QM in der Freiberuflichkeit, Teil 35

Hinzuziehen und kooperieren

Zum Berufsalltag der Hebamme gehören Überlegungen zu den Vorgehensweisen bei der Hinzuziehung von ÄrztInnen. Im Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe wird die Kooperation mit anderen Leistungserbringern und deren Darstellung im eigenen QM-System erwartet. Wie können diese Forderungen praktisch umgesetzt werden? Monika Selow
  • »Die Hinzuziehung kann bedeuten, dass telefonisch eine Einschätzung zu einem unklaren Befund oder ein Rat zur weiteren Vorgehensweise eingeholt wird. Diese klassische Form der Hinzuziehung findet heute überwiegend innerhalb von (Beleg-)Kliniken statt.«

Freiberufliche Hebammen, niedergelassene ÄrztInnen und stationär versorgende Kliniken erfüllen jeweils spezifische Aufgaben, wenn sie Schwangere, Gebärende, Wöchnerinnen und Säuglinge betreuen. Dabei kommt es sowohl zu sinnvollen Ergänzungen als auch zu Überschneidungen. Eine enge, kommunikative Zusammenarbeit wäre wünschenswert, insbesondere aus der Perspektive der Frauen und Familien.

Die Wunschvorstellung ist ein koordiniertes Zusammenwirken in einem Netzwerk, deren Mitglieder sich austauschen. Dem steht jedoch in der gesundheitspolitischen Realität eine zunehmende Abgrenzung der beteiligten Fachrichtungen gegenüber.

 

Kooperation im Gesundheitswesen

 

Kooperation bedeutet Zusammenarbeit. Zusammenarbeit kann in ganz unterschiedlichen Formen stattfinden: in einem Team gleichberechtigter Mitglieder oder innerhalb einer hierarchischen Struktur, in einem Einzelfall oder regelhaft, zeitlich begrenzt oder dauerhaft. Je nach Form der Zusammenarbeit gelten im Gesundheitswesen unterschiedliche Regeln.

Bei Angestellten in einer Klinik wird beispielsweise die Zusammenarbeit vom Träger der Einrichtung unter Beachtung geltender Gesetze organisiert und bestimmt.

Im Gesundheitswesen wird der Begriff der Kooperation enger gefasst. Er wird hier als Überbegriff verwendet für Konstellationen in der Leistungserbringung, die erst durch eine zusätzliche Benennung näher definiert werden. So kooperiert die Klinik mit einem niedergelassenen Kinderarzt, der als Honorararzt in die Klinik kommt, um die U2 durchzuführen. Oder die Klinik kooperiert mit Hebammen und FrauenärztInnen, die Geburtshilfe in einer Belegabteilung erbringen.

Gängige Formen des Zusammenwirkens im Gesundheitswesen sind die Überweisung und die Verordnung. Wird von den behandelnden ÄrztInnen der Sachverstand einer anderen Fachrichtung oder einer anderen Profession für erforderlich gehalten, so stellen sie eine Überweisung aus. Auf dieser kann angekreuzt werden, ob eine Mit- oder Weiterbehandlung erfolgen soll und ob ein Befundbericht gewünscht wird. Das Formular erhält die Patientin, die frei wählen kann, ob sie die Überweisung nutzt und wen sie in Anspruch nimmt. Die überweisenden ÄrztInnen erhalten einen Befund zurück. Dieser Vorgang geschieht ohne persönlichen Kontakt zwischen den ÄrztInnen nach den im Gesundheitswesen anerkannten Regeln.

Engere Formen der Zusammenarbeit, beispielsweise in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit gemeinsamen Praxisräumen, stellen eine Kooperation dar, für die bestimmt werden muss, in welcher Rechtsform die Beteiligten agieren möchten und wie sie sich so organisieren, dass Patientenrechte, Datenschutz, Schweigepflicht und Haftungsrecht beachtet und nach außen dargestellt werden können. Die Wahl der Rechtsform entscheidet auch wesentlich über die tatsächlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Insbesondere für losere Formen der Kooperation ist außerdem das Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen zu beachten. Es besteht seit 2016 und soll alle Formen der Zusammenarbeit ausschließen, die darauf abzielen, finanzielle Vorteile zum Nachteil der PatientInnen zu erwirtschaften. So ist es beispielsweise verboten, für die Zuweisung von PatientInnen Geld oder geldwerte Leistungen von einem Leistungserbringer zu erhalten.

