Rundruf

Haben Sie schon einmal eine Freundin oder Kollegin unter der Geburt betreut? Was waren dabei besondere Heraus­forderungen als Hebamme?

Saskia Selleng, Hebamme am Universitätsklinikum Jena

 

Ja, ich habe bereits bei einigen Hebammen und ärztlichen Kolleginnen die Geburt begleiten dürfen. Ich gebe all mein Wissen und Können, Verantwortung, Kompetenz, Motivation und Kraft und bekomme unglaubliches Vertrauen. Es sind immer wieder ganz besonders kraftvolle Erlebnisse für mich, die eine sehr intensive Bindung entstehen lassen. Intensiv, aber gleichzeitig auch kraft- und energiezehrend, weil das professionelle Schild wegfällt, das automatisch vorhanden ist, wenn keine persönliche Bindung und Emotion zur »normalen« Patientin vorhanden ist.

 

Izabella Györfi,Teamleitung der Hebammen am Friederikenstift, DIAKOVERE Krankenhaus in Hannover

 

Ich durfte schon einige Freundinnen unter der Geburt betreuen. Ich finde das auf eine Weise sehr schön, bei so einem wichtigen Moment dabei sein zu dürfen. Herausfordernd ist, dass mich eine solche Begleitung emotional anders berührt – mehr als sonst. Ohne den Abstand ist es ungleich schwerer, in schwierigen Situationen Verläufe objektiv zu beurteilen. Es ist nicht einfach, diese verschiedenen Rollen in der Geburtsbegleitung zu trennen. Bei einer pathologischen Entwicklung, die ein Trauma verursachen könnte, sind das genau meine Ängste, denen ich mich stellen muss, weil mir der professionelle Abstand einfach fehlt. In diesen Situationen freue ich mich über die Unterstützung meines Teams, dem ich jederzeit schwierige Verläufe kommunizieren kann. Die Betreuung kostet bei Freundinnen einfach deutlich mehr Energie.

Rubrik: Immer in der DHZ | DHZ 11/2023

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