QM in der Freiberuflichkeit | Teil 29

Arbeitsschritte planen

Der erste Teil zum Thema Prozessdarstellungen hat erläutert, welche Hebammentätigkeiten als Prozesse zu verstehen sind (siehe DHZ 1/2017). Am Beispiel von Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskursen zeigt sich nun, wie Hebammen diese Anforderungen im QM-System darstellen können. Monika Selow
  • Jeder Kurs benötigt eine umfassende Planung.

  • Arbeitsschritte und Aufgaben bei der Organisation von Kursen

Der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe sieht eine Vergütung für Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse vor. Bevor der neue Vertrag 2015 in Kraft trat, galten schon Vorgaben für die maximale Anzahl der Teilnehmerinnen und berechnungsfähigen Kursstunden sowie eine Quittierungspflicht. Daneben gibt es nun auch detailliertere inhaltliche Beschreibungen (siehe Auszüge aus Anlage 1.2), Qualifikationsanforderungen und die Pflicht zur Einführung eines QM-Systems. Bei Hebammen, die schon vor 2015 Kurse angeboten haben, wird übergangsweise eine entsprechende Qualifikation vorausgesetzt. Hebammen, die damit erst anfangen oder ihr Angebot länger als 18 Monate unterbrochen haben, müssen durch fachspezifische Fortbildungen, Externate, Praktika oder Hospitation nachweisen, dass sie sich auf dem aktuellen Stand des Wissens befinden. Ihre Qualifikationen müssen sie im Portfolio darstellen. Die laufende Weiterbildung im eigenen Tätigkeitsspektrum belegen sie durch Fortbildungsnachweise (siehe Hefte 4 und 5/2016).

Werden nur andere Kurse angeboten (beispielsweise Yoga, Babymassage, Pekip) können andere Voraussetzungen gelten, insbesondere wenn sie über einen Kostenträger vergütet oder bezuschusst werden.

 

Auszüge aus Anlage 1.2 Leistungsbeschreibung zum Vertrag über Hebammenhilfe nach § 134a SGB V

 

Jede Hebammentätigkeit setzt sich in unterschiedlichen Anteilen in der Regel aus bestimmten Arbeitsschritten zusammen.
Bei Kursleistungen sind dies nachfolgend:

  • Beratung/Information
  • praktische Anleitung
  • körperliche Übungen
  • Förderung gruppendynamischer Prozesse.

Geburtsvorbereitung in der Gruppe (0700)*
Grundlegende Informationen zu Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Neugeborenem im Rahmen eines modular strukturierten, fortlaufenden Kurses unter Berücksichtigung des Informationsbedarfes der Kursteilnehmerinnen

  • Verlauf/Physiologie, Veränderungen, Begleiterscheinungen, möglichst Beschwerden und Allergieprophylaxe für Mutter und Kind
  • Mögliche Unterstützungsleistungen, Hilfen und deren Dokumente**
  • Körperhaltung, Entlastung, Ernährung und andere schwangerschafts­relevante Themen
  • Bindungsförderung und Stärkung von Elternkompetenzen und des Selbstvertrauens (z.B. Auseinandersetzung mit Erwartungen, Vorfreude, Unsicherheiten, Ängsten, Sexualität, Umgang mit Geschwisterkindern, Veränderung der Partnerbeziehung und Beziehungsprobleme)
  • allgemeine Informationen zu unterschiedlichen Geburtsorten u. Betreuungsmethoden
  • ggf. Rolle einer Bezugsperson während der Geburt
  • Physiologie der Wehentätigkeit
  • Information zum Verlauf einer regelrechten Geburt, möglichen Abweichungen vom normalen Verlauf (ggf. Informationen über geburtserleichternde Maßnahmen, operative Entbindungen und Nachgeburtsperiode)
  • Bedeutung und Verlauf des Wochenbetts (regelrecht und mögliche Abweichungen/Komplikationen)
  • Vorbereitung, Maßnahmen und Entlastungsmöglichkeiten zur Unterstützung im Wochenbett
  • Neugeborenes: Erstversorgung, Untersuchung und Prophylaxe
  • Anleitungen zum Handling (Schlafposition, Kopf stützen usw; Entwicklung und Grundbedürfnisse im frühen Wochenbett (z.B. Gelbsucht des Neugeborenen, Wundheilung)
  • Information zum Stillen und dessen Stellenwert und zu ggf. notwendig werdenden Alternativen
  • Umgang mit Suchtmitteln (z.B. Nikotin, Alkohol und sonstiges)
  • Information zu Anatomie des Beckens, der Brust und Bindegewebe sowie neurologische und hormonelle Zusammenhänge.