 

Was gilt für Hebammen?

 

Für Hebammen gelten alle übergeordneten Regelungen des Gesundheitswesens zu Datenschutz, Schweigepflicht, Korruptionsbekämpfung und vielem mehr. Im Berufsrecht nehmen Hebammen jedoch eine Sonderstellung ein, die sich auf die Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern auswirkt. Das Berufsrecht der Hebamme richtet sich nach den Berufsordnungen der Länder (siehe Kasten), die das Hebammengesetz und Richtlinien der europäischen Union berücksichtigen.

 

Recht: § 3 Hinzuziehung einer Ärztin oder eines Arztes

 

(1) Hebammen und Entbindungspfleger haben eigenverantwortlich Hilfe bei allen regelrechten Vorgängen der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes zu leisten. Wird von der Schwangeren die Hinzuziehung einer Ärztin oder eines Arztes gewünscht, so haben Hebammen und Entbindungspfleger ihrem Wunsch zu entsprechen.

(2) Bei Regelwidrigkeiten oder Verdacht auf Regelwidrigkeiten haben Hebammen und Entbindungspfleger die Hinzuziehung einer Ärztin oder eines Arztes oder die Einweisung in ein Krankenhaus zu veranlassen. Lehnt die schwangere oder gebärende Frau die notwendige Hinzuziehung einer Ärztin oder eines Arztes ab, sind Hebammen und Entbindungspfleger verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass eine Ärztin oder ein Arzt hinzugezogen wird oder eine Einweisung in ein Krankenhaus erfolgt. Bleibt es bei der Ablehnung, so soll dies von der schwangeren oder gebärenden Frau schriftlich bestätigt werden.

(3) Übernimmt eine Ärztin oder ein Arzt die Behandlung im Falle einer Regelwidrigkeit oder eines Verdachtes auf eine Regelwidrigkeit, so ist sie oder er gegenüber der Hebamme oder dem Entbindungspfleger weisungsbefugt.

(4) Verlangt die Ärztin oder der Arzt von der Hebamme oder dem Entbindungspfleger eine geburtshilfliche Handlung, die dieser Verordnung oder den anerkannten Regeln der Geburtshilfe widerspricht, haben diese die Ärztin oder den Arzt darauf hinzuweisen und dies zu dokumentieren. In diesem Fall können Hebammen und Entbindungspfleger die Ausführung verweigern, soweit es die geburtshilfliche Situation erlaubt.

Quelle: Berufsordnung für die Hebammen und Entbindungspfleger in Hamburg (Hebammen-Berufsordnung) vom 25. April 2017

Danach ist vorgesehen, dass die Hebamme regelrechte Vorgänge in Schwangerschaft und Wochenbett sowie bei der Geburt eigenverantwortlich betreut. Bei regelwidrigen Verläufen oder zur Abklärung des Verdachts auf eine Regelwidrigkeit sowie auf Wunsch der Frau muss sie einen Arzt oder eine Ärztin hinzuziehen, beziehungsweise die betreffende Frau in die Klinik einweisen.

Das im Gesundheitswesen übliche Formularwesen mit Überweisungen, Verordnungen und Einweisungen findet keine Anwendung.

