Leseprobe: DHZ 04/2015

Das ABC des Basic Life Support

Bei etwa jeder 30.000. Geburt stirbt in Deutschland eine Mutter. Wie oft es zu einem Kreislaufversagen kommt, das Reanimationsmaßnahmen erfordert, ist nicht belegt. Das Erkennen des Kreislaufstillstandes und das Absetzen des Alarms gehen dem ABC-Schema in der Notfallrettung voraus. Peggy Seehafer,
  • Ist der Notruf abgesetzt, wird unverzüglich mit der Reanimation begonnen.

  • Reanimation zu zweit: Eine Hebamme macht die Herzdruckmassage, die andere hält den Ambubeutel. Drücken und pusten im Verhältnis 30 : 2.

  • ABC-Regeln zur Reanimation

Die Primärdiagnostik ist ein wesentlicher Bestandteil jeder Notfallsituation. Jegliche Zeitverzögerung bei einer „leblosen Patientin" führt unter Umständen zu schweren Schädigungen oder zum Tod derselben. Das Versagen des Kreislaufs kann zum Beispiel durch eine Fruchtwasserembolie, eine Blutung, kardiovaskuläre Erkrankungen, (Prä-)Eklampsie oder eine Lungenembolie ausgelöst werden. Die therapeutischen Maßnahmen zur Lebensrettung sind nicht von der Ursache abhängig. Es sollte nicht länger als 10 bis 15 Sekunden dauern, den Zustand der Patientin und ihre Reanimationspflicht durch eine Kontrolle von Atmung und Puls zu klären.

Jede Klinik, jedes Geburtshaus und jede Hebammenpraxis hat einen Notruf, der in einem solchen Fall abgesetzt werden muss. Nach der Primärdiagnostik gibt es nur die Entscheidung für oder gegen eine Reanimation. Zur ABC-Regel gehören:

A („Airway"): Atemwege freimachen und offen halten

B („Breathing"): Beatmen

C („Circulation"): Herzdruckmassage (HDM)

D („Drugs"): i.v. Gabe von kreislaufwirksamen Medikamenten,
wie beispielsweise Adrenalin

E („ECG"): EKG

F („Fibrillation"): Defibrillatation

Das Freimachen der Atemwege und die Beatmung sowie die externe Herzdruckmassage gehören zu den basalen Reanimationsmaßnahmen, die bis zur Übernahme der Frau durch die Anästhesie oder einen Notarzt durch die Hebamme geleistet werden müssen.

 

A. Atemwege freimachen

 

Die Lagerung zur Wiederbelebung erfolgt am sichersten und besten flach mit dem Rücken auf dem Fußboden. Bei einer Schwangeren nach der 20. Schwangerschaftswoche ist wegen des Vena cava inferior-Syndroms die Lagerung nach links mit einem Winkel von 15° bis 30° wichtig, um die Zirkulation zurück zum Herzen überhaupt zu ermöglichen. Dazu kann man einen Keilkissen unter die rechte Pobacke schieben. Steht eine zweite Helferin zur Verfügung, wird der schwangere Uterus mit der Hand nach links gedrückt, um die Vena cava zu entlasten.

Eine komplette Seitenlage ist aber kontraproduktiv für die Beatmung und Herzdruckmassage. Außerdem ist es wichtig den BH der Frau zu öffnen, um die Belüftung zu erleichtern. Der Kopf wird im Nacken überstreckt, um ein Zurückfallen der Zunge zu verhindern, welche die Luftröhre verschließen würde. Die Mundhöhle muss gegebenenfalls mit einem Tuch ausgewischt oder abgesaugt werden. Manches Mal kommt dadurch die Atmung schon wieder in Gang.

Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer reanimationspflichtigen Schwangeren der Kreislaufstillstand kardial bedingt ist, ist sehr hoch (Herzinfarkt, Embolie, Myocarditis). Deswegen wird nicht mit B, zwei initialen Beatmungen, sondern mit C, der Herzdruckmassage begonnen.

