Manuell-taktile Entspannungsbehandlungen

Sanfte Massage – starke Effekte

Mit sanften Massagen und bioenergetischen Behandlungen können Hebammen in der Schwangerenbetreuung viel bewirken: Aus der Entspannung schöpfen die Schwangeren bessere Stressresistenz, mehr Selbstvertrauen und eine nachhaltige Mutter-Kind-Bindung. Eine qualitative empirische Untersuchung erweitert das Wissen über das gesundheitsfördernde Potenzial. Claudia Hanselmann
  • Verschiedene manuell-taktile Entspannungs­techniken können der Schwangeren helfen, Stress abzubauen und in Kontakt mit sich und dem Ungeborenen zu kommen.

Gemäß Mutterschafts-Richtlinien ist es das vorrangige Ziel der Schwangerenvorsorge, Gefährdungen der Gesundheit von Mutter und Kind zu erkennen, abzuwenden und damit Risikoschwangerschaften und Risikogeburten frühzeitig zu erkennen (Gemeinsamer Bundesausschuss, 2021). In meiner Arbeit als Hebamme in der Schwangerenbetreuung erlebe ich es oft, dass eine Schwangerschaft im medizinischen System als eine Art potenziell defizitärer Zustand angesehen wird, der umfangreicher Überwachung bedarf und dass die alleinige Risikofokussierung eben nicht ausreicht, um Schwangere in ihren Ressourcen und ihrer Gesundheit zu stärken (Muggle­ton & Davis, 2022). Es scheint häufig so, als ob erst therapeutisch eingegriffen werden könnte, wenn es bereits »zu spät« ist, wenn die Schwangere beispielsweise schon eine manifeste Zervixverkürzung mit vorzeitigen Wehen oder eine Präeklampsie aufweist. Auch gesunde Schwangere äußern häufig, sich gestresst zu fühlen. Sie haben verschiedene Ängste oder zeigen deutliche Stresszeichen wie einen ansteigenden Blutdruck, muskuläre Verspannungen oder einen »harten Bauch«, also Zeichen einer übersteigerten Sympathikusaktivität und für potenziellen Disstress.

Die Auswirkungen von Disstress in der Schwangerschaft sind gut belegt. Dieser kann sich nachweislich negativ auf den Schwangerschaftsverlauf und die kindliche Entwicklung auswirken, wobei das Stresshormon Cortisol dabei als einer der Hauptmediatoren fungiert (Rakers et al., 2020; Van den Bergh et al., 2005). Doch wie kann ich als Hebamme in so einer Situation regulierend und damit gesundheitsfördernd für die Mutter und ihr ungeborenes Kind eingreifen?

 

Entspannungsbehandlung in der Hebammenarbeit

 

Manuell-taktile Entspannungsbehandlungen und Massagen im Allgemeinen stehen heute eher im Ruf einer Wellnessbehandlung als einer wirkungsvollen gesundheitsfördernden Regulationshilfe. Die Körperarbeit in Form von Massagen als ein möglicher Teil der Ressourcenarbeit war jedoch im Laufe der Jahrtausende immer wieder ein Behandlungsansatz in der professionellen Schwangerschaftsbegleitung, vom alten Ägypten (Quirke, 2002) bis zur heutigen »Renaissance« der manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen in der Hebammenarbeit (Friese-Berg, 2012; Scheurer & Hartmann, 2017).

Bereits während meiner Hebammenausbildung fand ich über Massagen, Berührung und andere Körperarbeitstechniken in der Betreuung einen tieferen Zugang zu Schwangeren oder Gebärenden. Seither habe ich diese Techniken ganz selbstverständlich als wertvolle Regulationshilfe geschätzt und angewendet. Seit meiner Weiterbildung in Effektiven Manuellen Hilfen® und der Auseinandersetzung mit dem Betreuungskonzept der Salutophysiologie in Studium und praktischer Hebammenarbeit sind Körperarbeitstechniken wie die manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen zu meinem Herzensthema geworden. Schwangere berichten regelmäßig von deren tiefgreifender Wirksamkeit. Außerdem beobachten viele Hebammen, wie vielschichtig positiv sich diese Behandlung auf das Befinden der Frauen und ihren Schwangerschaftsverlauf auswirkt. Im Rahmen meiner Masterarbeit war es daher mein Wunsch zu erfahren und sichtbar zu machen, welche gesundheitsfördernden Effekte Schwangere selbst durch manuell-taktile Entspannungsbehandlungen in der Hebammenbetreuung wahrnehmen.