Der Begriff der Hinzuziehung beinhaltet, dass die Hebamme die Frau eben nicht überweist, sondern weiter betreut. Die Hinzuziehung kann bedeuten, dass telefonisch eine Einschätzung zu einem unklaren Befund oder ein Rat zur weiteren Vorgehensweise eingeholt wird. Sie kann auch bedeuten, dass KinderärztInnen und FrauenärztInnen zu einer Geburt oder einem Hausbesuch hinzugezogen werden. Die Hinzuziehung beinhaltet eine rein aufs Inhaltliche fokussierte Form der Zusammenarbeit. Diese klassische Form der Hinzuziehung findet heute überwiegend innerhalb von (Beleg-)Kliniken statt. Durch drastisch steigende Haftpflichtprämien hat sich die Zahl der ÄrztInnen, die zu außerklinischen Geburten hinzugezogen werden können, leider stark reduziert. Auch KinderärztInnen und ÄrztInnen, die Hausbesuche durchführen, sind kaum noch zu finden. Als interdisziplinäres »kooperatives Modell« nach festgelegten Regeln der Zusammenarbeit und im persönlichen Austausch können hauptsächlich die Beleghebammentätigkeit und die ebenfalls im Schwinden begriffene Schwangerenvorsorge von ÄrztInnen und Hebammen in gemeinsam genutzten Räumlichkeiten gesehen werden. Kennzeichnend für diese Formen von Zusammenarbeit ist die Möglichkeit des persönlichen Austauschs mit dem Ziel einer gemeinsam getragenen weiteren Vorgehensweise.

Insbesondere in Städten und im ambulanten Bereich sind heute die Möglichkeiten zur Hinzuziehung und zur direkten Zusammenarbeit stark eingeschränkt. In einem Großteil von Fällen wird der Frau bei Bedarf empfohlen, FachärztInnen oder eine Klinik aufzusuchen. Hier fehlt es für den reibungslosen Verlauf, die unkomplizierte Abrechnung und auch für die Anerkennung der Kompetenz der Hebamme an Überweisungsscheinen, Verordnungen oder Einweisungsformularen. Es ist unverständlich, dass die Vereinbarung entsprechender Formulare bislang verweigert wird. Dass es grundsätzlich möglich ist, diese zu vereinbaren, zeigt das »Formular zur Veranlassung einer Verlegung aus von Hebammen geleiteter Einrichtung (HgE) in ein Krankenhaus«, das 2012 einvernehmlich in den Ergänzungsvertrag zur Übernahme der Betriebskosten der Geburtshäuser aufgenommen wurde (siehe Abbildung). Das wirft die Frage auf, wieso dies bislang nur für die Verlegung aus der HgE gültig ist und nicht auch für Hausgeburten und für dringende Einweisungen in die Klinik, die sich in der Schwangerschaft ergeben können. Es verhindert, dass wertvolle Zeit verloren geht, weil ein angeforderter Krankenwagen noch auf den (nicht erforderlichen oder hilfreichen) Notarzt wartet oder dass statt des angeforderten Liegendtransportes ein einzelner Rettungssanitäter ohne Trage kommt.

 

 

Abbildung: Formular zur Veranlassung einer Verlegung aus von Hebammen geleiteter Einrichtung (HgE) in ein Krankenhaus

 

Vertrag über die Versorgung mit Hebammen­hilfe

 

In der Anlage 3 des Vertrages wird in § 4 aufgezählt mit welchen Leistungserbringern die Hebamme bei der Versorgung der Versicherten zu tun haben kann. Gewählt wird die Formulierung »Die Hebamme kooperiert (z.B. durch Zuweisung) mit... « (siehe Kasten, Seite 54). Zu bemängeln ist hier, dass der Begriff der »Kooperation« zu stark und der »Zuweisung« zu schwach ist für das, was eigentlich erforderlich ist. Kooperation bedarf mindestens zweier Seiten und der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe ist nicht bindend für andere Leistungserbringer. Wichtig ist, dass Frau und Neugeborenes die Leistungen erhalten, die erforderlich sind. Die Kooperation mit einer Apotheke ist dafür nicht notwendig, wenn die Hebamme erforderliche Arzneimittel online bestellt und vorrätig hält.

