Im Impfkarusell

  • Elisabeth Niederstucke und Britta Zickfeldt: „Eine wirklich patientenorientierte Impfinformation tut Not."

  • Ein tägliches Dilemma: Mütter gehen mit ihrem gerade mal achtwöchigen Baby zum Kinderarzt – zum Impftermin. Natürlich weiß die Mutter, dass der Termin ansteht. Und dennoch sind viele Mütter auf die planmäßige Sechsfachimpfung nicht wirklich vorbereitet. Denn was Eltern beim Kinderarzt zum Thema Impfen nur selten bekommen, ist eine ergebnisoffene Beratung, an deren Ende sie das Für und Wider jeder Impfung abwägen und eine individuelle Entscheidung – angepasst an die Lebenssituation der Familie – treffen können. Ein Dilemma auch für die Ärzte, denn sie können die Beratung nur abrechnen, wenn es tatsächlich zur Impfung kommt. Ein Missstand, der die Ärzteschaft in eine Richtung lenkt. Eine wirklich patientenorientierte Information tut Not.

    Die Hebamme als Impfberaterin? Vielleicht. Zumindest aber als Orientierungshilfe. Sie sollte die Eltern frühzeitig darauf hinweisen, dass bereits wenige Wochen nach der Geburt ihres Kindes die Frage ansteht, ob, wann und wogegen ihr Kind geimpft werden soll. Ein Thema, das Hebammen bereits im Geburtsvorbereitungskurs, während der Schwangerenberatung oder des Wochenbettbesuchs ansprechen können. Hebammen sind als erste Ansprechpartnerin der jungen Eltern prädestiniert, diese Fragen zu thematisieren, die Eltern ergebnisoffen zu beraten oder auf Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen.

    Würden Eltern ihrem Kind im ersten Lebensjahr alle von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen einzeln geben, würde es insgesamt 37-mal gepiekst. „Um die Zahl der Injektionen möglichst gering zu halten, sollten vorzugsweise Kombinationsimpfstoffe verwendet werden", heißt es im Impfkalender der STIKO. Mit einem Sechsfachimpfstoff, der dem Kind laut Plan im Alter von zwei, drei und vier Monaten und mit elf bis 14 Monaten gegeben werden sollte, lassen sich Impfungen gut „rationalisieren". Doch die freie Wahl ist durch diese „Paketlösung" sehr eingeschränkt. Einzelimpfstoffe sind kaum noch erhältlich. Das mag dem Ziel der STIKO einer maximalen Durchimpfungsrate der Bevölkerung entsprechen. Einer individuellen Impfentscheidung läuft dies allerdings entgegen. Bleibt letztlich nur das Alles- oder Nichts-Prinzip?

    Hebammen müssen nicht zwingend zu Impfberaterinnen werden, aber sie könnten es, so Vivian Weigert, die junge Eltern seit vielen Jahren in Impffragen berät. Sich auf dem neuesten Stand zu halten, ist ihrer Meinung nach relativ einfach. Sie ermuntert zu einer verständlichen und ergebnisoffenen Beratung im Sinne einer informierten Entscheidung der jungen Eltern. Egal, wie tief jede Hebamme in dieses Thema eintaucht – wichtig ist es, die Eltern frühzeitig für das Thema zu sensibilisieren, damit sie am Impftermin eine bewusste Entscheidung treffen können.