 

Was wir wissen – die Studienlage

 

Manuell-taktile Entspannungsbehandlungen besitzen nachweislich das Potenzial, über eine Anregung der Oxytocinausschüttung (Morhenn et al., 2012) und β-Endorphinausschüttung (Kaada & Torsteinbø, 1989) die Stresssysteme zu hemmen, parasympathisch dominierte Phasen hervorzurufen und somit zu einer Senkung des Cortisolspiegels beizutragen (Takayanagi & Onaka, 2021). Die sogenannten C-taktilen Fasern sind vermutlich die Hautafferenzen, die über sanfte Berührungen die Ausschüttung des Neuropeptids Oxytocin vermitteln (Walker et al., 2017). Diese langsam leitenden afferenten Nervenfasern, die sich nach aktuellem Wissensstand nur in behaarter Haut befinden (Olausson et al., 2010) reagieren auf langsame, sanfte Berührungen wie Streicheln, Massieren, zärtliches Kraulen sowie auf Liebkosungen zwischen vertrauten Menschen oder im sozialen Körperkontakt (Olausson et al., 2002, 2010; Müller-Oerlinghausen et al., 2022; Uvnäs Moberg, 2016).

Oxytocin wirkt antidepressiv, angstlösend, analgetisch und damit allgemein positiv auf die Stimmung, indem es sich beruhigend auf die Aktivität des sympathischen Nervensystems und der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse auswirkt (Takayanagi & Onaka, 2021). β-Endorphine binden an µ-Opiatrezeptoren und wirken analgetisch (Birbaumer & Schmidt, 2010) sowie dämpfend auf das zentrale Nervensystem, was sich entspannungs- und schlaffördernd auswirkt (Kuhl, 2002).

Vor diesem Hintergrund lassen sich die folgenden Ergebnisse von Studien über die Auswirkungen von Massagebehandlungen in der Schwangerschaft gut erklären.

In Studien mit gesunden Schwangeren konnten nach regelmäßigen Massagen niedrigere Cortisolspiegel (Chen et al., 2017; Mueller & Grunwald, 2021) und Noradrenalinspiegel nachgewiesen werden. Die Schwangeren gaben eine bessere Stimmung, weniger Ängstlichkeit, besseren Schlaf und weniger Rückenschmerzen an (Field et al., 1999; Mueller & Grunwald, 2021). Eine Anregung der Immunfunktion nach regelmäßigen Schwangerschaftsmassagen konnte anhand von gestiegenen Immunglobulin-A-Spiegeln nachgewiesen werden (Chen et al., 2017). Immunglobuline A sind Antikörper für den Schutz der Schleimhäute und finden sich vor allem in Speichel, Magen- und Darmsekret (Behrends et al., 2017).

Besonders bemerkenswerte Ergebnisse liefert die Forschung mit depressiven Schwangeren. Nach regelmäßigen Massagen wiesen diese Schwangeren ebenfalls verringerte Cortisol- und Noradrenalinspiegel und höhere Serotonin- und Dopaminspiegel auf (Field et al., 2004). Außerdem zeigte sich auch bei ihnen ein verringertes Maß an Depressivität (Field et al., 2009, 2004) und Ängstlichkeit, eine verbesserte Stimmung und weniger Rücken- und Beinschmerzen (Field et al., 2004, 2012). Die massierten Schwangeren hatten eine niedrigere Frühgeburtsrate (Field et al., 2004, 2009) und ihre Neugeborenen wiesen ein insgesamt höheres Geburtsgewicht (Field et al., 2012) und postnatal niedrigere Speichel-Cortisolspiegel auf (Field et al., 2009).

 

Gesundheitsfördernde Auswirkungen

 

Die beschriebenen quantitativen Studien untersuchen nur bestimmte Aspekte, die das breite Wirkungsspektrum dieser Körperarbeit jedoch nicht vollständig abbilden. Um die subjektiven Erfahrungen von Schwangeren in ihrer Tiefe und Vielfalt darzustellen, wurden deshalb in einer Masterarbeit gesunde Schwangere im dritten Trimenon mittels einer qualitativen Erhebung zu ihren Erfahrungen mit manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen in der Hebammenbetreuung befragt.

