Gedenken und Gedanken zum Anfang

  • Vor 100 Jahren, zu Beginn des Jahres 1915, begrüßte Elwin Staude, Verleger der Allgemeinen Deutschen Hebammen-Zeitung, seine Leserinnen und Leser mit Grußworten, die auf eine besonders schwere Zeit hinweisen. Es herrschte Krieg. Der erste Weltkrieg tobte bereits seit fünf Monaten und aus den Worten des Verlegers wird deutlich, dass man keine Vorstellung davon hatte, dass dieser Krieg noch über Jahre fortdauern und hunderttausenden Menschen das Leben kosten würde. Das Grauen über diese Zeit ist nun, in der Rückschau und in zahlreichen Beiträgen zum Gedenken an den Beginn des ersten Weltkrieges vor 100 Jahren, noch mal sehr lebendig. Die Not in dieser Zeit haben auch die Hebammen gespürt und mitgetragen, wenn sie schwangere und gebärende Frauen, deren Männer „im Krieg blieben“, begleitet haben.

    Damals wie heute waren und sind Hebammen an der Seite der werdenden oder wachsenden Familien. Sie begleiten die – damals noch meist zu Hause – stattfindenden Geburten und haben von Geburt an einen umfassenden Blick auf das Neugeborene. „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“, hat schon der Dichter Hermann Hesse in seinem Stufengedicht beschrieben. Damit der Zauber erhalten bleibt, braucht es Hebammen. Heute ist es nicht mehr selbstverständlich, dass Familien eine Hebamme finden, die sie begleitet. Bedrohlich viele Hebammen haben aufgrund unerschwinglicher Haftpflichtprämien und unsicherer Zukunftsaussichten ihre freiberufliche Arbeit aufgeben. Landauf und landab werden geburtshilfliche Abteilungen in den Krankenhäusern geschlossen oder sie sind unmittelbar davon bedroht. Hebammen stehen vor der Herausforderung, ihr Engagement für die Familie vor diesem Hintergrund nicht zu verlieren. Hier sind große Lösungen gefragt, die die Hebammen – und letztlich die jungen Familien – in ihrer Existenz wirklich unterstützen.

    Diese Ausgabe beschäftigt sich mit dem Neugeborenen in der ersten Lebenswoche. Die Hebamme hat in dieser Zeit, auf der Wöchnerinnenstation oder bei ihren Wochenbettbesuchen zu Hause, einen umfassenden Blick auf das Kind, um unter anderem eine normale von einer pathologischen Entwicklung zu unterscheiden. Junge Familien profitieren in hohem Maße und auf den verschiedenen Ebenen von einer Hebamme an ihrer Seite, die nach der Geburt nach Hause kommt, um den Stillbeginn zu unterstützen, die Gewichtsentwicklung des Babys zu beurteilen und auf die Fragen der Eltern einzugehen.

    2015 muss sich politisch etwas tun, wenn Hebammen im Sinne der Frauen, Kinder und Familien ihre Arbeit verrichten sollen. Auf diese politische Lösung hoffen wir, und wünschen in diesem Sinne allen LeserInnen einen guten Start ins neue Jahr!