Eheglück: angstfreier Segeltörn

  • Birgit Heimbach: „Hebammen bekommen oft hautnah die Paarkonflikte mit, die sich durch den Familienzuwachs noch zuspitzen.“

  • Die Scheidungsrate ist hoch, die Paartherapie boomt, es gibt Paartherapiekongresse und jede Menge ratgebene Bücher. Gründe für das Ende der Liebe gibt es viele. Laut dem Soziologen Sven Hillenkamp würde vor allem die heute nahezu unendliche Freiheit zur Unmöglichkeit einer wahren, dauerhaften Liebe führen. Die Menschen – von allem schnell überdrüssig – würden sich nicht mehr völlig festlegen. Es könnte ja noch etwas Besseres kommen. Kinder können auch zum Beziehungskollaps beitragen, ungeachtet dessen, dass sie für viele das wahre Glück bedeuten und ungewollte Kinderlosigkeit eine Beziehung noch viel stärker belasten kann. Der US-Liebesforscher John Gottmann stellte in einer Studie mit 82 Paaren fest, dass bei den 43 Paaren, die ein Kind bekamen, bereits nach einem Jahr das Eheglück dahin war.

    Hebammen bekommen oft hautnah die Paarkonflikte mit, die sich durch den Familienzuwachs noch zuspitzen. Als ich als Hebammenschülerin in den 1980er Jahren im Externat eine niedergelassene Hebamme begleitete, nahm diese sich viel Zeit dafür, mit manchem Paar über dessen ganz intime Beziehungsprobleme zu sprechen. Sie fand immer gute Worte. Es war für mich ein Schlüsselerlebnis zu sehen, dass solche Dinge auch in Hebammenhand gehören. In der Hebammenschule war das kein Thema.

    Für einige Hebammen mag die Paarbegleitung mit zum Handwerk gehören, aber vielleicht könnten sie es noch professioneller angehen. Fast alle jungen Eltern wollen gern zusammenbleiben – sie werden es sich wünschen, dass sie dabei unterstützt werden. Vielleicht können Hebammen den Eltern Strategien vermitteln, die Liebe zueinander nicht zu verlieren. Umso mehr gilt dies in einer Gesellschaft, die laut Psychoanalytiker Erich Fromm (1900–1980) eine „intensive Langeweile" aufgrund eines „Übermaßes an individueller Freiheit und Wohlstand" aufweise, die aber auch so kompliziert geworden ist. Oft hilft Paaren schon die Aufklärung darüber, dass Probleme dazu gehören, dass sich Durchhalten lohnt. Das Kompetenzprofil für Familienhebammen, das derzeit im Rahmen des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen erarbeitet wird, wird das Thema Konflikte in der Partnerschaft aufgreifen, so Prof. Dr. Sabine Walper, Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut (DJI).

    Der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer meint: „Wer Liebesbeziehungen angstfrei erleben, geben und nehmen kann, findet kleine Missverständnisse und Kränkungen in der Liebe normal." Er segle dann beruhigt wie ein Matrose, der wisse, dass zwar ein wenig Wasser in sein Schiff eindringt, aber zuverlässige Pumpen es wieder entfernen.