

Hypoglykämien sind charakteristisch, wurde jedoch bei weniger als 15 % der betroffenen Personen beobachtet (Zenker et al., 2023a). Es wurden aber mehrere gut dokumentierte Fälle mit Sotos-Syndrom und CHI berichtet.

Betroffene können auch Herz- oder Nierenanomalien, Anomalien des Bewegungsapparats, Krampfanfälle und eine Vielzahl anderer Anomalien aufweisen. Das Sotos-Syndrom tritt schätzungsweise bei 1:14.000 Lebendgeburten auf (Grand et al., 2019; Zenker et al., 2023a).

 

Therapie

 

Initiale Stabilisierung

Der Glukosebedarf des CHI liegt meist deutlich über 10 mg/kg/min. Intravenöse Glukosegaben mit initial 200 mg Glukose/kg und anschließend kontinuierlicher Infusion von Glukose 10 % sind notwendig, um erneute Hypoglykämien zu verhindern (Thornton et al., 2015).

Eine tagelange Zufuhr von >20 mg Glukose/kg/min ist charakteristisch und erfordert einen zentralen Gefäßzugang. Die gleichzeitige intravenöse Infusion von Glukagon (0,5-1mg/Tag) reduziert den Glukosebedarf deutlich.

Ernährungstherapie

Ein häufig beobachtetes Phänomen sind Fütterungsprobleme. Daher werden naso-gastrale Magen- und PEG-Sonden häufiger genutzt.

Glukosepolymere und jenseits des ersten Lebenshalbjahrs die Gabe von ungekochter Stärke, insbesondere um die nächtlichen Hypoglykämien zu verhindern, werden daher empfohlen (Dardano et al., 2020).

 

Medikamente

 

Diazoxid

Diazoxid (DZX) Ist das Mittel der Wahl bei CHI. Die wirksame tägliche Diazoxid-Dosis liegt bei 5–15 mg/kg in zwei bis drei Einzelgaben, meist < 8 mg/kg. Eine dosisabhängige Hypertrichose (übermäßiger Haarwuchs) ist die häufigste Nebenwirkung (Raskin et al., 2022). Weiterhin sind eine Neutro- und Thrombozytopenie, Ödeme und seltener ein pulmonaler Hochdruck, so dass Diuretika (Thiazide) vorbeugend zusätzlich empfohlen werden (Thornton et al., 2015).

Octreotid, Somatostatinanaloga

Für diffuse CHI-Formen, die nicht allein durch die Ernährung zuverlässig behandelt werden können, sowie bei Patient:innen mit DZX-Resistenz oder DZX-Nebenwirkungen werden Somatostatinanaloga als Alternative angewendet.

Nebenwirkungen sind insbesondere die verminderte Blutversorgung des Dünndarms, die auch bei Reifgeborenen zu einer nekrotisierenden Enterocolitis (NEC) führen können (McMahon et al., 2017; Savarirayan et al., 2022). Anwendungen im Alter vor dem sechsten Lebensmonat sind nur selten beschrieben.

Glukagon

Aus der historischen Erfahrung mit extraktiven Insulinpräparaten ist bekannt, dass die glukosesteigernde Wirkung von Glukagon die Insulinwirkung ausgleicht und nach Gabe einer Insulin-Glukagonmischung die Plasmaglukose für etwa 20 bis 30 Minuten ansteigt (Mohnike, 1951).

Nachteil der gegenwärtig zugelassenen Glukagonpräparate sind die Fibrillenbildung nach dem Auflösen, die zur Katheterverstopfung führen. In den letzten Jahren wurden lösliche Glukagonpräparate entwickelt, die auch in klinischen Studien bei CHI geprüft wurden, so dass nach Zulassung eine weitere Therapieoption für die Langzeittherapie des CHI besteht.

Verschiedene Nebenwirkungen sind bekannt, neben Erbrechen ist vor allem das dosisabhängig (> 1 mg Glukagon/Tag) auftretende Erythema necrolyticum migrans (Wald et al., 2002).

Subtotale Pankreasentfernung

Als letzte Option um hypoglykämische Hirnschäden zu vermeiden, ist selten auch eine subtotale Pankreasentfernung notwendig (Adzick et al., 2019). Auch nach dieser Operation sind fast immer wechselnde Phasen von Hypoglykämie und diabetischer Stoffwechsellage charakteristisch, die bis ins Pubertätsalter anhalten (Beltrand et al., 2012).

 

Ausblick

 

In den letzten Jahren wurden weitere medikamentöse Therapieoptionen entwickelt, die gegenwärtig in klinischen Studien untersucht werden (https://clinicaltrials.gov/). Neben den stabilisierten Glukagonpräparaten wurden ein Insulinrezeptorantikörper sowie weitere Wirkstoffe, die die Insulinfreisetzung hemmen, entwickelt. Damit stehen Kandidaten für eine Medikamentenzulassung und damit neue Therapiemöglichkeiten in Aussicht.

Rubrik: Schwangerschaft | DHZ 06/2023

Literatur

Adzick, N. S., De Leon, D. D., States, L. J., Lord, K., Bhatti, T. R., Becker, S. A., & Stanley, C. A. (2019). Surgical treatment of congenital hyperinsulinism: Results from 500 pancreatectomies in neonates and children. J Pediatr Surg, 54(1), 27-32. doi:10.1016/j.jpedsurg.2018.10.030

Banerjee, I., Avatapalle, B., Padidela, R., Stevens, A., Cosgrove, K. E., Clayton, P. E., & Dunne, M. J. (2013). Integrating genetic and imaging investigations into the clinical management of congenital hyperinsulinism. Clin Endocrinol (Oxf), 78(6), 803-813. doi:10.1111/cen.12153

Banerjee, I., Avatapalle, B., Petkar, A., Skae, M., Padidela, R., Ehtisham, S., Clayton, P. E. (2012). The association of cardiac ventricular hypertrophy with congenital hyperinsulinism. European journal of endocrinology / European Federation of Endocrine Societies, 167(5), 619-624. doi:10.1530/EJE-12-0632
»

Upgrade Abo+

Jetzt das Print-Abo in ein Abo+ umwandeln und alle Vorteile der ePaper-Ausgabe und des Online-Archivs nutzen.