Die Zukunft gestalten

  • Britta Zickfeldt, Verlegerin der DHZ: »Vielleicht ist das, was ich als Veränderung wahrnehme, noch ein kleines Pflänzchen, das behütet und gepflegt werden muss. Gestaltungsräume sind da.«

  • Es tut sich was in Deutschland! Nach vielen Jahren der Frustration – aufgrund immer noch unzureichenden Gebühren, dem exorbitanten Anstieg der Haftpflichtprämie, unterbesetzten Kreißsälen – nehme ich eine Veränderung wahr: Geburtshäuser und Hebammenpraxen werden neu eröffnet, Hebammen erzählen, dass sie von ihrer Arbeit »gut leben« können, in Kreißsäle kommt Bewegung. Die einen berichten über eine Sectiorate zwischen 14 und 18 %. Anderen gelingt es, den Blick wieder mehr auf die Physiologie zu richten und die Rate an Interventionen zu reduzieren.

    Und auch die Entwicklung in der Hebammenausbildung birgt viel Potenzial für Veränderung. Was mir dabei besonders zukunftsweisend erscheint: Dass mit der Ausbildung an Hochschulen eine längst fällige Zusammenarbeit von Hebammen und ÄrztInnen »auf Augenhöhe« gelingen kann – im Sinne der Frauen! Ja, das ist noch Zukunftsmusik, weil sich hierfür eine jahrzehntelang gelebte Kultur des hierarchischen Denkens verändern muss. So weit entfernt scheint diese Zukunft aber nicht, in der Hebammen die MedizinstudentInnen in der Physiologie unterrichten, ÄrztInnen die Hebammen in der Pathologie. In der beide Professionen Hand in Hand arbeiten und die Frau in Absprache mit den ExpertInnen entscheidet, in welchen Abschnitten von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett sie von wem betreut werden möchte.

    Ich will jetzt nicht in eine übertriebene Euphorie ausbrechen – die Realität in vielen Kreißsälen und bei den freiberuflich arbeitenden Hebammen ist auch heute noch frustrierend. Nicht ohne Grund arbeiten viele Hebammen auf kleinen Teilzeitstellen im Kreißsaal und befürchten Freiberuflerinnen, am Ende ihres Arbeitslebens von Altersarmut betroffen zu sein. Und Frauen berichten von Geburtserfahrungen, die weit von dem entfernt sind, was wir als »selbstbestimmt« definieren würden.

    Vielleicht ist das, was ich als Veränderung wahrnehme, noch ein kleines Pflänzchen, das behütet und gepflegt werden muss. Gestaltungsräume sind aber da, wie auch wieder die tollen Mutmachbeispiele auf dem 4. DHZCongress am 7. und 8. September in Hannover zeigen werden.

    Ein Schlüssel für Veränderung scheint mir tatsächlich die, »kollaborative Zusammenarbeit« zwischen ÄrztInnen und Hebammen, wie Yvonne Bovermann sie in ihrem Artikel ab Seite 8 beschreibt. Ein Ansatz, den wir hier im Elwin Staude Verlag mit einem neuen Kongress beflügeln wollen, in Kooperation mit der Universität zu Lübeck und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Der Lübecker interprofessionelle Perinatalkongress bringt im nächsten Jahr, am 6. und 7. September 2019 Hebammen, ÄrztInnen und angrenzende Berufsgruppen zusammen, die gemeinsam über Entwicklungen in der Geburtshilfe nachdenken:
    Save the date!