Praktische Übungen

  • Wahrnehmungsübungen
  • Beweglichkeits-, Lockerungs-, Dehnungs- und Entspannungsübungen
  • Atemarbeit
  • Beckenbodenübungen, Beckenbewegungsübungen
  • Wehenübungen
  • Übungen zur Körperhaltung und Bewegung für alle Phasen der Geburt, Gebärpositionen
  • Anleitungen zu Körperübungen und Entspannungsübungen, ggf. auch durch Partner.

Rückbildungsgymnastik in der Gruppe (2700)
Rückbildungsgymnastik in Form von Beratung und praktischen Übungen

  • Informationen über körperliche Veränderung und Maßnahmen nach Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
  • Erklärungen zur Funktion des Beckenbodens und Erläuterung der Lage innerer Organe
  • Wahrnehmung, Kontrolle und Kräftigung des Beckenbodens (u.a. Senkungs-, Inkontinenzprophylaxe)
  • allgemeine Kräftigung des Bewegungs- und Halteapparates durch Übungen (Information und praktische Anleitung zum Alltag mit Baby, z.B. Heben, Tragen und Stehen – Ergonomie)
  • Venentraining
  • Körperarbeit, z.B. Entspannungsübungen.

*Positionsnummer des Vergütungsverzeichnisses

**Hinweise auf die Formalitäten und Anträge, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt von den Eltern zu erledigen bzw. zu stellen sind.

 

Inhaltliche Gestaltung

 

Als Mindestanforderung für ein QM-Handbuch für Hebammen, die Geburtsvorbereitungs- oder Rückbildungskurse anbieten, muss ein „Kurskonzept je Modul/Einheit" vorliegen. Dieses sollte die Bestandteile der Leistungsbeschreibung des Vertrages enthalten. Dabei besagt die Leistungsbeschreibung ausdrücklich, dass eine flexible Gestaltung möglich ist, die sich am individuellen Bedarf der Versicherten orientiert, und dass die Inhalte nicht jedes Mal und in Gänze erbracht werden müssen. Spezielle Kursgestaltungen, wie Kurzkurse für Mehrgebärende, reine Frauenkurse oder Kurse nach dem Verlust eines Kindes können damit andere Gewichtungen und Schwerpunkte aufweisen als Paarkurse für Erstgebärende.

 

Mindestanforderungen an ein QM-Handbuch

 

Im November 2015 ist der durch Schiedsspruch festgesetzte neue Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) veröffentlicht worden. Danach ist jede freiberufliche Hebamme verpflichtet, bis Mai 2016 mit der Einführung eines QM-Systems begonnen zu haben und es innerhalb von zwei Jahren fertigzustellen. Die Mindestanforderungen an ein QM-Handbuch der Hebamme sind in Anhang 3a (Qualitätsmanagement) zur Anlage 3 (Qualitätsvereinbarung) des Vertrages definiert. Im zweiten Absatz mit der Überschrift „Vorhaltung und Pflege von Informationen/Unterlagen im QM-Handbuch der freiberuflichen Hebammen (Definition der Mindestanforderungen)" finden sich sechs Bestandteile, die von jeder Hebamme erwartet werden, unabhängig von ihrem Tätigkeitsspektrum.

