Rundruf

In vielen Klinikstandards soll die Gebärende alle zwei Stunden Wasser lassen – tut sie dies nicht, soll katheterisiert werden. Wie verhalten Sie sich dazu?

Claudia Rheinbay, Leitende Hebamme am Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum, Berlin

Wir animieren – nach Aufklärung über die Notwendigkeit – die Schwangere, zur Toilette zu gehen. Wir katheterisieren aber nicht nach einem zeitlichen Schema unter der Geburt. Die Hebammen nutzen dann gegebenenfalls selbst das mobile Ultraschallgerät, um sicher zu sein, dass die Harnblase nicht voll ist. Wenn nötig, wird natürlich katheterisiert.


Evelyn Kampfhofer, freiberufliche Hebamme B.Sc. in »Geburtshaus & Hebammerei Herrenhausen« in Hannover

Eine volle Harnblase kann ein Wehen- und Geburtshindernis sein. Hilfreich zur spontanen Blasenentleerung sind freie Bewegung, eine »gemütliche« Toilette und wenig (vaginale) Interventionen. Wenn palpatorisch die Blase gut gefüllt ist und die Geburt nicht voranschreitet, kann eine Katheterisierung eine Hilfe sein und sogar zur Gesunderhaltung des Beckenraumes beitragen.


Caroline Agricola, Hebamme B.Sc. am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Das ist ein Standard, dessen Notwendigkeit die Hebamme in der individuellen Geburtssituation bewerten sollte. Wenn das Wasserlassen beispielsweise aufgrund einer Periduralanästhesie erschwert ist, kann das Katheterisieren förderlich sein. In unserem Kreißsaal ziehen wir bei Unsicherheit das ärztliche Personal zur sonografischen Bewertung hinzu, um ein unnötiges Katheterisieren zu verhindern.


Leo Friedrich, freiberufliche Hebamme für das »Cocoon Hebammen*kollektiv« in Berlin

Der Schlüssel, um die Notwendigkeit eines K-Urins festzustellen, ist in unseren Augen vor allem die Eins-zu-eins-Betreuung. Manche Menschen trinken viel, andere nicht. Manche lassen bei jeder Wehe etwas Urin und andere schwitzen das Wasser direkt wieder aus. Der K-Urin sollte keine Routine sein, sondern ein Mittel, das wir als Hilfe- oder Notfallmaßnahme ergreifen können. Wir sollten stets im Kopf haben, dass diese Intervention für die gebärende Person schmerzvoll und überwältigend sein kann. Deshalb ist es so wichtig, dass wir vorher darüber sprechen.

Rubrik: Immer in der DHZ | DHZ 12/2021

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