Corona-Virus

Besondere Schutzmaßnahmen

Auf allen Kanälen laufen derzeit Hinweise zum neuartigen Corona-Virus und Empfehlungen zum Umgang mit Menschen, die daran erkrankt sind. Die Pandemie war nicht mehr zu verhindern. Was gegen jede Influenza-Verbreitung wirkt, steht auch hier an erster Stelle. Ein Update. Dr. Helmut Jäger
  • Das Corona-Virus, das inzwischen den Namen »SARS-CoV-2« trägt, befällt die Atemwege und kann Lungenentzündungen auslösen. Übertragen wird es nach derzeitigem Kenntnisstand durch direkten Kontakt per Tröpfcheninfektion.

Über der nördlichen Halbkugel verbreiten sich in den Wintermonaten jährlich Viren, die akute, fieberhafte Atemwegserkrankungen auslösen. Diese »Grippe«-Infektionen lösen klinisch ähnliche Krankheitsbilder aus. Im Englischen ist kurz von »Flu« die Rede. Sie werden durch einen Virusnachweis genauer differenziert. Neben Influenzaviren der Gruppen A oder B kommen als Verursacher zahlreiche andere Viren infrage, die unter dem Begriff Influenza like illness (ILI) zusammengefasst werden (siehe Link: WHO Falldefinitionen).

ILI-Viren wie das Respiratorische Syncytial-Virus (RSV) lösen bei den meisten Menschen relativ harmlose Erkrankungen aus. Viele sprechen von Grippe oder Flu, wenn sie eigentlich Influenza meinen. Influenza-Viren machen aber nur einen saisonal sehr unterschiedlichen Anteil an den Grippe-Viren aus.

Meist gehen die Verbreitungen saisonal neuartiger Viren, die sich weltweit (pandemisch) verbreiten, von Süd-Ostasien (SOA) aus. Und dort insbesondere von Märkten, auf denen sehr unterschiedliche Tiere auf engstem Raum zusammengepfercht werden. Vielfach wird deshalb empfohlen, den Handel mit Wildtieren in SOA als eine doppelte Bedrohung wahrzunehmen und diesen entsprechend einzudämmen: nicht nur für die biologische Vielfalt, sondern auch für die menschliche Gesundheit.

 

Das Corona-Virus

 

2002 wurde ein Corona-Virus als Auslöser des Schweren Akuten Atemnot-Syndroms (SARS) nachgewiesen. Die Sterblichkeitsrate betrug damals etwa 10 % (bei > 8.000 Fällen). Die Epidemie konnte aber rasch unter Kontrolle gebracht werden, weil das Virus fast nur von schwer erkrankten Personen weitergetragen wurde. Isolationsmaßnahmen erwiesen sich damals als hocheffektiv (WHO Info-Grafik SARS, siehe Link).

Auch der Ausbruch eines zweiten Corona-Virus, des sogenannten Middle East Respiratory Syndrome (MERS) in Saudi-Arabien blieb von 2012 bis heute relativ begrenzt. Die Sterblichkeitsrate bei MERS liegt bei etwa 2,9 %, bei rund 2.500 Fällen bis Anfang 2020. Die meisten Betroffenen infizierten sich im Kontakt mit Erkrankten. Eine gute medizinische Versorgung konnte und kann daher die Verbreitung dieses Corona-Virus eindämmen, aber noch nicht ganz beseitigen (WHO-MERS, siehe Link).

Ende Dezember vergangenen Jahres wurden in Wuhan, der Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei, Fälle eines neuen, SARS-ähnlichen Corona-Virus beschrieben (Sars-CoV-2, Erkrankung: Covid-19). Das neuartige Virus kann sich relativ leicht von Mensch zu Mensch verbreiten, laut WHO mit einer Reproduktionszahl von 1,4 bis 2,5: Das heißt, dass jede infizierte Person das Virus an mindestens 1,4 bis 2,5 Personen verbreitet, möglicherweise auch mehr. Im Vordergrund der Symptome stehen meist Husten, Kopfschmerzen, Fieber und Schüttelfrost. Bei einem Teil der PatientInnen entwickelt sich eine Lungenentzündung. Auch Durchfälle können auftreten.

