Maximaler Schutz!

Als unsere Katze vor einigen Jahren trächtig war, suchte sie sich als Nachtlager einmal einen Stapel Decken im Raum, wo ich mit meinem Jüngsten schlief. Am Vortag war sie vom „Kampfkater“ aus der Nachbarschaft angegriffen worden, der sich ins Haus geschlichen hatte – ich ließ ihr also ihren Platz. Kaum war das Licht gelöscht und vollkommene Ruhe eingekehrt, als ich auf seltsame Geräusche aufmerksam wurde. Unsere Katze hatte ein Kleines geboren – mein Sohn und ich konnten gleich noch die Geburt des zweiten Kätzchens beobachten. Die Katzenmutter begrüßte intensiv ihre Kinder, ließ sie trinken und ließ sich auch unsere Aufmerksamkeit gefallen. Dann passierte erstmal gar nichts mehr. Wir verstanden, zogen uns zurück und am nächsten Morgen waren zwei weitere Katzenkinder geboren.

Von den Katzen oder den Pferden habe ich als Jugendliche viel gelernt übers Kinderkriegen, Stillen und die Fürsorge für die Kleinen. Als ich zum ersten Mal miterlebte, wie eine unserer Katzen Junge bekam, war ich von diesem Vorbild nachhaltiger beeindruckt, als von vielen Geburten, bei denen ich später in der Hebammenschule dabei war. Die Suche nach einem vertrauten, beschützten Ort und gleichzeitig die feinen oder zur Not offensiven Signale, dass niemand Fremdes bei der Geburt und in der Zeit danach zu nahe kommen durfte – die fürsorgliche Nähe zu den Kleinen, denen die Mütter anfangs nicht von der Seite wichen und die Freiheit, die sie sich in den nächsten Tagen und Wochen vorsichtig zurück eroberten – all das und noch viel mehr haben mir die Tiere für mein eigenes Mutterwerden beigebracht. Die Wehenpause, als sich unsere Katze von uns beobachtet gefühlt hatte, war eine gesunde Reaktion. Auch von den Pferden hatte ich frühzeitig gelernt, dass eine Geburt durch eine Störung im Stall leicht unterbrochen werden kann. Wie sinnvoll – diese Schutzmechanismen, die von der Natur vorgesehen sind. Bei den Geburten meiner Kinder waren mir diese „archaischen“ Verhaltensweisen selbstverständlich – während der Wehenpausen tauchten manchmal Gedankenblitze auf, wie es wäre, nun aufzubrechen an einen fremden Ort – oder wenn fremde Menschen dazu kommen würden. Unvorstellbar!

Wie schade, dass Frauen, die während der Geburt mit Wehenschwäche reagieren, normalerweise nicht ihr gesundes Selbstschutzsystem zugute gehalten wird. Ihre Signale sollten geachtet werden, indem man durch Veränderungen in ihrer Umgebung dem Schutzbedürfnis der Gebärenden entspricht, so dass sich die Kräfte der Geburt in Intimität, Geborgenheit und ungestörter menschlicher Zuwendung mit voller Kraft entfalten können. Eins-zu-eins-Betreuung durch eine unabgelenkte Hebamme wäre eine erste Maßnahme, die helfen könnte. Oder ein abschließbarer Geburtsraum, den nur betritt, wer von der Gebärenden dazu eingeladen wird. Wie oft wird stattdessen ein „Wehentropf angehängt“ und die Mutter geht aus der Geburt ihres Kindes mit dem Gefühl hervor, dass sie irgendwie nicht richtig funktioniert oder gar versagt hat.