Ein konkreter Schmerz

Gefühle sind etwas Sonderbares. Obwohl sie sich auf der seelischen Ebene abspielen, können sie sich sehr stark körperlich ausdrücken, uns geradezu überwältigen.

Wenn wir uns sehr über etwas freuen, spüren wir das auch körperlich. Das Herz schlägt schneller, vielleicht merken wir ein Flattern im Bauch, es fühlt sich warm und angenehm an. Wir strahlen im wahrsten Sinne des Wortes, wenn andere Menschen uns Freude bereiten, indem sie uns herzlich begrüßen, uns ein Kompliment machen oder uns auf eine andere Art zeigen, dass sie uns mögen und schätzen.

Wir sind soziale Wesen, die existenziell auf andere angewiesen sind. Selbst wenn wir gut allein sein können, brauchen wir doch die Akzeptanz und Unterstützung durch andere Menschen, um zu überleben.

Natürlich wirken sich auch negative Gefühle körperlich aus. Wir haben ein flaues Gefühl im Magen, wenn wir glauben, einen Fehler gemacht zu haben. Wir geraten in Panik, wenn ein schwerer Verlust uns trifft. Trauer kann einen Menschen zutiefst belasten, über Wochen, Monate, manchmal Jahre. Stresshormone und die Flucht- und Kampfreaktionen unseres Körpers können aus seelischen Schmerzen echte körperliche Probleme werden lassen. Es können chronische Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Entzündungsreaktionen, Autoimmunerkrankungen oder Depressionen daraus entstehen, wenn Menschen chronischem Disstress ausgesetzt sind. Das Mikrobiom verändert sich, und es gibt sogar Nachweise epigenetischer Veränderungen.

Allmählich wird unserer Gesellschaft bewusst, dass auch Diskriminierungen seelische wie körperliche Schmerzen verursachen können. Eine körperliche Gewalttat ist allerdings leichter zu benennen als eine seelische. Viele kleine seelische Verletzungen akkumulieren sich, wenn sie nicht ausgeglichen und aufgefangen werden. So kann Diskriminierung krank machen. Am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft, im Gesundheitswesen. Deshalb ist Anti-Diskriminierung eine gesellschaftliche Notwendigkeit – und Hass keine Meinung.