Hebammenhilfe auch für den Vater?
Werdende Väter werden heute als Teilnehmer von Geburtsvorbereitungskursen angesprochen, müssen ihre Kursgebühren jedoch in der Regel zum größten Teil oder vollständig selbst tragen. In der Schwangerschaft werden sie von den Betreuenden oftmals als stille Unterstützer wahrgenommen, obwohl auch ihnen – beispielsweise bei Komplikationen – wichtige Entscheidungen abverlangt werden. Sie können dabei auch in emotionale Krisen geraten, die möglicherweise die Beratung oder Unterstützung durch Hebammen und ÄrztInnen erforderlich machen. Aufgrund sich wandelnder Rollen und der Öffnung der Medizin für Angehörige nehmen seit Jahrzehnten Männer immer selbstverständlicher an der Geburt ihrer Kinder teil. Dort übernehmen sie zunehmend – nicht selten auch wegen der Arbeitsüberlastung der Hebammen in vielen Kreißsälen – wichtige Betreuungsfunktionen.
Achtsamkeit für die Rolle des Vaters
Für diese Situation braucht es von Hebammen und ÄrztInnen aber auch eine Achtsamkeit für die Grenzen und Nöte von Männern, die Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett so hautnah teilen. Haben die werdenden Väter ein eigenes Anrecht auf die Betreuung, beispielsweise wenn ein Notkaiserschnitt erforderlich wurde und der Partner aufgelöst und voller Angst warten muss? Und durch wen sollte diese Betreuung gewährleistet werden? Sind Hebammen zuständig für das Erkennen einer schweren psychischen Krise bei einem Vater in Schwangerschaft oder Wochenbett? Sollten sie intervenieren, wenn eine Beziehungskrise das gesunde Wochenbett gefährdet? Wie viel Mit-Betreuung und Mit-Verantwortung tragen Hebammen für die nächsten Angehörigen, wie den Partner der Frau? Die Hebamme und Gesundheitswissenschaftlerin Prof. Dr. Sabine Dörpinghaus beschrieb schon 2010 die Aufgaben der Hebamme als einen gesellschaftlichen Auftrag, in welchem zur Klientel einer Hebamme neben der Frau und dem (ungeborenen und geborenen) Kind auch der Partner oder die Partnerin gehört.
In der Gebührenordnung für Hebammen kommt das Wort „Vater“ nicht vor, ebenso fehlt es in der Berufsordnung und dem Hebammengesetz. Die Beratung des Vaters findet also nebenbei im Kontext der Betreuung der Schwangeren oder jungen Mutter statt. Telefonate mit dem Vater sind nicht abrechnungsfähig.
Mütter eines Adoptivsäuglings haben heute den gleichen Anspruch auf Hebammenhilfe wie biologische Mütter. Für ein Kind, dessen Mutter bei der Geburt gestorben ist, bekommt der Vater Wochenbettbesuche von der Krankenkasse erstattet. Aber sollten nicht alle Väter aus Gründen der Gleichbehandlung einen eigenen Anspruch auf Hebammenhilfe haben, wo sie diese benötigen? Inwiefern wird die Betreuung der Väter in der Hebammenausbildung und im -studium heute bereits gelehrt? Und welche Aus- und Weiterbildungen wären notwendig, um Hebammen für eine solche qualitativ hochwertige Betreuung zu befähigen?
Literatur
Dörpinghaus S: Was Hebammen erspüren. Ein leiborientierter Ansatz in Theorie und Praxis. Mabuse-Verlag. Frankfurt 2010
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