Die DHZ stellt diese Bestandteile in der Reihe „QM in der Freiberuflichkeit" vor. Zusätzlich findet sich im Archiv der DHZ unter https://www.dhz-online.de/index.php?id=626 jeweils ein editierbares Muster des QM-Dokuments zum Thema (frei erreichbar). Hebammen können es systemunabhängig in das eigene QM-Handbuch übernehmen.

Hebammen können ihre Kurse in selbst erarbeiteten Konzepten darstellen oder auch mit Vorlagen aus Fortbildungen oder Büchern. Sie sollten ihr Konzept mit den vertraglich vereinbarten Inhalten vergleichen und es gegebenenfalls anpassen. Im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung fließen auch die Rückmeldungen der KursteilnehmerInnen in die Weiterentwicklung des Konzeptes ein.

 

Kursorganisation

 

Neben der inhaltlichen Gestaltung der einzelnen Kursstunden trägt eine effiziente und transparente Organisation wesentlich zur Zufriedenheit der Frauen und Paare und zur Arbeitszufriedenheit der Hebamme bei. Je umfangreicher das Kursangebot ist und je mehr Beteiligte es gibt, desto sinnvoller wird es, den ganzen Prozess zu klären und im QM-Handbuch abzubilden. Die Tabelle „Arbeitsschritte und Aufgaben bei Angebot von Kursen" (Seite 66) enthält Bestandteile, die im Prozess der Kursdurchführung eine Rolle spielen. Sie gliedern sich in drei Bereiche: Der allgemeine Aufgabenteil enthält einmalige Schritte, wie die Erstellung eines Kurskonzeptes und die Erstellung oder Beschaffung von Formularen. Zu den allgemeinen oder langfristigen Aufgaben im Kursbetrieb zählen etwa die Jahresplanung und die Werbung. Den dritten Bereich bilden Aufgaben, die für jeden Kurs immer wieder aufs Neue notwendig sind.

Zu vielen Arbeitsschritten gibt es Dokumente, die den Arbeitsablauf erleichtern. Finden die Kurse in größeren Einrichtungen statt, so sind unterschiedliche Personen oder Abteilungen innerhalb des Gesamtprozesses zuständig. Prozessdarstellungen erfolgen immer aus der eigenen Perspektive derjenigen, die für den Prozess verantwortlich oder wesentlich beteiligt sind. In den Zuständigkeitsbereich einer Hebamme, die neben einer Anstellung in der Klinik dort auch freiberuflich Geburtsvorbereitungskurse leitet, fallen andere Aufgaben als in einer Hebammenpraxis, die als Gesellschaft Kurse anbietet und eine Bürokraft beschäftigt.

Allgemeine Aufgaben wie Jahresplanung, Rechnungsstellung oder Öffentlichkeitsarbeit werden meist an anderer Stelle des QM-Handbuches bearbeitet oder haben in Organisationen mit komplexeren Strukturen, wie Kliniken oder Geburtshäusern, eigene Prozesse. Hygiene, Brandschutz, Erste Hilfe, Unfallverhütung, Umgang mit Arbeitsmaterialien und der Schweigepflicht sind zwar für die Kurse relevant, gelten jedoch für die Berufsausübung insgesamt beziehungsweise für die Unterhaltung von Räumlichkeiten, so dass sie für den Kursbetrieb nicht nochmals separat behandelt werden müssen. Für die Organisation der Kurse kann eine Checkliste, die für jeden einzelnen Kurs verwendet wird, bereits ausreichen, um den Prozess zu verbessern und im QM-Handbuch abzubilden (siehe Checkliste zum Download im Internet).

Jede Hebamme und jedes Team kann selbst entscheiden, welche Dokumente, Formulare und Darstellungen neben dem Kurskonzept noch nützlich sind und was sie in ihr QM-Handbuch aufnehmen möchte.

Rubrik: Organisation & Qualität, QM | DHZ 02/2017

Literatur

Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a Abs. 1 SGB V: in der Fassung des Schiedsspruches 2015. https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/ambulante_leistungen/hebammen/hebammenhilfevertrag/hebammenhilfevertrag.jsp (letzter Zugriff: 20.10.2016)

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