Konkret kamen Massagen und bioenergetische Behandlungen wie Polaritätsbehandlungen, Rücken-, Bauch- und Gesichtsmassagen zum Einsatz, die über eine leichte Berührung und sanfte Massage taktile Reize setzen. Die Aussagen der Schwangeren gründen auf der Besonderheit des Settings: einer kontinuierlichen Schwangerenbetreuung und Behandlung durch eine Hebamme. Diese Tatsache scheint die Effekte der manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen positiv zu beeinflussen beziehungsweise zu verstärken.

Die befragten Schwangeren schätzen zum einen die während einer kontinuierlichen Hebammenbetreuung entstehende Vertrauensbasis als notwendige und wertvolle Voraussetzung für die folgenden manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen ein. Zum anderen ist ihnen das Gespräch mit der Hebamme vor der Behandlung wichtig:

»Weil der Kopf halt dann frei wurde dadurch. Also erst konnte ich alles abladen [lacht] bei ihr und dann danach konnte ich den Kopf entspannen und den Körper entspannen.« (Interview Frau 3)

Ein Gespräch in Kombination mit manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen scheint eine Co-regulative Begleitung zu ermöglichen, wenn eine aktive, nicht-autoritäre Zuwendung der Hebamme gegeben ist. Das zeigen die Aussagen der Schwangeren. Co-Regulation bedeutet, dass in einem vertrauensvollen und sicheren Setting die eigene neurovegetative Regulation, zum Beispiel bei Stress oder Verunsicherung, das Selbstvertrauen und das Bewusstsein über die eigenen Kompetenzen durch eine symmetrische und gleichberechtigte soziale Interaktion und Kommunikation mit einer anderen Person ermöglicht und gefördert werden (Porges, 2021; Dana, 2019). Der taktile Kontakt über Berührung und ein wechselseitiges In-Beziehung-Gehen während der Behandlung stellt möglicherweise auch einen Aspekt der Co-Regulation dar. Diese Aspekte wurden in den genannten Studien nicht untersucht.

Eingebettet in die Schwangerschaftsbetreuung durch die Hebamme im Sinne einer kontinuierlichen Begleitung, unterstützen manuell-taktile Entspannungsbehandlungen eine frauenzentrierte Betreuung. Diese kann das Gesundheitsverhalten der Schwangeren und die Gesundheitsoutcomes von Mutter und Kind nachweislich fördern. Schwangere und Gebärende, die eine kontinuierliche hebammengeleitete Betreuung hatten, erlebten unter anderem weniger häufig Frühgeburten und vaginal-operative Geburten (Sandall et al., 2016).

 

Ressourcen für die physiologische Regulation

 

In Übereinstimmung mit den Studienergebnissen zu manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen in der Schwangerschaft konnten die befragten Schwangeren in der qualitativen Erhebung differenzierter berichten, wie sich ihre Stimmung und das psychische Befinden verbessert haben.

»Da war ich einfach immer angespannt und das hat sich auf den Körper ausgewirkt. Das habe ich also körperlich gespürt. Durch die Massage war das dann teilweise oder fast weg. Und dann war ich mehr belastbar. […] da war die Batterie wieder geladen.« (Interview Frau 6)

Die Schwangeren beschreiben, dass sich nach den Behandlungen eine sehr ausgeprägte Entspannung und ein Wohlgefühl eingestellt haben. Sie erlebten ein gesteigertes allgemeines Wohlbefinden, eine größere Gelassenheit, psychische Ausgeglichenheit, Entspanntheit und psychische Stärkung. Dies äußerte sich in einer besseren Bewältigung von Herausforderungen im Alltag und damit in der erfolgreichen Bewältigung von potenziellen Stressoren.

»Ja, ich denke, diese Massagen haben halt geholfen, dass ich einfach auch einmal Zeit für mich hatte dann. Und da den Stress und den Alltag besser bewältigt habe.« (Interview Frau 3)

Das Einschlafen während der Behandlung wurde als ein klares Indiz für tiefe Entspannung genannt, was auf eine tiefgreifende Hemmung der Stresssysteme schließen lässt und ein Zeichen höchster Parasympathikus-Aktivität darstellt (Behrends et al., 2017).