 

§ 134a SGB V: Auszug aus dem Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe

 

»Anlage 3 Qualitätsvereinbarung zum Vertrag nach § 134a SGB V

§ 4 Maßnahmen zur Erzielung der Prozessqualität

(6) Die Hebamme kooperiert (z.B. durch Zuweisung) mit folgenden regional zuständigen Diensten des Gesundheitswesens mit dem Ziel, eine ausreichende Versorgung der Versicherten sowie des/der Kindes/er zu erreichen:

  • Klinik(en) mit geburtshilflicher und/oder pädiatrischer Abteilung (fallbezogen)
  • Labor
  • Gynäkologin/Gynäkologe
  • in der Diagnostik und Therapie bei Neugeborenen und Säuglingen erfahrene Kinderärztin/Kinderarzt im ambulanten Sektor bzw. Ärztinnen/Ärzte in entsprechenden Kliniken
  • Apotheken
  • Transport- und Rettungsdienst
  • Krankenkassen
  • Netzwerk (z.B. Frühe Hilfen).«

In ländlichen Regionen mit nur wenigen AkteurInnen mag es möglich sein, sich im Vorfeld auszutauschen mit den vorhandenen FachärztInnen für Frauen oder Kinderheilkunde, einer in Frage kommenden Verlegungs-(kinder-)klinik und dem Rettungsdienst. Wenn dies möglich ist, ist es auch empfehlenswert. In größeren Städten ist es nicht möglich, dass sich alle in Frage kommenden Hebammen mit allen möglichen Leistungserbringern auf individuelle Verfahrensweisen einigen. Hier besteht allenfalls die Möglichkeit, dass VertreterInnen der Organisationen bei Bedarf wichtige Absprachen treffen und den Mitgliedern der jeweiligen Berufsgruppe mitteilen. In der Praxis stehen der effizienten Zusammenarbeit zwischen ÄrztInnen, Kliniken und freiberuflichen Hebammen im ambulanten Bereich zahlreiche Hindernisse entgegen. Zu nennen sind insbesondere Anforderungen der Bürokratie und Abrechnungserfordernisse der anderen Leistungserbringer. Hinzu kommt für Hebammen die Schwierigkeit, einer Frau zeitnah eine ärztliche Untersuchung zu vermitteln, die sie für erforderlich halten, und danach Informationen über den Befund zu bekommen. Verschärft wird die Situation, wenn Kliniken Frauen nicht aufnehmen oder ÄrztInnen die Untersuchung oder Behandlung ablehnen, wenn die Frau von einer Hebamme betreut wird.

Als schwächste Möglichkeit, wie die Frau Leistungen erhält, die über den Umfang der direkten Hebammenhilfe hinausgehen, wird im Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe der Begriff der »Zuweisung« verwendet. Dieser bedeutet lediglich, dass der Frau gesagt wird, sie möge sich bitte an einen Arzt oder eine Ärztin wenden, eine Klinik aufsuchen oder sich etwas in der Apotheke besorgen. Dies mag angehen für wenig Dringliches, was mal bei Gelegenheit gemacht werden kann, etwa wenn die schwangere Frau in Hebammenvorsorge gerne das Geschlecht des Kindes wüsste. Bei dringendem Bedarf an ärztlicher Untersuchung, wie beispielsweise dem Verdacht auf Hyperbilirubinämie oder dem Vorliegen einer ernsthaften Komplikation in der Schwangerschaft, ist es damit jedoch nicht getan.

In allen Fällen, in denen das Berufsrecht die Hinzuziehung von ÄrztInnen vorsieht, muss die Hebamme sich auch darum kümmern, dass die Frau zeitnah und adäquat entsprechende Hilfe bekommt. Sie muss sie aufklären, damit sie diese in Anspruch nimmt, und alles dokumentieren, was sie diesbezüglich kommuniziert und veranlasst hat. Es wäre Sache des Gesetzgebers, dafür zu sorgen, dass erforderliche Leistungen im ambulanten Bereich jederzeit zur Verfügung stehen, beispielsweise die zeitnahe Bilirubinbestimmung auf Veranlassung der Hebamme oder der Hausbesuch durch PädiaterInnen und GynäkologInnen, wenn Mutter und Kind die Praxis nicht aufsuchen können.

