Mit Trotz, Liebe – und Chemo

  • Birgit Heimbach, Hebamme und Redakteurin der DHZ: »Jede Hebamme wird vermutlich irgendwann mal eine krebskranke Schwangere oder eine davon Genesene betreuen.«

  • Auf dem Titel dieser Ausgabe sieht man die Hebamme Michaela Holohan mit ihrem wenige Monate alten Sohn und ihrer Ärztin Dr. Karolin Behringer. Aufgenommen wurde es 2014, als Holohan gegen ihr Hodgkin Lymphom kämpfte. Sie hatte bereits in der Schwangerschaft eine Chemotherapie bekommen. Im Schwerpunktthema »Krebs« erzählt sie von ihrem speziellen Weg durch die Krankheit, die jahrelang falsch diagnostiziert wurde.

    Inzwischen gibt es gegen einige Krebserkrankungen immer mehr Zytostatika, die den Fetus nicht schädigen. Zudem ist man aufmerksamer bei manchen Beschwerden. Heute weiß man besser Bescheid über die Prophylaxe, dass etwa Impfen gegen HPV einem Zervixkarzinom vorbeugen kann, wie einer der Beiträge erläutert. Und dass Stillen vor Brustkrebs schützt. Wissenschaftler:innen, wie der »Medical Chemist« Prof. Markus Muttenthaler an der Uni Wien, zeigten, dass das Stillhormon Oxytocin eine wichtige Rolle dabei spielt. Den Zusammenhang erläutert PD Dr. Dominique Finas, leitender Gynäkologe und Geburtshelfer am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe in Berlin.

    Jede Hebamme wird vermutlich irgendwann mal eine krebskranke Schwangere oder eine davon Genesene betreuen. Ich bekam als unerfahrene Auszubildende einen Fall Ende der 1980er Jahre mit: Auf der Gyn-Station lag eine Schwangere, die eine Chemotherapie komplett ablehnte, weil diese das Ungeborenes schädigen würde, dem sie unbedingt das Leben schenken wollte. Sie wusste, dass sie dann stirbt. Ihre eigene Mutter wurde dessen Ziehmutter.

    Später las ich ein bereits 1965 erschienenes Buch, in dem der finnische Journalist Gunnar Mattsson schildert, wie er die Krankenschwester Seija kennen und lieben lernt. Seija leidet ebenfalls am Hodgkin Lymphom. Als sie schwanger wird, unterbricht sie zum Wohle ihres Kindes die Behandlung. Mattsson beschreibt enorme Strapazen: »Sie war bereit, sich weiterhin zu kratzen, bis das Blut in Bahnen lief; sie war bereit, noch ein paar Monate mit ein paar Stunden Halbschlaf je Nacht durchzuhalten. Wenn sie nur das Kind bekam.« Denn die Hoffnungslosigkeit wohne nicht bei einer Frau, die ein Kind erwartet, das schon strampelt. Am Ende der Geschichte wird ein gesunder Sohn geboren und Seija wird geheilt. »Sie sah nur noch das Kind, berauscht von seinem Duft.« Liebe und Glücksgefühle schienen wie Magie zu wirken. Das Buch mit dem Titel »Prinzessin – ein Bericht« wurde ein Welterfolg. Ich hatte mich oft gefragt, wie die Geschichte weitergegangen sein mochte. Der inzwischen 57 Jahre alte Sohn erinnert sich nun für uns in dieser Ausgabe zurück.

    Michaela Holohan resümiert: »Gesundheit ist viel mehr als nur keine Krankheit haben. Seija hat das gespürt. Ich habe das gespürt. Die Chance, unsere Söhne gesund in die Welt bringen zu können, trotz aller Umstände, hat Lebenswillen und Lebenslust geweckt, welche den Erfolg der Therapie gesichert haben. Für uns war das der Weg.«