 

C. Herzdruckmassage

 

Der Druckpunkt für die Herzdruckmassage befindet sich beim Erwachsenen im unteren Drittel des Brustbeines, zwei Querfinger oberhalb des Schwertfortsatzes. Zur Durchführung der äußeren Herzdruckmassage kniet die Hebamme so dicht wie möglich neben der Patientin. Nach dem Auffinden des Druckpunktes werden beide Handflächen an dieser Stelle übereinander gelegt. Die zweite Hand wird gekreuzt auf die erste Hand gelegt, wobei die Handinnenfläche der zweiten Hand genau auf der Handaußenfläche der ersten Hand liegt. Für der Herzdruckmassage werden die Ellenbogengelenke steif und gestreckt gehalten, während beide Hände auf dem beschriebenen Druckpunkt des Brustbeines der Frau liegen.

In einem festen Rhythmus werden nun 80 bis 100 Druckstöße pro Minute auf den beschriebenen Druckpunkt des Brustbeines ausgeübt. „Stayin‘ alive" von den Bee Gees im Hinterkopf zu summen, ermöglicht eine nahezu perfekte Druckfrequenz. Der Druck sollte dabei senkrecht von oben erfolgen, durch eine Gewichtsverlagerung des eigenen Körpers über die gestreckten Arme. Die einzelnen Druckmassagen drücken das Brustbein je vier bis fünf Zentimeter in Richtung Wirbelsäule ein. Nach jedem Druck auf den Brustbeindruckpunkt muss dieser wieder vollständig entlastet werden. Das Verhältnis von Druck und Entlastung beträgt dabei 1 : 1.

Wird die äußere Herzdruckmassage korrekt durchgeführt, kann eventuell ein ausreichender Minimalkreislauf für das Überleben der Mutter und sogar des Fetus wiederhergestellt werden, unabhängig davon, welche Erkrankung den Herzstillstand verursacht hat.

Das Blut, das während der Herzdruckmassage in die Lungen ausgeworfen wird, muss dort durch die Beatmung mit Sauerstoff beladen werden. Aus diesem Grunde müssen die äußere Herzdruckmassage und die Atemspende ohne Unterbrechung im Wechsel mit einer Frequenz von 30 : 2 erfolgen.

 

B. Beatmung

 

Machen Sie nach den 30 Herzdruckmassagen die Atemwege durch Überstrecken des Kopfes wieder frei.

Ein-Helfer-Methode

Setzen Sie die Beatmungsmaske mit Hilfe des sogenannten C-Griffs so über Mund und Nase der Patientin, dass keine Luft unter der anliegenden Maske entweichen kann. Drücken Sie den Ambu-Beatmungsbeutel zwischen Daumen und den vier Fingern innerhalb einer Sekunde maximal durch. Beobachten Sie dabei, ob der Brustkorb sich wie bei der normalen Atmung sichtbar hebt, um sicherzustellen, dass Sie die Frau effektiv beatmen. Mit dem Loslassen des zusammengepressten Ambubeutels atmet die Patientin wieder aus (eine Sekunde). Die Maske bleibt dafür auf das Gesicht gepresst. Im unmittelbaren Anschluss drücken Sie den Ambubeutel für die zweite effektive Beatmung wieder zusammen.

Die Beatmung über Mund-zu-Nase oder Mund-zu-Mund ist als Notlösung akzeptabel, wenn keine anderen Hilfsmittel vorhanden sind. In Geburtshäusern und Kliniken sind aber Beatmungsmasken und ein Ambubeutel vorzuhalten, an den auch Sauerstoff angeschlossen werden kann. Für die Mund-zu-Mund-Beatmung legen Sie die Kopfhand auf die Stirn der Frau und verschließen mit Daumen und Zeigefinger ihre Nase. Holen Sie normal Luft und legen Sie Ihre Lippen so um den Mund der Patientin, dass keine Luft seitlich entweichen kann. Blasen Sie gleichmäßig in den Mund. Beobachten Sie dabei, ob der Brustkorb sich wie bei der normalen Atmung hebt. Lassen Sie die Luft anschließend ebenso lange (eine Sekunde) aus der Patientin entweichen und beginnen Sie die zweite effektive Beatmung. Die Zeitspanne für zwei Beatmungen soll fünf Sekunden nicht überschreiten. Danach wechseln Sie wieder zur Herzdruckmassage.