 

Nachweis im QM-System der Hebamme

 

Während die tatsächlichen Gegebenheiten kompliziert und in der Theorie schwer verständlich sein können, ist der im Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe erwartete Nachweis über die Erfüllung der Qualitätsvoraussetzungen im QM-Handbuch der Hebamme recht simpel. Allein arbeitende Hebammen ohne Geburtshilfe sollen als Instrument lediglich eine »Liste der Kooperationspartner/Netzwerkliste« vorhalten. »Sofern außerklinische Geburtshilfe erbracht wird: Arbeitsanleitungen insbesondere zum Risiko- und Notfallmanagement u.a.« (aus Anhang 3a zur Anlage 3 des Vertrages).

Sinnvoll ist eine Liste mit den erforderlichen Kontaktdaten für dringende Fälle, also beispielsweise für eine Einweisung in die Kinderklinik, die nächstgelegene Klinik, das Perinatalzentrum, den Rettungsdienst und ÄrztInnen, mit denen eine häufige Zusammenarbeit besteht. Diese Liste sollte regelmäßig aktualisiert werden. Weniger sinnvoll ist es, insbesondere in Ballungsgebieten, eine solche Liste mit allen ÄrztInnen, Kliniken und weiteren Leistungserbringern zu füllen.

Die Liste kann auch im Smartphone vorhanden sein, was die modernere Lösung ist, die zudem die Anwahl ohne Eingabe der Ziffern erlaubt. Auf der anderen Seite sollte man auch handlungsfähig bleiben, wenn der Akku mal leer oder das Netz gestört ist. Auch Hebammen ohne außerklinische Geburtshilfe ist zu empfehlen, zu wissen, wie im Notfall zu verfahren ist. Instrumente dafür wären ein Notfallplan und ein zusammenfassendes Übergabeformular (siehe DHZ 4/2015)

Im QM-System lassen sich Prozesse darstellen, bei denen es eine standardisierte Vorgehensweise gibt. Im eigenen QM-Handbuch kann nur das dargestellt werden, auf das die Hebamme, die Praxis oder das Geburtshaus Einfluss hat. Wird je nach hinzugezogenem Arzt/Ärztin anders vorgegangen oder ist der Prozess abhängig vom Vorgehen Anderer, so kann dies im Handbuch vermerkt werden. Es ist jedoch nicht nötig oder sinnvoll, alle in Frage kommenden Vorgehensweisen zu beschreiben, bei denen die Frau einem anderen Leistungserbringer »zugewiesen« wird. Kooperationen im engeren Sinne (beispielsweise in den Modellen von Hebammenpraxis, Belegklinik oder Schwangerenvorsorge in den Praxisräumen von GynäkologInnen) werden im Portfolio der Hebamme aufgeführt (siehe DHZ 4/2016). Dort wird auch vermerkt, inwiefern die Hebamme in das QM-System des Trägers der Kooperation eingebunden ist. Arbeitsbereiche der Hebamme, die im QM-Handbuch der Kooperation dargestellt sind, müssen nicht nochmal im eigenen QM-Handbuch der Hebamme ausgearbeitet werden. Verträge zwischen Kooperationspartnern werden dem Portfolio im QM-Handbuch zugeordnet.

 

Kooperationen gestalten

 

Unabhängig vom QM-Handbuch sollten Hebammen bei Kooperationen, die über den Einzelfall hinausgehen, die Eckpunkte der Zusammenarbeit schriftlich festhalten. Hilfreich bei der Gestaltung ist die Informationsbroschüre der Kassenärztlichen Bundesvereinigung »Richtig Kooperieren«. Neben Gedanken zur Haftung sind Regelungen erforderlich, die das Anti- Korruptionsgesetz berücksichtigen. Bei engen Kooperationen, wie beispielsweise der gemeinsamen Schwangerenvorsorge von ÄrztInnen und Hebammen, sollten sie den Kooperationsvertrag juristisch überprüfen lassen. Die Form der Kooperation muss für die betreute Frau transparent sein und sie muss gegebenenfalls beide Kooperationspartner von der Schweigepflicht entbinden, wenn ein Austausch über beiderseitig erhobene Befunde gewünscht wird.

Wird eine Frau oder ihr Neugeborenes in eine Klinik verlegt, so ist zu empfehlen, ihr einen schriftlichen Übergabebericht mitzugeben. Die Frau kann dann selbst entscheiden, ob sie diesen in der Klinik abgibt oder nicht. Damit wird die Schweigepflicht gegenüber der Klinik gewahrt und eine zuverlässige Informationsweitergabe ist trotzdem möglich.

