Vorbild rauchfreie Hebammen

  • Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert, dass die Rollen, Erwartungen und Möglichkeiten von Frauen in Tabakpräventionsmaßnahmen besser berücksichtig werden. Tabakkontrollpolitik müsse genderspezifisch gestaltet sein. Diese Forderung wurde bereits 2005 im internationalen Abkommen der WHO zur Bekämpfung des Tabakgebrauchs (FCTC) aufgenommen. Deutschland unterzeichnete und ist damit zum Handeln verpflichtet. Auf der anderen Seite wird die Tabakindustrie immer weiter dahin investieren, das Rauchen bei Frauen und Mädchen zu fördern. In der Werbung wird Rauchen assoziiert mit Erfolg, Attraktivität und Freiheit. Ein helles Verpackungsdesign und schlanke Zigaretten vermitteln die Illusion, sie seien weniger schädlich. Als erstes Land in Europa verpflichtet sich Irland nun zu neutralen Verpackungen. Gemäß der WHO-Forderung, die Tabakkontrollpolitik genderspezifisch zu gestalten, müsste Deutschland auch so etwas umsetzen. Immerhin werden bis 2017 strengere Gesetze gelten. Abschreckende große Fotos und Warnhinweise auf den Packungen, deren möglichst drastische Wirkung noch in Studien überprüft wird, sind dann für alle 28 EU-Mitgliedsländer verpflichtend.

    Frauen sind durch den Tabakkonsum gesundheitlich besonders gefährdet. Ihr Rauchverhalten hängt erheblich von Stimmungen und Gefühlen ab. Stressbewältigung geben 55 Prozent als wesentliches Motiv an. Frauen entwickeln schneller eine Abhängigkeit als Männer und leiden unter heftigeren Entzugserscheinungen. Eine Nikotinersatztherapie ist bei ihnen weniger wirksam, die psychische Abhängigkeit größer. Frauen reagieren stärker auf sensorische Aspekte wie Geruch und Geschmack. Typisch ist der obligate Griff zur Zigarette in bestimmten Situationen wie beim Telefonieren oder bei einer Tasse Kaffee. Rauchende Schwangere verursachen in Deutschland zehn Prozent der perinatalen Todesfälle, 35 Prozent der untergewichtigen Neugeborenen und 15 Prozent der Frühgeburten. Einige schaffen es zwar, in der Schwangerschaft mit dem Rauchen aufzuhören, werden aber nach der Geburt oft rückfällig und gefährden dann ihre Babys, etwa durch passives Mitrauchen. Rauchende Mütter erhöhen das Risiko ihrer Töchter, später selbst zu rauchen.

    Laut Sybille Fleitmann vom Wissenschaftlichen Aktionskreis Tabakentwöhnung sollten Frauen in Gesundheitsberufen, Medien und Politik eine Vorreiterrolle übernehmen, sich vernetzen und dazu beitragen, Nichtrauchen zur sozialen Norm zu machen. „Eine Schlüsselposition besetzen dabei Hebammen und Familienhebammen, die als Vertrauenspersonen nicht nur bei Schwangeren, sondern auch bei jungen, sozial benachteiligten Familien eine einflussreiche Rolle spielen können." Das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Projekt „Weniger ist mehr – Rauchfreiberatung durch Familienhebammen" sieht nun vor, dass auch rauchende Hebammen ein Angebot für Kurzinterventionen bekommen. Denn es gibt immer noch genügend.