Keine Angst vor Schmerzen!

  • Die Angst vor Schmerzen treibt viele Frauen dazu, sich für einen Kaiserschnitt zu entscheiden. Sie müssen anscheinend noch besser darüber informiert werden, dass uns heute eine Menge Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die ihnen zu einer schmerzarmen oder schmerzfreien Geburt verhelfen können. Das Spektrum reicht von der Schmerztherapie (Analgesie) bis zur Schmerzausschaltung (Anästhesie) durch eine kombinierte Spinal-Epidural-Anästhesie oder patientinnenkontrollierte Analgesie mit einem Opiat. Wissen sollten die Wunschsectio-Kandidatinnen aber auch: Ein Ausschluss von Schmerz erhöht nicht zwangsläufig die Zufriedenheit der Frauen mit ihrem Geburtserlebnis, wie die Hebamme Verena Schmid aus Florenz erläutert. Drei analgetische Methoden, die immer mehr Hebammen einsetzen und die gerade im Hinblick auf die Frauen mit Angst vor Schmerzen weiter etabliert werden sollten, sind Hypnose, Lachgas und die Transcutane Elektrostimulation der Nerven (TENS). Alle drei bieten den Vorteil, dass die Gebärende die Anwendung selbst in der Hand hat. Sie bleibt dadurch selbstbestimmt, was von großer Bedeutung für ein positives Geburtserlebnis ist. Alle drei Methoden beeinträchtigen nicht den physiologischen Geburtsverlauf. Und: Sie sind nebenwirkungsarm, können von Hebammen eingesetzt werden, ohne eine aufwändige Facharztbereitschaft im Hintergrund.

    Schmerzempfinden wird im Gehirn erzeugt. Unterschiedliche Schmerzkomponenten aktivieren dabei verschiedene Areale der Großhirnrinde, die zusammen mit Thalamus und Kleinhirn zur sogenannten Schmerzmatrix gehört. Über die Physiologie der Schmerzentstehung und -leitung ist viel geforscht worden. Man weiß, dass lang anhaltende oder besonders starke Schmerzreize die Nervenzellen so verändern können, dass sie schon bei schwachen Reizen oder ohne jeglichen Reiz Schmerzsignale an das Gehirn weiterleiten. Man weiß auch von den Schmerzhormonen, die während der Geburt erst eine tiefe biologische Beziehung mit dem Imprinting von Liebe und Vertrauen ermöglichen.

    Forschende Hebammendozentinnen wie Verena Schmid haben in der Geburtshilfe neue Begriffe etabliert wie etwa die „physiologische Hypoalgesie“ und die „Schmerzdimensionen“. Hebammen wissen immer genauer zu unterscheiden zwischen physiologisch rhythmischem und produktivem Schmerz sowie unproduktiv statischem und pathologischem Schmerz.

    Als zentrale und für das Geburtsgeschehen immens wichtige Personen werden Hebammen davon profitieren, auch ihre Spiegelneuronen und Empathiefähigkeit immer weiter schulen. Das bewusste Lesen im Gesicht der Gebärenden und eine liebevoll-empathische Haltung werden sich allein schon schmerzlindernd auswirken.