Bei geplanter Geburtshilfe sollte das Einverständnis zum Informationsaustausch mit weiter- oder mitbetreuenden ÄrztInnen und Klinik bereits besprochen und schriftlich festgehalten sein. Wenn das Einverständnis zum gegenseitigen Informationsaustausch zwischen Hebammen untereinander oder zwischen Hebammen und ÄrztInnen Bestandteil des Behandlungsvertrages ist, sollte die entsprechende Passage so gestaltet sein, dass das Einverständnis separat widerrufen werden kann, ohne dass der Behandlungsvertrag gekündigt wird. Der Vertrag sollte einen Hinweis enthalten, dass die Entbindung von der Schweigepflicht jederzeit widerrufen werden kann (zu Datenschutz und Schweigepflicht siehe auch DHZ 12/2014 und DHZ 1/2015).

Bei nicht geburtshilflicher Betreuung reicht es aus, wenn sich die Hebamme bei konkretem Bedarf von der Schweigepflicht entbinden lässt, beispielsweise um sich telefonisch mit dem betreuenden Kinderarzt über die Gewichtsentwicklung des Säuglings zu beraten. Die Schriftform ist nicht zwingend vorgeschrieben. Wird die Frau von der Hebamme im Gespräch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Arztes oder einer Ärztin verwiesen, zum Beispiel auf die Möglichkeit zum Feinultraschall, ist eine Kontaktaufnahme zum Arzt/zur Ärztin nicht erforderlich und damit auch keine Entbindung von der Schweigepflicht.

Ob die Hebamme Befunde oder Arztbriefe, die die Frau erhalten hat, einsehen darf, kann sie bei der Frau erfragen. In einem unvorhergesehenen Notfall – beispielsweise wenn eine Frau während eines Kurses kollabiert – kann die Hebamme auch ohne vorherige Entbindung von der Schweigepflicht einen Notarztwagen anfordern und gegebenenfalls eine Klinik informieren. Welches Vorgehen sinnvoll ist, hängt von den regionalen Bedingungen, dem Arbeitsspektrum und vom Einzelfall ab (siehe auch Folge 12, Organisation für den Notfall, DHZ 4/2015).

 

Dokumentation

 

Für alle Formen der Hinzuziehung, der Verlegung und des Verweises an andere Leistungserbringer gilt, dass Hebammen ihre Befunde, Maßnahmen, Empfehlungen, organisatorische Angaben wie Zeiten, Ablauf, Kontakte mit anderen Leistungserbringern, Befundeingang und den weiteren Verlauf genau dokumentieren müssen. Dies gilt insbesondere, wenn die Frau der Empfehlung der Hebamme zur Inanspruchnahme ärztlicher oder klinischer Hilfe nicht folgt oder wenn andere Leistungserbringer es ablehnen, die Frau mit- oder weiter zu behandeln.

Rubrik: Beruf & Praxis, QM | DHZ 05/2018

Literatur

Berufsordnung für die Hebammen und Entbindungspfleger in Hamburg (Hebammen-Berufsordnung) vom 25. April 2017. HmbGVBl. 2017. S. 126. http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoccase=1&doc.id=jlr-HebBerufsOHA2017rahmen&st=lr (letzter Zugriff: 10.3.2018)

Ergänzungsvertrag über Betriebskostenpauschalen bei ambulanten Geburten in von Hebammen geleiteten Einrichtungen und die Anforderungen an die Qualitätssicherung in diesen Einrichtungen in der Fassung vom 1.6.2012, https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/ambulante_leistungen/geburtshaeuser/betriebskostenvertrag/betriebskostenvertrag.jsp (letzter Zugriff: 10.3.2018)

Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen (KorrBekGG), G. v. 30.05.2016 BGBl. I S 1254 (Nr. 25); Geltung ab 04.06.2016, http://www.buzer.de/gesetz/12059/index.htm (letzter Abruf 26.03.2018)
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