»Das Einprägsamste war echt, dass ich kurz weggepennt bin einmal. Und das passiert eigentlich nicht [lacht].« (Interview Frau 2)

Der Ausstieg aus Stressreaktionen fällt also leichter. Auch eine verbesserte Schlafqualität und leichteres Einschlafen stellte sich ein.

 

Kontakt zum ungeborenen Kind

 

»Die Bewegungen sind intensiver, also viel intensiver. Wenn du liegst und entspannst, dann wird es schon intensiver. Doch, also da merkst du viel, viel mehr.« (Interview Frau 1)

Die Vielzahl der von den Schwangeren beschriebenen Wahrnehmungen des Kindes während der manuell-taktilen Behandlungen zeigt, dass Mutter und Kind in der Entspannung tatsächlich in Kontakt kommen konnten. Die befragten Schwangeren konnten von Veränderungen in der Wahrnehmung ihres Kindes und seiner Bewegungen während der manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen berichten. Dies ist in einer auffallend starken individuellen Reaktivität erkennbar, die sich in verschiedenen Wechseln im Schlaf-Wachzustand der ungeborenen Kinder zeigte. Es zeigt, dass die tiefe Entspannung und die Entspannungsphasen während der Behandlungen die Aufmerksamkeit der Schwangeren auf die Wahrnehmung ihres Kindes fokussiert und die Kontaktaufnahme und Interaktion zwischen beiden ermöglichen oder vertiefen kann. Diese Wahrnehmungserfahrungen haben die Frauen dazu angeregt, bewusste Entspannungsphasen für den Bindungsaufbau und den Kontakt mit ihrem Kind in den Alltag zu integrieren.

»Es tut gut, einmal am Tag 25 Minuten zur Ruhe zu kommen und vielleicht auch mit deinem Kind dann so, ja, in Kontakt. Ja, weil du es dann einfach besser wahrnimmst […] Man kann es wirklich auch selber. Dass man wirklich mittags sich vornimmt, okay, ich lege mich jetzt 30 Minuten hin.« (Interview Frau 1)

Dass die Mutter ihr ungeborenes Kind bewusst wahrnimmt und den Kontakt aufnimmt, ist für den Bindungsaufbau elementar (Hüther & Weser, 2020). Belegt ist, dass die Qualität der pränatalen Mutter-Kind-Bindung die mütterlichen Kompetenzen und die Entwicklung des Kindes nach der Geburt beeinflussen (Salehi & Kohan, 2017; Willinger et al., 2005; Niederhofer, 2007; McNamara et al., 2019). Eine starke pränatale Mutter-Kind-Bindung ist mit zahlreichen gesundheitsfördernden Effekten postpartal für Mutter und Kind verbunden. Dazu zählen eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Fortsetzung des sicheren Bindungsverhaltens (Niederhofer, 2007), eine ausgeprägtere mütterliche Sensibilität und Feinfühligkeit (Salehi & Kohan, 2017) und eine verbesserte soziale Entwicklung und Stressvulnerabilität des Kindes (Willinger et al., 2005).

Klar erkennbar ist hier das Potenzial manuell-taktiler Entspannungsbehandlungen für die Hebammenarbeit, um Schwangere in der Beziehungsbildung mit ihrem ungeborenen Kind zu unterstützen. Dies kann möglicherweise besonders dann hilfreich sein, wenn die pränatale Mutter-Kind-Bindung zum Beispiel aufgrund von erhöhtem Stresslevel nicht sehr ausgeprägt ist.

 

Selbstwahrnehmung und Selbstfürsorge

 

»Und in der Zeit der Massage habe ich aber bewusster wahrgenommen vom Körpergefühl her, okay, ich bin wirklich schwanger. Also da ist auch was, mein Bauch wächst, meine Brüste verändern sich und ich glaube, das hat mein Körpergefühl auch ein bisschen beeinflusst, die Massagen. Weil sonst wäre das ja einfach so durchgelaufen […] Aber die Massagen haben mir doch immer wieder auch ins Bewusstsein geholt, wie geht es eigentlich gerade meinem Körper, was geht gerade vor sich, was passiert hier, wo zwickt es, wo verändert sich etwas.« (Interview Frau 3)

Eine verstärkte Selbstwahrnehmung und ein gutes Körpergefühl bilden die Basis für ein gutes Gesundheitsverhalten. Kann Hebammenarbeit also auf individuelle Art und Weise die Wahrnehmung und die Annahme der Anpassungsprozesse unterstützen, unter anderem über manuell-taktile Entspannungsbehandlungen, dann kann die Schwangere angeregt werden, daraus neue Ressourcen zu schöpfen. Sie wird für die Schwangerschaft und die Mutterschaft gestärkt.