Die Zwei-Helfer Methode

Sind genügend Hebammen oder Assistenten vor Ort, kann die Frau auch mit zwei Helfern reanimiert werden. Eine Hebamme übernimmt vom Kopfende der Patientin aus die Beatmung mit Maske und Ambubeutel, die zweite die Herzdruckmassage von der Seite.

Bei der Zwei-Helfer-Methode zählt die Hebamme, welche die Herzdruckmassage durchführt, laut: ,,1, 2, 3, 4, 5, 6 ... 30" und die Hebamme, die die Beatmung mittels Ambubeutel durchführt, ebenfalls laut: „1, 2".

 

Die Erfolgskontrolle der Wiederbelebung

 

Die direkten Wiederbelebungsmaßnahmen sollten innerhalb der ersten vier Minuten nach dem Eintreten des Herz-, Kreislauf- und Atemstillstandes, in Form eines Minimalkreislaufes zum Erfolg führen.

Die Reanimationsmaßnahmen sind erfolgreich, wenn der Puls der Halsschlagader (A. carotis) beidseitig wieder tastbar wird, die vorher erweiterten Pupillen sich verengen, die Patientin wieder spontan atmet und ihre Hautfarbe wieder rosig wird. Die Verengung der Pupillen und das Einsetzen der eigenen Atmung sind Anzeichen dafür, dass das Gehirn durch den Minimalkreislauf, welcher durch die Reanimation in Gang gesetzt wurde, wieder mit sauerstoffangereichertem Blut durchströmt wird.

Wegen der Ermüdung bei dieser kraftaufwändigen Intervention kann es auch sinnvoll sein, dass sich die Helferinnen alle zwei Minuten abwechseln, um nicht durch eine mangelnde Drucktiefe den Erfolg der Herzdruckmassage zu mindern. Die Reanimationsmaßnahmen dürfen jedoch nicht unterbrochen und müssen so lange fortgeführt werden, bis die Frau wieder atmet, reagiert, sich bewegt und wieder einen tastbaren Carotispuls hat und/oder die Frau unter Reanimationsmaßnahmen an den eingetroffenen Notarzt oder das Anästhesieteam übergeben werden kann.

 

D. – E. – F. – Drugs – EKG – Fibrillation

 

Mit dem Anlegen eines EKGs kann begonnen werden, wenn mindestens zwei Helfer vor Ort sind und eine Hebamme die Basisreanimation sichert. Die Gabe von kreislaufwirksamen Medikamenten obliegt der ärztlichen Anweisung. Die Reanimation inklusive Defibrillation innerhalb von drei bis fünf Minuten nach dem Kollaps erhöht die Überlebensraten auf 49 bis 75 Prozent (ERC-LL 2010). Sollte ein automatischer Defibrillator zur Verfügung stehen, würde auch dessen Einsatz zu den Maßnahmen des Basic Life Support gehören. Realistischerweise ist darauf hinzuweisen, dass in den Kreißsälen keine automatischen Defibrillatoren vorgehalten werden, sondern sich justierbare Geräte auf dem Anästhesie-/Notfallwagen befinden. In Anbetracht weiterer notwendiger Maßnahmen und der Kürze der Zeit, bis die Anästhesie innerhalb einer Klinik verfügbar ist, muss der Einsatz des Defibrillators zurückgestellt werden.

Sobald der Anästhesist oder der Notarzt die Patientin übernimmt, kann sich die Hebamme von den Reanimationsmaßnahmen zurückziehen und übernimmt oder assistiert weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel die Vorbereitung zur Cito-Sectio.

Es kann – je nach Ursache – wenige Minuten bis einige Stunden dauern, bis Reanimationsmaßnahmen zum Erfolg führen, das heißt bis Herztätigkeit und Atmung wieder selbstständig und anhaltend vorhanden sind.

Rubrik: Beruf & Praxis | DHZ 04/2015

Literatur

Koster, R.W. et al.: ERC Leitlinien – Basismaßnahmen zur Wiederbelebung Erwachsener
 und Verwendung automatisierter externer Defibrillatoren. Notfall–Rettungsmedizin. 7. http://download.springer.com/static/pdf/281/art%253A10.1007%252Fs10049-010-1368-x.pdf?auth66=1426093957_858f826b04b8507dfa70e0ddb589fb16&ext=.pdf (2010)