Die mittlere geschätzte Inkubationszeit beträgt 5 bis 6 Tage in einer Schwankungsbreite von 0 bis 14 Tagen. Eine Ansteckungsgefahr kann von Infizierten bereits vor Ausbruch der Erkrankung ausgehen. Das mittlere Alter der bestätigten Fälle liegt bei etwa 59 Jahren. Mehr als 80 % der PatientInnen scheinen sich nach einer asymptomatischen oder leichten Erkrankung rasch zu erholen. Etwa 15 % erleben einen schweren Verlauf, gegebenenfalls einschließlich einer Lungenentzündung, und etwa 5 % erkranken lebensbedrohlich. Welche Rolle die starke Luftverschmutzung und Feinstaubbelastung in chinesischen Megastädten oder andere Faktoren wie beispielsweise Rauchen spielen, wurde bisher nicht veröffentlicht.

Die Sterblichkeitsrate bei klinisch erkannten Infektionen wird zurzeit auf etwa 2 % geschätzt. Sie reichte von unter 0,2 % bei gesunden Menschen unter 50, bis 14 % bei den über 80-Jährigen mit multiplen Erkrankungen (Razai 2020).

Die WHO rief am 30. Januar eine internationale Gesundheitsnotlage aus. Sie glaubte schon zu dem Zeitpunkt, dass eine weltweite, schleichende und vielfach zunächst unerkannte Ausbreitung nicht aufzuhalten sein werde (Hurley 2020). Prof. Dr. Christian Drosten, Institutsleiter der Virologie der Charité in Berlin, schätzt die durchschnittliche Sterblichkeitsrate aller Infizierten auf etwa zwischen 0,3 bis 0,7 %. Möglicherweise sei sie niedriger, weil das Virus bei Infizierten oft milde – oder gar keine – Erkrankungserscheinungen auslöse, und von diesen scheinbar gesunden Personen auf Mitmenschen übertragen werden könne (Kai-qian 2020). Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Corona-Virus 2019-nCoV daher – wie Influenza-Viren – weltweit verbreiten wird, sei sehr groß – allen Isolations- und Desinfektionsmaßnahmen zum Trotz. Die meisten Fälle blieben dabei unerkannt. Drosten spricht von einem erheblichen anderen Gesundheitsrisiko: dass durch überzogene Quarantänemaßnahmen und Panikreaktionen die gesundheitliche Versorgung gefährdet werden könnte (Drosten 2020).

 

Erkrankte Kinder und Schwangere

 

Von schweren Verläufen bei Covid-19 sind insbesondere ältere Menschen mit zusätzlichen Risikofaktoren betroffen (Zhou 2020). Kinder können das Virus übertragen, scheinen aber nicht häufiger oder ernster zu erkranken als Erwachsene (Kai-qian 2020). In einer Publikation aus Wuhan wurde der Covid-19-Verlauf bei neun schwangeren Patientinnen in der 36. bis 39. Woche beschrieben. Die AutorInnen konnten keinen wesentlichen Unterschied zum Verlauf bei nicht-schwangeren Frauen feststellen, in keinem Fall verlief die Infektion schwer. Trotzdem wurde – aus nicht genannten Gründen – jeweils ein Kaiserschnitt durchgeführt. In Fruchtwasser, Nabelschnurblut oder Rachenabstrich der Neugeborenen und in der Muttermilch konnten keine Erreger nachgewiesen werden. Bei diesen wenigen Schwangerschaften fand sich kein Hinweis auf eine vertikale Transmission des Virus von der Mutter auf das Kind im dritten Trimenon (Chen et al. 2020; Qiao et al. 2020).

Zurzeit gibt es keine Gründe, die Geburtsplanung oder Versorgung der Kinder zu verändern. Das gilt auch für das Bonding und Stillen, bei dem die Mutter vor Stress, Angst oder gar Panik geschützt werden muss.

 

Vorbeugung und Verhalten

 

Angesichts der Verbreitung des Corona-Virus Sars-Cov-2 und der Erkrankung Covid-19 sollte man im Wesentlichen das tun, was ohnehin jedes Jahr notwendig ist, um gut und ohne akute Atemwegsinfektionen durch den nasskalten Winter zu kommen:

  • sich viel und entspannt bewegen
  • ausgiebig schlafen (Caroll et al. 2015; Prather et al. 2015)
  • sich gesund ernähren
  • stressarm leben
  • Menschenmassen meiden
  • Abstand zu Erkrankten halten
  • auf Handhygiene achten
  • nicht rauchen.

Die Wirksamkeit dieser einfachen Verhaltensmaßnahmen ist vielfach belegt. In der Aufklärung zur Eindämmung der Verbreitung von Corona-Viren wirken sie nur deshalb so überraschend »neu«, weil sie bei der Werbung für die »Influenza-Impfung« nur selten oder gar nicht erwähnt werden.

