Qualität macht Spaß!

  • Qualitätsmanagement (QM) gilt landläufig als „Zeitfresser" – Bürokratie, Kontrolle, Fremdbestimmung, wenig eigener Gestaltungsspielraum: QM ist nicht sexy. Als ich im Sommer 2012 im Rahmen meines Masterstudiums an der Uni Krems eine Ausbildung zur „Systemmanagerin Qualität" absolvierte, verlangte mir das trockene Prüfungswissen tatsächlich allerhand ab. Dennoch sah ich einigen Sinn darin, mir diese global verbreiteten Denk- und Vorgehensweisen anzueignen, wie „Qualität" in großen Zusammenhängen heutzutage organisiert wird. Hebammen sollten selbst die Vorgaben von QM-Systemen für ihre Arbeit und den Bereich der Geburtshilfe interpretieren und gestalten können. Sie sollten nicht abhängig sein vom vermeintlichen Expertenwissen, das von außen an den Berufsstand und die eigene Praxis herangetragen wird, war mein Motiv. Die systematisierten allgemeingültigen Strukturen zu beherrschen und zu verstehen, wie Qualität wahrgenommen und erzeugt werden soll, waren wie das Erlernen einer neuen (Welt-)Sprache mit eigener Grammatik. Eines wurde mir dabei umso deutlicher: Qualität systematisch zu erarbeiten, war schon immer Ziel verantwortungsbewusster Hebammen, die mit Herzblut für die betreuten Familien und für ihren guten Ruf mit ihrer Arbeit einstehen.

    Beim Perinatalkongress Anfang Dezember verfolgte ich interessiert eine Veranstaltung zum Thema „Struktur und Qualität in der Perinatologie". Ein Neonatologe stellte dort das neue Zertifizierungsmodell „periZert" vor, das anders als das allgemeine Modell der ISO 9001 konkret auf die Wirklichkeit von Perinatalzentren hin ausgearbeitet ist: Sein Anforderungskatalog soll „die wesentlichen Anforderungen an ein fachspezifisches Qualitätsmanagement-Zertifikat für Perinatal-Zentren in Deutschland" umfassen, verspricht das Zertifizierungsunternehmen. Eigentlich eine gute praxisnahe Idee. Einige Perinatalzentren, wie die Unikliniken Frankfurt oder Leipzig, wurden bereits danach zertifiziert. Den „Anforderungen" von „periZert" entnehme ich allerdings verwundert, dass Hebammen und ihre Arbeit nur an wenigen Stellen erwähnt sind. Drei der 13 ausnahmslos ärztlichen ExpertInnen im „Advisory Board" sind Frauen. Die Zertifizierung wird von vier ärztlichen Fachgesellschaften getragen, die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) ist nicht dabei.

    Wo bleiben die Hebammen im „Advisory Board" von „periZert"? In Zeiten von zumeist positiv gelebter Kollegialität der verschiedenen Berufsgruppen im Dienste hochwertiger Geburtshilfe und angesichts einer bedenklichen Medikalisierung der Geburt, ist es unzeitgemäße Ressourcenverschwendung, auf das Expertinnenwissen von Hebammen zu verzichten. Sie sollten sich zu Wort melden und entsprechende Konzepte verantwortlich mit unterzeichnen, wenn sie aus der Definitionshoheit über die Qualität in Perinatalzentren nicht ausgeschlossen bleiben wollen. Das Credo des Referenten beim Perinatalkongress war: „QM kann Spaß machen!"