Leseprobe: DHZ 11/2016
Posterwettbewerb

Krankenhausliegezeit beeinflusst Stilldauer

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Zeit, die eine Frau und ihr Kind nach der Geburt im Krankenhaus sind, und der Stilldauer? Das war die Frage von vier Schülerinnen der Hebammenschule Hannover, die ihre Ergebnisse auf einem Poster auf dem 3. DHZCongress vorstellten. Sie belegten damit den ersten Platz beim Posterwettbewerb. Silke Bingemer, Sandra Rittweger, Anne-Maria Kerst, Amal Eluqleh,

In der praktischen Ausbildung an der Hebammenschule in Hannover haben wir die Erfahrung gemacht, dass einige Frauen, die ursprünglich stillen wollten, in den ersten Tagen und Wochen aufgrund von Stillproblemen abgestillt haben. Wir haben uns gefragt, ob die Dauer der Krankenhausliegezeit nach der Geburt unmittelbar mit einem frühen Abstillen zusammenhängen könnte. Das wollten wir von den Müttern wissen.

Um eine Antwort zu bekommen, entwarfen wir einen Fragebogen. Die Internetseite www.surveymonkey.de, ein kostenloses Tool für den Entwurf von Fragebögen und Online-Umfragen, bot sich dafür an. Auf verschiedenen Internetplattformen haben wir die Umfrage mit zehn Fragen veröffentlicht. Wir wollten von den Müttern unter anderem wissen, wie und wo sie geboren haben, ob das Krankenhaus als „stillfreundlich" zertifiziert war, wie lange der Krankenhausaufenthalt dauerte, ob sie gestillt haben und wenn ja, wie lange. Interessant war für uns auch zu erfragen, was letztlich zum Abstillen geführt hatte und was ihnen geholfen hätte, weiter zu stillen. Die Resonanz auf den Fragebogen war unglaublich groß. Innerhalb von 48 Stunden gingen bei uns 433 beantwortete Fragebögen ein. Bei der Auswertung der Fragebögen haben wir uns auf die Frauen konzentriert, die in den vergangenen zwei Jahren ein oder mehrere Kinder geboren hatten. Dies traf auf 225 der beantworteten Fragebögen zu. Aus den Fragebögen ging nicht hervor, wann in den letzten zwei Jahren sie geboren hatten. Somit gab es einen großen Anteil von Frauen, die angegeben haben noch zu stillen.

Wir untersuchten das Stillverhalten bei einer Liegezeit von bis zu drei Tagen sowie von vier Tagen und länger. Es wurden keine Frauen in die Umfrage aufgenommen, die ambulant geboren hatten und direkt nach der Geburt nach Hause gegangen waren.

Das Ergebnis überraschte uns. 116 Frauen von den 225 Teilnehmerinnen, waren nicht länger als drei Tage im Krankenhaus. 14 von ihnen haben in den ersten acht Wochen abgestillt (davon hatten 13 spontan geboren und eine per Sectio). Drei Frauen von ihnen hatten schon in der ersten Woche abgestillt. Von diesen 14 Frauen hatten 71,4 Prozent ihr Kind in einem stillfreundlichen Krankenhaus zur Welt gebracht.

101 Frauen waren nach der Geburt ihres Kindes vier Tage und länger im Krankenhaus. Das Verhältnis von Frauen, die spontan geboren hatten, und Frauen die per Sectio entbunden wurden, war hier erstaunlicherweise sehr ausgeglichen. 24 von den 225 Frauen hatten in den ersten acht Wochen abgestillt (davon haben zwölf spontan geboren und zwölf per Sectio). Auffällig war hier, dass 13 Frauen schon in der ersten Woche wieder abgestillt haben. Aber auch hier konnten wir feststellen, dass der Geburtsmodus keine Rolle gespielt hatte, denn sieben von ihnen hatten spontan geboren und sechs per Sectio. Von den 24 Frauen, die früh abgestillt hatten, haben 80 Prozent ihr Kind in einem stillfreundlichen Krankenhaus zur Welt gebracht. 8 von den 225 Teilnehmerinnen hatten in den letzten zwei Jahren im Geburtshaus oder Zuhause geboren. Alle diese Frauen hatten mindestsens ein Jahr gestillt oder stillten noch.

Bei den Antworten auf die Frage: „Was war für Sie der ausschlaggebende Grund, mit dem Stillen aufzuhören?", haben wir uns in erster Linie die Antworten der Frauen angesehen, die in den ersten acht Wochen abgestillt hatten. Folgende Schlagwörter haben wir dabei herausgefiltert: Stress, Schmerzen und keine Milch. Des Weiteren wurden Gewichtsabnahme, Babyblues, Brustverweigerung, Kieferfehlbildungen, Brust-OP, Medikamente und keine Lust als Gründe angegeben. Auf die Fragestellung, was den Müttern geholfen hätte weiter zu stillen, kamen als häufigste Antworten: Ruhe, kein Stress, Stillberatung, weniger Druck, mehr Personal und mehr Milch.

Anders als von uns erwartet, zeigt das Ergebnis, dass der Geburtsmodus eine eher untergeordnete Rolle spielt, wenn es um die Dauer der Krankenhausliegezeit und der Stilldauer geht. Zwischen dem frühen Abstillen in der ersten Lebenswoche des Kindes und einem Krankenhausaufenthalt über vier Tagen lassen sich Zusammenhänge erkennen. Zu unserer Enttäuschung lagen 80 Prozent der Frauen, die mehr als vier Tage im Krankenhaus verbracht und innerhalb von acht Wochen abgestillt hatten, in einem stillfreundlichen Krankenhaus. In den allermeisten Fällen fehlte den Frauen Ruhe, Zeit und eine individuelle einfühlsame Stillberatung.

Rubrik: Ausbildung & Studium | DHZ 11/2016