Hebammen müssen durch ihr Hygiene-Verhalten dafür sorgen, dass sie sich selbst und andere nicht gefährden. Auch das ist nichts Besonderes, sondern gilt für jede Viren-Epidemie. Gegebenenfalls kann im Umgang mit Infizierten Schutzkleidung erforderlich sein (RKI, Guide UK – siehe Link).

Eine Ansteckung ist möglich, wenn erregerhaltige Tröpfchen oder Speichel direkt (oder indirekt über die eigenen Hände) in Kontakt mit der Nasen-, Rachen-, Mund- oder Augenschleimhaut kommen. Auch eine Übertragung über die Verdauungswege ist nicht ausgeschlossen.

Eine Ansteckungsgefahr kann von Infizierten bereits vor Ausbruch der Erkrankung ausgehen. Um das Virus zu beseitigen, scheinen handelsübliche Oberflächendesinfektionsmittel auszureichen. Händewaschen sollte gründlich und oft erfolgen – mit Wasser und Seife.

Einfache Gesichtsmasken der Klasse FFP1 schützen nicht davor, den Erreger einzuatmen. Sie können vielleicht dazu beitragen, eine Aufnahme des Erregers bei unbewusstem Berühren von Mund und Nase mit ungewaschenen Händen zu verhindern. Masken der Kategorie FFP2 können das Ansteckungsrisiko in engen überfüllten Räumen mit hustenden Personen verringern. In Situationen mit hohem Ansteckungsrisiko, zum Beispiel bei der intensivmedizinischen Versorgung von Infizierten, bieten Masken der Kategorie FFP3 den besten Schutz (siehe Tabelle).

 

Tabelle: Klassifikation von Atemschutzmasken nach ihrer Schutzwirkung

 

Tests, Impfungen, Medikamente

 

Zum Infektionsnachweis stehen Schnelltests zur Verfügung, die etwa zwei Stunden nach Laboreingang Ergebnisse liefern (Charité, siehe Link). Die Sensitivität und Spezifizität der sogenannten nCoV-PCR-Tests sind noch nicht eindeutig bekannt – also die Anteile der falsch negativen und falsch positiven Testergebnisse.

Milde Erkrankungsverläufe erfordern keine gezielte Therapie, während bei schweren Verläufen gegebenenfalls eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich ist, um die Vitalfunktionen der PatientInnen stabil zu halten. Bei schweren klinischen Verläufen kommen antivirale Substanzen in Frage. Experimentell verwendet werden unter anderem Remdesivir, ein antiviraler Wirkstoff für die Behandlung von Infektionskrankheiten mit RNA-Viren, aber auch das bei einer Influenza wenig wirksame Tamiflu. Die Effektivität dieser Therapieansätze lässt sich noch nicht beurteilen.

Zurzeit wird intensiv an der Herstellung von Impfstoffen geforscht. Die »Influenza-Impfung« bietet nur einen »mäßigen« Schutz gegen Influenza-Viren, nicht aber gegen Corona-Viren und andere ILI-Viren (Cochrane 2018). Da die Covid-19 Erkrankung bei den meisten Menschen harmlos verläuft, muss darauf geachtet werden, dass durch die medizinischen Interventionen nicht mehr Schaden als Nutzen entsteht. Die Fehler bei der Produktvermarktung im Zusammenhang mit der Influenza-Pandemie 2009 sollten nicht nochmals begangen werden (siehe: BMJ-Tamiflu-Campaign; Doshi et al. 2018; Ahmed et al. 2016, siehe auch DHZ 10/2014 und DHZ 1/2019).

 

Schlussfolgerungen

 

Hebammen müssen dafür sorgen, dass junge Familien Schwangerschaft, Geburt, Bonding, Stillen und Wochenbett ruhig und ohne Stress, Angst oder gar Panik erleben können. Sie können für Sicherheit sorgen. Erst wenn sich eine Frau geborgen fühlt, wird sie auch für rationale Aufklärung offen sein.

Die jetzige Verbreitung des Corona-Virus erfordert im Prinzip nichts anderes als das, was Hebammen ohnehin tun, wenn Virus-Infektionen »umgehen«: ein ruhiges, besonnenes und hygienisches Verhalten.

Rubrik: Covid-19, Medizin & Wissenschaft | DHZ 04/2020

Literatur

Ahmed S et al.: Mechanistic insights into influenza vaccine-associated narcolepsy. Hum Vaccin Immunother 2016. Dec;12(12):3196-3201

Besedovsky L: Sleep, Don’t Sneeze: Longer Sleep Reduces the Risk of Catching a Cold. Sleep 2015. 38 (09)

Bitterman et al.: Influenza Vaccines in Immunosuppressed Adults With Cancer. Cochrane Database Syst Rev 2, 1.2.2018
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