Aufgrund ihrer Erfahrungen mit Entspannung während den Behandlungen planen die Schwangeren Phasen zum Spannungsabbau und zur Vermeidung von Disstress aktiv in ihren Alltag ein. Mit dem Ziel, sich einen Raum schaffen zu können, um gut für sich selbst und das ungeborene Kind zu sorgen.

»Also, dass ich jetzt immer noch gucke, dass ich vielleicht irgendwo fest Massagen bekomme. Oder halt Freiräume für mich schaffe, weil ich gemerkt habe, dass es mir so guttut. Und ich denke, mit zwei Kindern wird ja die Arbeit und der Stress und die Aufregung nicht weniger [lacht]. Deswegen habe ich mir fest vorgenommen, dass ich so etwas beibehalten möchte. Dass ich mir feste Freiräume schaffe, wo ich dann halt eben auch einmal zur Massage gehe oder mir irgendwas Gutes tue.« (Interview Frau 3)

An der Anregung zur Selbstfürsorge ist eine Stärkung des Kohärenzgefühls erkennbar. Belegt ist, dass Schwangere mit einem starken Kohärenzgefühl bei besserer psychisch-emotionaler Gesundheit sind (Ferguson et al., 2014). Folglich agieren sie eher mit transformativen Copingstrategien und damit lösungsorientiert (Schmid, 2015). Außerdem erleben sie mit größerer Wahrscheinlichkeit eine unkomplizierte Geburt (Ferguson et al., 2014), verbunden mit weniger Interventionen im Geburtsverlauf (Ferguson et al., 2016). Individuelle Maßnahmen, die das Kohärenzgefühl der Schwangeren und die Ressourcenbildung stärken können, wie manuell-taktile Entspannungsbehandlungen, sollten daher in der Betreuung zur Gesundheitsförderung von Mutter und Kind eingesetzt werden.

 

Zu sich kommen und sich selbst bestärken

 

»Und wenn man dann einfach entspannt und dann kommt man zu sich selber und denkt: ›Nein, das schaffst du!‹ Und wenn dann vielleicht auch dein Kind anfängt, sich zu bewegen und dann merkst du einfach, da ist jetzt Kraft. ›Nein, wir schaffen das! ‹.« (Interview Frau 1)

Dieses Gefühl der Stärkung und Zuversicht, insbesondere die Stärkung des Selbstvertrauens und der Selbstkompetenz für die Schwangerschaft, die Geburt und die Mutterschaft, wird von den befragten Schwangeren im Zusammenhang mit manuell-taktilen Entspannungsbehandlungen beschrieben. Ein »Zu-sich-Kommen«, also den eigenen Blick in der Entspannung nach innen richten zu können, scheint das Bewusstsein für die Fähigkeit wachsen zu lassen, sich selbst bestärken zu können, was eine große endogene Ressource darstellt. Der aktive Umgang der Schwangeren mit ihren Gedanken und Sorgen, aber auch ihren Ressourcen, beispielsweise in Bezug auf die Geburt, konnte über die Entspannung angeregt und positiv begleitet werden.

Manuell-taktile Entspannungsbehandlungen wirken auf verschiedenen Ebenen gesundheitsfördernd. Ihre Anwendung erweitert klar und evidenzbasiert das Kompetenzfeld von Hebammen als Begleiter:innen der physiologischen Prozesse in der ressourcenorientierten Gesundheitsförderung. Sie sollten daher grundsätzlich in der professionellen Hebammenbetreuung zur Primärprävention verankert und ausgebaut werden.

Hebammen dürfen sich trauen, diese einfach erlern- und anwendbaren Techniken zur Gesunderhaltung ihrer Klient:innen zu nutzen. Die Aussagen der Schwangeren und damit die Ergebnisse zur Wirksamkeit bestärken mich in meiner Hebammenarbeit, diese Techniken als gesundheitsfördernde Regulationshilfe anzubieten. Insbesondere dort, wo das risikoorientierte medizinische Modell präventiv nicht eingreifen oder nur auf therapeutische Art und Weise tätig werden kann.

Rubrik: Ausgabe 03/2024

Vom: 27.02.2024